„Ich bin es einfach leid, als Spielball einer Schaufensterpolitik herhalten zu müssen, nur dass einige Politiker sagen können, dass man etwas getan hat“, macht Otto Schweizer, Inhaber des Sporthauses Intersport Schweizer in der Singener Innenstadt seinem Ärger Luft. Er hat einen Brief an Singen aktiv, Oberbürgermeister Bernd Häusler, den Landrat, die Landtagskandidaten und Bundestagsabgeordneten Andreas Jung geschrieben und fordert sie zum Handeln für den inhabergeführten Einzelhandel auf. Für ihn liegt es auf der Hand, dass die Corona-Infektionsherde derzeit in den Industriebetrieben zu finden sind. Die große Zahl der Corona-Fälle lasse sich aus seiner Sicht auf wenige Infektionsherde herunterrechnen. Die Unternehmen dürften kurze Zeit nach der Testung weitermachen wie bisher, während man den Einzelhandel für Monate ohne Perspektive zusperre.
Die kleineren und mittelständischen Händler täten alles, um sich an Regeln und Hygienekonzepte zu halten, was nicht in allen Geschäften die derzeit geöffnet haben dürfen, der Fall sei. Doch sie hätten fast keine Möglichkeit, in irgendeiner Form für ihre Kunden da zu sein. „Daher bitte ich Sie mit allergrößtem Einsatz zu prüfen, wie eine generelle Handelsöffnung trotz Inzidenzen über 50 beziehungsweise 100 wie zum Beispiel in Calw und in Brandenburg möglich ist“, schreibt Schweizer. Er könne mit dem Terminbuchungskonzept leben, aber auf Dauer sei das keine Lösung und es könne auch den Fachhandel nicht retten. Ein „Click und Collect“-Abholservice würde sich im Lebensmittelhandel außerdem viel eher umsetzen lassen, als in Geschäften wo Beratung und Anprobe unabdingbar seien, so Schweizer. Gerade für ältere Menschen wäre die Organisation eines Bringservice für Lebensmittel eine echte Hilfe.
Es sei nicht nachvollziehbar, dass andere Branchen wie Baumärkte öffnen dürften und der inhabergeführte Fachhandel weiterhin ausgebremst werde. „Wir wissen nicht wohin mit unserer Winterware und haben eine halbe Million Einnahmendefizit. Wir zehren von unseren Reserven, die sind aber nicht unendlich“, schreibt er. Mit sehr viel Mühe haben er und seine Mitarbeiter mit dem Online-Geschäft fast 50 Prozent des Vorjahresumsatzes erzielen können. Schweizer will mithelfen und alles tun, um eine Öffnung seines Geschäfts zu ermöglichen. Er bitte um Hinweise, wo sich die Mitarbeiter kostenlos testen lassen könnten, oder wo sie ausgebildet werden könnten, um sich und Kunden zu testen. Es müsse doch die Möglichkeit geben, ein Testkonzept auf die Beine zu stellen, das den Kunden das Einkaufen ermögliche. Denkbar wäre wie in Tübingen ein Tagespass nach einem negativen Schnelltest. Den Händlern sei die Gesundheit der Menschen wichtig. Er wolle keine Schuldzuweisungen, es gehe ihm um konstruktive Lösungen, wie er für seine Kunden da sein kann und die Händler überleben können. „Was bringt es, unsere Existenzen zu gefährden, wenn es niemandem hilft?“, schreibt er.
Claudia Kessler-Franzen von Singen aktiv antwortet auf seinen Brief, dass OB Häusler zum Thema Handel im Austausch mit Landrat Zeno Danner stehe. Häusler werde darauf drängen, dass die Calwer Regelung auch für den Landkreis Konstanz angewandt werde, so Kessler-Franzen. Der Landrat erklärt in einer Stellungnahme, dass der Landkreis Konstanz grundsätzlich offen für Konzepte aus anderen Landkreisen sei und das Vorgehen, auch im Gespräch mit den Nachbarkreisen, geprüft werde. „Insgesamt ist es schwierig, rein an der Inzidenz folgenreiche Regelungen festzumachen, wenn sie nicht in Relation zur Zahl der durchgeführten Tests, zur Zahl der Impfungen und zur Kapazität der Krankenhausbetten gesetzt wird“, schreibt er. Es dürfe nicht zu einem Konflikt zwischen Testen und Öffnungen kommen.