Unwissenheit schützt bekanntlich nicht vor Strafe. Das mussten kürzlich auch zwei Brüder vor dem Singener Amtsgericht feststellen. Die Traumvorstellung, Unternehmer zu sein, endete für die beiden nämlich auf der Anklagebank. Der 29-jährige Mann und sein drei Jahre jüngerer Bruder müssen sich in zwei Anklagepunkten der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung, dem vorsätzlichen Bankrott zum einen sowie dem Betrug und der veruntreuenden Unterschlagung zum anderen stellen. Dabei soll der ältere Bruder den Betrug und die veruntreuende Unterschlagung alleine begangen haben. Er war es auch, der seinen Bruder in die schlechten Geschäfte hineinzog.

Der ältere Bruder habe 2017 gemeinsam mit einem Bekannten eine Sicherheitsfirma gegründet. Nachdem sein Gründungspartner und Geschäftsführer frühzeitig das Unternehmen verlassen habe, musste sich der 29-Jährige einen Nachfolger für den Posten des Geschäftsführers suchen, wie die Staatsanwaltschaft erklärte. Da er zu diesem Zeitpunkt mehrfach vorbestraft war und deshalb per Gesetz keine Geschäfte leiten durfte, fragte er seinen damals erst 19-jährigen Bruder, ob er diesen Posten übernehmen könne.

Miserable Kalkulation und schlechte Buchführung

Dieser habe blindlings zugestimmt, da er diese Position aufgrund mangelnder Kenntnisse ohnehin nur auf dem Papier einnahm. Die beiden Brüder haben sich laut eigener Aussage des Älteren durch miserable Kostenveranschlagungen und schlechte Buchführung selbst in die Zahlungsunfähigkeit manövriert. Laut der Staatsanwaltschaft seien die beiden daraufhin nicht mehr fähig gewesen, Sozialversicherungsbeiträge für ihre Mitarbeiter und weitere Schulden auszugleichen.

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Doch damit nicht genug: Da die beiden Brüder keinerlei unternehmerische Beratung in Anspruch nahmen, hätten sie nicht gewusst, dass sie innerhalb von drei Wochen nach Eintreten der Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag stellen mussten. Zudem sei die Buchhaltungspflicht verletzt worden. So habe sich der ältere Bruder beispielsweise an einem Firmenwagen bereichert, den er privat verkaufte. Im Jahr 2020 kam es letztendlich zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

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Goldhandel, aber ohne Gold

Dem zweiten Teil der Anklage musste sich der 29-Jährige alleine stellen. Laut Staatsanwaltschaft habe er nach dem Scheitern seines Unternehmens mehrfach vorsätzlichen Betrug begangen. So habe er auf einem Online-Marktplatz vorgegeben, in Besitz von Goldbarren und Münzen zu sein. Nachdem ahnungslose Interessenten dem Kauf zustimmten und das geforderte Geld überwiesen, versandte der Angeklagte manipulierte Pakete, die den Eindruck erwecken sollten, der Inhalt sei gestohlen worden. Außerdem bestahl er vorherige Arbeitgeber, so die Staatsanwaltschaft.

Auf die Frage nach seinem Motiv antwortete der Angeklagte, er habe das aus Geldnöten und Gier getan. Da er jetzt eine Frau und ein Kind habe, sei ihm das nun nicht mehr wichtig. Er möchte sich nun um seine junge Familie kümmern, so der 29-Jährige.

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Die Brüder räumten ihre Taten ein. Nach einem Gespräch zwischen den Strafverteidigern, der Staatsanwaltschaft und der Richterin konnte von einer Zeugenbefragung abgesehen werden. Nach einer kurzen Pause fiel schon das Urteil.

Ein Urteil mit Bauchschmerzen

Für den jüngeren Bruder geht das glimpflich aus. Da der damals 19-Jährige nur auf dem Papier ein Teil des Unternehmens war und keinerlei Kenntnisse über dessen Zustand hatte, wurde er nach Jugendstrafrecht mit einer Arbeitsauflage bestraft.

Der ältere Bruder konnte sich mit einem Urteil „an der unteren Grenze“ zufriedengeben, wie die Richterin Anke Baumeister anmerkte. Der bereits mehrfach Vorbestrafte erhält eine Freiheitsstrafe auf Bewährung und eine Geldstrafe in Höhe von knapp 13.500 Euro – weil er seit seiner Familiengründung nicht mehr straffällig wurde und ein umfangreiches Geständnis abgelegt hat.

Doch er darf sich auch weiterhin nichts zuschulden kommen lassen: Ein Jahr und zehn Monate Gefängnis drohen ihm, wenn er in den vier Jahren Bewährungszeit gegen die Auflagen verstoße, wie die Richterin Baumeister zu verstehen gab. Ihr bereite das Urteil zwar Bauchschmerzen, doch sie hoffe auf einkehrende Vernunft bei dem 29-Jährigen, so Baumeister.