Eigentlich unsäglich, diese Frage. Trotzdem wählen Autoren als Einstieg in eine Glosse gerne die drei Worte: „Kennen Sie das?“ Oder noch bräsiger: „Wer kennt es nicht?“ Bei so viel Herangeschmeisse ducke ich als Leser instinktiv den Kopf weg. Heute sind Sie es aber, die sich in Acht nehmen müssen. Denn jetzt, da ich zum letzten Mal eine Glosse für den Singener Lokalteil des SÜDKURIER schreibe, fühle ich mich fast verleitet, auf ähnliche Weise anzufangen.
Warum? Weil es ums Abschiednehmen geht. Ein Thema, das nun wirklich jeder von uns kennt. Und wenn man nicht gerade ein menschenfeindlicher Einsiedler oder passionierter Abhauer ist, dann machen einem diese Abschiede keine große Freude. So geht es auch mir nach zweieinhalb Jahren als Redakteur in Singen.
Mein allererster Text für die Redaktion liegt noch eine Ecke weiter zurück: Im Herbst 2016 durfte ich über den Kreisverkehr, der damals an der Kreuzung Friedinger Straße/Am Posthalterswäldle errichtet wurde, schreiben. „Diese Baustelle lähmt die Nordstadt“, so das tiefgründige Urteil des grünschnäbligen Volontärs.
In den vier Jahren, die seitdem vergangen sind, hat Singen ganz anderes verkraftet. Und jetzt, wo ich die Stadt in Richtung Heidelberg verlasse, steht mit dem Cano das bedeutendste Projekt der vergangenen Jahrzehnte kurz vor der Fertigstellung.
Von wegen Lähmung: In dieser Region geht was. Das durfte ich aus allen Perspektiven beobachten. Beim Rundblick vom Dach des Hegau-Tower zum Beispiel. Oder aus dem Cockpit eines freundlichen Piloten heraus. Ja, selbst ganz unten hat die Gegend ihre Reize. Das weiß ich spätestens, seitdem mir Kilometer unter dem Aacher Wald im Schlamm der Schwarzen Donau seltene Höhlenfische entgegen gezuckt sind.
Ja, bei meinen Terminen durfte ich spannende Orte kennenlernen, von deren Existenz ich vorher oft nichts gewusst hatte. Am schönsten waren für mich aber die unerwarteten menschlichen Erlebnisse. Wenn der Rentner, mit dem man eigentlich über die Apfelernte sprechen will, sich auf einmal als Wünschelruten-Experte entpuppt. Oder wenn einem nach dem Interviewtermin im Engener Swingerclub zum Abschied augenzwinkernd eine Visitenkarte zugesteckt wird.
Lustig ging es auch in der Redaktion zu. Mit meinen Kollegen konnte ich fachsimpeln, blödeln, sogar Fußball im Büro spielen. Und – vielleicht noch wichtiger – ich musste mich nie komisch fühlen, wenn ich Schwierigkeiten oder Fragen hatte.

Auch bei den freien Mitarbeitern, die mit Herzblut über ihre Heimat berichten, möchte ich mich für das wohlwollende Miteinander bedanken. Genauso bei unserer furchtlosen Fotografin Sabine, die mich auf vielen Abenteuern begleitet hat.
Bis auf ein paar Nörgler auf Facebook gibt es wohl niemanden im Hegau, den ich froh wäre, loszuwerden. Im Gegenteil: Ich freue mich schon, zurückzukommen. Dann nicht mehr als Schreiber, sondern ganz faul als Urlauber – und natürlich als Leser des Singener SÜDKURIER. Bis dahin, bleiben Sie gesund und optimistisch!