Diese Bilder zeigen unterschiedliche Welten. Die Hegau-Metropole Singen zeigt sich nahezu verwaist. Kaum Menschen in der Stadt, die Tische und Stühle der Restaurant-Terrassen sind gar nicht erst aufgestellt. Die derzeitigen Corona-Verordnungen bremsen die Gaststätten wie die Einzelhandelsgeschäfte immer noch aus. Eine völlig konträre Szenerie bietet sich nur etwa 20 Kilometer entfernt in Schaffhausen. Dort blüht das Leben seit den Corona-Lockerungen neu auf. Am Rhein sonnen sich die Menschen auf den Bänken. In den Außenbereichen der Restaurants plaudern die Gäste fröhlich und angeregt miteinander. Nicht nur auf Schwizerdütsch. Etliche Personen lassen durch ihre Wortlaute erkennen, dass sie aus Deutschland kommen, wie viele aus dem Grenzgebiet. Und je weiter es in das Zentrum der malerischen Altstadt geht, desto bunter und lebhafter gibt sich Schaffhausen.

Auch an der Schaffhauser Schifflände am Rhein genießen viele Besucher dieser Restaurant-Terrasse das schöne Wetter und die ...
Auch an der Schaffhauser Schifflände am Rhein genießen viele Besucher dieser Restaurant-Terrasse das schöne Wetter und die wiedergewonnene Freiheit nach Lockerungen der Corona-Verordnungen. | Bild: Bittlingmaier, Albert

Wer aber darf in diesen so schwierigen Corona-Zeiten mit unwägbaren und teils schnell wechselnden Verordnungen beidseits der Grenzen in die Schweiz ein- und wieder ausreisen – und aus welchem Grund? Die Antworten geben vor allem für den Hegau relevante Corona-Verordnungen, die das baden-württembergische Sozialministerium und die Schweizer Bundesregierung samt Kantonen auch in Kooperation festgelegt haben.

Spielraum für Verstöße

Die Regelungen weisen aber auch leichte Unterschiede auf (Infokasten). Gerade im Grenzgebiet gibt es Möglichkeiten, beide Seiten der Grenze zumindest tageweise zu überqueren, wie beispielsweise für den Besuch von Verwandten oder um in dringend nötige ärztliche Sprechstunden zu gelangen. Das bietet aber auch Spielraum, um Verordnungen zu umgehen. So darf in die Schweiz nicht eingereist und nach Deutschland wieder ausgefahren werden, wenn ein 24-Stunden-Aufenthalt überwiegend aus touristischen Gründen oder zwecks Einkauf erfolgt. Transitfahrten sind erlaubt. Es sind aber vielfach deutsche Ausflügler und Besucher der wieder geöffneten Außengastronomie im schweizerischen Grenzgebiet auszumachen. Eine erlaubte Transit- oder Grenzgängerfahrt lässt sich auch mal kurz unterbrechen, ohne dass gleich eine polizeiliche Kontrolle droht.

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Wie aber sollen Ein- und Ausreise eingehend kontrolliert werden, um Verstöße zu ermitteln? Wer glaubt, dass auf deutscher Seite der Zoll dafür zuständig ist, der irrt gewaltig. „Unsere Aufgaben sind nach wie vor die klassischen Grenzabwicklungen, wie die Abfertigung des Warenverkehrs, Personenkontrollen, das Verhindern von Schmuggel und die Bearbeitung von Ausfuhrscheinen“, erklärt Marc Eferl, Sprecher des Hauptzollamtes Singen. „Zu unseren Tätigkeiten gehören auch mobile Kontrollen im Grenzgebiet, wie sie öfters am Eingang des Gottmadinger Ortsteiles Randegg erfolgen. Dort verzeichnen wir regelmäßig Aufgriffe, wie Waffen-, Geld- oder Warenschmuggel“, schildert Eferl. Dies geschehe auch in Zusammenarbeit mit der Bundespolizei.

Bundespolizei kontrolliert stichprobenartig

Im Gegensatz zum Zoll überprüft aber die Bundespolizei auch, ob die Corona-Verordnungen in Sachen Einreise aus der Schweiz eingehalten werden. „Wir kontrollieren stichprobenartig im Grenzgebiet. Dabei legen wir die aktuell geltenden Bestimmungen zugrunde. Die können sich auch mal schnell verändern“, schildert Daniela Schmidt, Pressesprecherin der Bundespolizei-Inspektion Konstanz. „Hegen wir Verdachtsfälle, wenn Einreisende ihre Berechtigung nicht plausibel begründen können, melden wir dies dem Gesundheitsamt. Dies gilt auch für klar ersichtliche Verstöße“, erklärt sie. Es drohen teils saftige Bußgelder.

In Schaffhausen pulsiert im Gegensatz zu Städten im deutschen Grenzgebiet das öffentliche Leben. Unter den Besuchern tummeln sich auch ...
In Schaffhausen pulsiert im Gegensatz zu Städten im deutschen Grenzgebiet das öffentliche Leben. Unter den Besuchern tummeln sich auch deutsche Bürger, wie in der Außengastronomie, die auch über Schlupflöcher über die Grenze gelangen. | Bild: Bittlingmaier, Albert

Das beim Landratsamt Konstanz integrierte Gesundheitsamt muss entscheiden, wer nach Verstößen gegen die Corona-Verordnungen in Quarantäne gehen muss. Bei der Überprüfung der Einhaltung der Quarantäne verweist Landratsamt-Sprecherin Marlene Pellhammer auf die Städte und Gemeinden als Polizeibehörde. Dies sei deren Aufgabe. „Wir haben keine Auffälligkeiten von Einreise-Verstößen festgestellt. Als größere Gemeinde in unmittelbarer Nähe zur Schweiz hätten wir das andernfalls sicher auch in Erfahrung gebracht“, erklärt Günter Rudolph, Leiter des Ordnungsamtes der Gemeinde Rielasingen-Worblingen.

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„Die Kontrollen der Ein- und Ausreise im deutsch-schweizerischen Grenzgebiet sind sicher nicht einfach, weil Verordnungen auch leicht umgangen werden können“, sagt der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Jung. „Wir hoffen auf die Disziplin der allermeisten Menschen dies- und jenseits der Grenzen. Es wäre wünschenswert gewesen, dass sich die Verordnungen in beiden Ländern noch besser angeglichen hätten. Dies ist aber schon EU-weit sehr schwierig“, betont Jung.

Barrikaden soll es nicht mehr geben

Die kompletten Grenzschließungen, wie durch Barrikaden und Zäune im vergangenen Frühsommer, wolle niemand mehr. „Die Schließungen haben deutlich gemacht, wie verflochten die gemeinsamen deutsch-schweizerischen Regionen sind. Es gab dramatische Szenen unter Familienangehörigen, die getrennt waren“, schildert Jung. Es sei vor allem auch Landrat Zeno Danner gelungen, im Dialog mit Vertretern der Schweiz Verbesserungen zu erzielen. Er hoffe, dass der Grenzverkehr bald Erleichterungen und zunehmende Normalität erfahre, wenn bald auch die Impfungen greifen und die Pandemie dadurch eingedämmt werde.