Sie haben sich nicht mehr viel zu sagen und geben sich auch gegenüber Richterin Daniela Krack wortkarg: Ein Ehepaar musste sich vor dem Amtsgericht Singen wegen Erschleichens eines Aufenthaltstitels verantworten. Dabei ging es um grundsätzliche Fragen von Familien: Müssen Ehepartner in einer gemeinsamen Wohnung leben? Und muss ein Mann, wenn er die Vaterschaft eines Kindes anerkennt, auch der biologische Erzeuger sein? Das sei nicht so einfach zu beantworten, erklärt die Richterin dem SÜDKURIER nach der Urteilsverkündung.

Scheinehe kostet beide Partner 80 Tagessätze

Klar sei, dass man die Ausländerbehörde des Landratsamtes Konstanz nicht anlügen darf: Das Ehepaar hatte angegeben, weiterhin zusammen zu leben, obwohl es schon lange getrennte Wohnungen und der Mann eine neue Partnerin hatte. Deshalb muss er nun 80 Tagessätze à 50 Euro bezahlen, die Ehefrau wird mit 80 Tagessätzen à 15 Euro bestraft.

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Der Tatbestand ist recht eindeutig

Bei der Verhandlung blieben viele Fragen offen. Wie sich das Paar kennengelernt hat, wurde ebenso wenig geschildert wie die Geburt der offiziell gemeinsamen Tochter vor fünf Jahren oder die falschen Angaben bei der Behörde. Das könnte auch an den Sprachbarrieren liegen: Die 27 Jahre alte Angeklagte, die aus dem Kosovo stammt, spricht kaum ein Wort Deutsch. Nur mit Hilfe ihres Onkels konnte sie erklären, wo sie aktuell wohnt: In einem Frauenhaus, weil sie bedroht werde. Auf das kurzfristige Bestellen eines Dolmetschers wurde dennoch verzichtet: Die Angeklagte könne die Aussage ohnehin verweigern und der Tatbestand sei eindeutig.

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Er lebte schon in einer anderen Wohnung

Dem Ehepaar wurde vorgeworfen, die Ausländerbehörde angelogen zu haben, um sich damit einen Aufenthaltstitel für die Frau zu erschleichen. Das Paar ist bis heute verheiratet, lebt aber nicht mehr unter einem Dach. Das war bereits 2019 so, als die beiden Partner einem Behördenvertreter den unveränderten Fortbestand der Ehe erklärten. Zu diesem Zeitpunkt lebte der heute 44 Jahre alte Mann aber schon seit Monaten getrennt von Frau und Kind.

Frau darf aber schon wegen ihres Kindes in Deutschland bleiben

Das heute fünfjährige Mädchen beeinflusste entscheidend den Verlauf des Verfahrens: Der Mann hatte seine Vaterschaft erklärt, auch wenn zwischenzeitlich klar wurde, dass er nicht der biologische Vater ist. Der Vorwurf der Scheinvaterschaft wurde vor dem Amtsgericht Singen dennoch fallen gelassen. Die Rechtslage sei hier nicht eindeutig, erklärte Richterin Krack. Wenn der biologische Vater keinen Anspruch auf das Kind anmeldet, bleibt der Angeklagte der offizielle Vater – samt Unterhaltspflichten. Doch wegen des Kindes braucht es nicht einmal eine Scheinehe wie sich vor Gericht zeigte: Als Mutter eines deutschen Kindes dürfe die Frau sowieso in Deutschland bleiben. Ob sie das nicht wusste und sich deshalb zu falschen Angaben hinreißen ließ, blieb eine der ungeklärten Fragen.

Verständigungsgespräche hinter geschlossenen Türen

Richterin, Staatsanwältin und die beiden Verteidiger verständigten sich in langen Gesprächen hinter verschlossenen Türen darauf, dass nur die Scheinehe geahndet wird und es keine Beweisaufnahme braucht. Daher konnten drei geladene Zeugen, darunter die Partnerin des Angeklagten, ohne Anhörung entlassen werden. „Es geht nur noch um die Höhe der Strafe“, sagte die Staatsanwältin und forderte jeweils 80 Tagessätze zu 50 beziehungsweise 15 Euro. Das Gehalt des Angeklagten wurde geschätzt, er machte keine Angaben.

Im Strafbefehl, gegen den die Angeklagten Einspruch eingelegt hatten, waren 120 Tagessätze gefordert worden. „60 Tagessätze würden der Gerechtigkeit genüge tun“, erwiderte nun der Verteidiger der Frau. Er verwies darauf, dass die Ausländerbehörde seine Mandantin gar nicht nach ihrer Lebenssituation hätte fragen dürfen. Das entschuldige aber nicht die falschen Angaben, befand die Richterin und folgte beim Strafmaß der Staatsanwaltschaft.

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