Nächster Paukenschlag in der Auseinandersetzung um die Singener Neurochirurgie: Der Arzt Aram Bani klagt vor dem Konstanzer Landgericht gegen seinen früheren Kooperationspartner, das Krankenhaus Singen. Seit dem 1. April ist die Zusammenarbeit zwischen dem niedergelassenen Neurochirurgen und dem Singener Krankenhaus des Gesundheitsverbunds Landkreis Konstanz (GLKN) beendet. Beide Seiten haben zwei der drei Verträge, die zwischen ihnen bestanden, wechselseitig zu diesem Zeitpunkt gekündigt. Ein wichtiges Element der Patientenversorgung der ganzen Region muss damit neu organisiert werden.

Dass die Trennung nicht völlig geräuschlos über die Bühne gehen würde, zeichnete sich schon ab, nachdem die Trennung öffentlich wurde. Nun bestätigt das Konstanzer Landgericht: Es liegt eine Klage vor. Wie Pressesprecherin Mirja Poenig auf Anfrage erläutert, trete Bani als Kläger auf. Er begehre die Feststellung, dass der Kooperationsvertrag mit dem Krankenhaus über stationäre Leistungen nicht zum 1. April hätte gekündigt werden dürfen. Das Krankenhaus hatte diesen Schritt getan, nachdem Bani den Vertrag über die neurochirurgische 24-Stunden-Rufbereitschaft seinerseits gekündigt hatte.

Es geht um eine Millionen-Summe

Was aufhorchen lässt, ist der Streitwert, den das Landgericht der Klage zugemessen hat. Laut Sprecherin Poenig sei dieser vorläufig auf knapp 1,7 Millionen Euro festgesetzt worden. Diese Festsetzung sei erfolgt, um einen Vorschuss für die Gerichtskosten berechnen zu können. Die Klage sei am 10. Februar beim Landgericht eingegangen, erklärt die Gerichtssprecherin weiter. Der beklagten Partei – also dem GLKN – sei die Klage allerdings erst am Mittwoch, 12. April, zugestellt worden.

GLKN-Geschäftsführer Bernd Sieber bestätigt auf Anfrage, dass die Klage inzwischen eingegangen sei. Die Anwälte des GLKN hätten diese am 17. April bekommen. Eine Bewertung nimmt Sieber nicht vor. Er bekräftigt aber, dass das Krankenhaus sich gegen die Klage verteidigen wolle. Eine entsprechende Absicht habe man gegenüber dem Gericht bereits angezeigt.

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Der Vertrag, gegen dessen Kündigung zum 1. April Bani vorgeht, regelte die Bedingungen, unter denen er, der als niedergelassener Neurochirurg mit eigener Praxis arbeitet, gegen Honorar am Krankenhaus Patienten operiert hat.

Verschiedene Kündigungsfristen

In den Augen des Arztes haben beide gekündigten Verträge, der über Honorarleistungen und der über die neurochirurgische 24-Stunden-Rufbereitschaft, nichts miteinander zu tun. Der Kooperationsvertrag hätte in dieser Lesart ordentlich gekündigt werden müssen – laut Bani mit einer Frist von 18 Monaten zum Jahresende. Der nächste Endzeitpunkt wäre Ende 2024.

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GLKN-Geschäftsführer Bernd Sieber hatte bereits früher argumentiert, dass aus Sicht des Krankenhauses ein Element der Zusammenarbeit nicht ohne das andere funktioniere. Daher habe er aus wichtigem Grund den Kooperationsvertrag zum 1. April 2023 gekündigt – also zum gleichen Zeitpunkt, wie auch Bani den Vertrag über die 24-Stunden-Bereitschaft gekündigt hatte. Laut Bani gilt für den Bereitschaftsvertrag allerdings eine deutlich kürzere Kündigungsfrist von vier Wochen zum Ende eines Quartals. Folgt man seinen Ausführungen, hat er diese Frist bei der Kündigung des Bereitschaftsvertrags offenbar eingehalten: Sie erfolgte Ende 2022 auf den 31. März 2023.

„Unsere Verteidigungsabsicht haben wir bereits gegenüber dem Gericht angezeigt.“ Bernd Sieber, Geschäftsführer des ...
„Unsere Verteidigungsabsicht haben wir bereits gegenüber dem Gericht angezeigt.“ Bernd Sieber, Geschäftsführer des Gesundheitsverbundes Landkreis Konstanz (GLKN) | Bild: Freißmann, Stephan

Dieser Unterschied in der Laufzeit könne ein Faktor für die Berechnung des Streitwerts sein, erklärt Mirja Poenig mit Blick aufs generelle Vorgehen in Zivilsachen. Wäre der Vertrag bis zum nächsten ordentlichen Kündigungszeitpunkt weitergelaufen, hätte der Arzt noch bis dahin Honorar für stationäre Operationen bekommen.

Zunächst können beide Seiten reagieren

Wie geht es nun weiter? Zunächst gebe es für die beklagte Seite die Möglichkeit, schriftlich zu reagieren, erklärt Poenig. Dafür hätten die Anwälte des Krankenhauses bereits um Fristaufschub gebeten. Danach sei es üblich, dass die Klägerseite reagieren kann. Bis es eine Zivilverhandlung vor Gericht gibt, dürfte es also noch dauern – falls es überhaupt soweit kommt.

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Dabei geht es in dem Konflikt für beide Seiten um viel. Der Streitwert der Klage sei zwar hoch, schreibt Sieber, allerdings bedeute das nicht, dass auch ein Schaden in dieser Höhe entstehe. Mit anderen Worten: Der GLKN müsse auch dann nicht automatisch einen so hohen Betrag an den Arzt bezahlen, wenn der Arzt im Gerichtsverfahren Recht bekommen sollte. Das Risiko der Klage habe man bewertet und berücksichtigt, schreibt Sieber auf die Frage nach möglichen finanziellen Konsequenzen. Die eigenen Argumente und Gründe für die Vertragskündigung halte er allerdings für klar und nachvollziehbar, sodass er nicht von einem Unterliegen ausgehe, so der Geschäftsführer weiter.

Bani geht indes davon aus, dass der Rechtsstreit zu seinen Gunsten entschieden wird. Sein Anwalt sei zuversichtlich, dass er das Verfahren gewinnen werde, so der Neurochirurg. Nach seinen Worten werden beide Seiten von namhaften und profilierten Anwälten in ihrem Bereich vertreten – allen Beteiligten scheint also bewusst zu sein, welch hoher Einsatz im Spiel ist.