Peter Teubner aus Singen will nicht untätig zuschauen. In einer Zeit, wo die Partei Alternative für Deutschland (AfD) immer mehr Zustimmung erhält, möchte er aufrütteln und zum Nachdenken anregen. Seit Anfang Februar steht er mit einem Plakat mit der Aufschrift „Sagt Nein zu Faschismus, Nein zur AfD“ an Samstagen vor dem Einkaufszentrum Cano, um mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Mit der klaren Botschaft suchen er und inzwischen auch Elke Martin das Gespräch mit Passanten, um auf die Folgen des Wahlprogramms der rechtsgerichteten AfD aufmerksam zu machen.
Auslöser für den politisch engagierten Rentner, der jahrelang für die Grünen im Gemeinderat saß, war das geheime Treffen von AfD-Vertretern und Neonazis in Potsdam, wo ein Plan zur Abschiebung von Millionen Zuwanderern besprochen wurde.
Der Aufruf kommt bei den Passanten an. „Respekt! Ich wäre nicht so mutig, mich hier hinzustellen“, sagt eine ältere Dame im Vorübergehen. „Dazu gehört Courage“, meint auch Michael Schmidtpeter, der interessiert das Gespräch sucht. Es sei ein Zeichen und ein Signal, dass nicht alle auf der Seite der Rechten stehen. Die Regierenden müssten sich aber fragen, was sie falsch gemacht haben, dass die AfD so erfolgreich wurde, gibt Schmidtpeter zu bedenken.
Manche fallen auf perfide Propaganda rein
„Die Rechten bieten ganz einfache Lösungen an und viele Menschen fallen auf die perfide Propaganda rein“, erzählt Teubner. Einige der Diskussionen, die er führt, seien intensiv. „Das muss man aushalten und sich drauf einlassen“, sagt er. Als Beispiel nennt er den Begriff Lügenpresse und die Unterstellung, dass von Medien absichtlich Falschmeldungen verbreitet würde. Das gelte auch für die Berichterstattung seriöser und unabhängiger Medien und Zeitungen, die seine Gesprächspartner auf Nachfrage aber gar nicht lesen.
Es sei erschütternd, wie wenig die Leute hinterfragen würden: „Ohne Blick auf das große Ganze, wie zum Beispiel der Austritt aus der EU, setzen sie auf einfache Lösungen und merken gar nicht, dass sie von manchen auch selbst betroffen wären“, so Teubner. Als Beispiel verweist er auf Sympathisanten der AfD, die als Bürgergeldempfänger die Kürzung der Sozialleistungen richtig finden.
Aktion soll bis Europawahl fortgesetzt werden
Wie Teubner setzt sich auch Elke Martin beim Naturschutzbund (Nabu) für den Naturschutz ein und unterstützt schon seit Wochen die Aktion vor dem Cano. „Die Tendenz nach rechts ist erschreckend, mein Eindruck ist, dass viele wie fremdgesteuert auf die Parolen und Versprechungen reinfallen“, sagt Elke Martin. Aber manchmal könne man etwas erreichen, viele Passanten hätten sich auf eine Diskussion eingelassen und seien auch nachdenklich geworden. Beide haben nach Wochen das Gefühl, etwas in Bewegung gebracht haben.
„Wenn ich jeden Samstag nur einen erreiche und zum Umdenken bewege, dann habe ich hier nicht umsonst gestanden“, hofft Peter Teubner, dass er bis zur Wahl des Europäischen Parlaments im Juni durchhält. Sich vors Cano zu stellen, kostet ihn schon Überwindung, aber mit Mut habe das nichts zu tun: „Mut haben die Russen bewiesen, die nach dem Tod des Kremlkritikers Nawalny in vielen russischen Städten Blumen ablegten, auch auf die Gefahr hin, verhaftet zu werden.“ Aber noch hätten wir hier in Deutschland eine Demokratie und für deren Erhalt will er sich auch weiterhin einsetzen.