Irgendwas stimmt hier nicht, aber was? Hat jemand vergessen, das Licht anzuschalten? Denn die Schwarzwaldbahn zwischen Konstanz und Karlsruhe, die viele Pendler auch für den Weg zur Arbeit nach Radolfzell oder Singen nutzen, ist an diesem Tag überraschend dunkel. Im morgendlichen Halbschlaf fällt erst auf den zweiten Blick auf, woran das liegt: Die Fenster sind bedeckt.
Nicht, weil jemand den Rollladen vergessen hat – oder sich vor den Sonnenstrahlen schützen wollte, die im Winter sowieso nur selten zu sehen sind. Sondern weil sich jemand kreativ ausgetobt hat: Der ganze Zug war mit einem Graffito bedeckt. Ja, so heißt der Singular von Graffiti.
Der ganze Zug? Nicht ganz, denn es traf vor allem die Außenseite eines Abteils und da war nur (noch) die obere Hälfte grün statt rot. Die erste Vermutung, dass da jemand nicht fertig geworden ist, trifft nicht zu – denn die Sprayer hatten tatsächlich das gesamte Abteil besprüht, wie ein Bahnmitarbeiter erklärt. Der untere Teil wurde zuerst gereinigt, der obere brauchte eine Extra-Runde.
Kein Verständnis, viele Kosten für die Bahn
Aber wie geht das überhaupt, einen meterlangen Waggon zu besprühen? Die Deutsche Bahn hat immer wieder mit Vandalismus zu kämpfen, schildert die Pressestelle auf Anfrage. 12 Millionen Euro investiere sie jedes Jahr. Ärgerlich, schließlich fehlt seit Jahren Geld, um die Schiene attraktiver zu machen.
„Jeder Fall bedeutet einen immensen Aufwand“, erklärt der Bahnsprecher. Züge müssten von Hand gereinigt werden, das könne Einfluss auf den Fahrplan haben. Inzwischen (Stand 17. Februar) ist der Zug gereinigt, wie ein Bahnmitarbeiter sagt. „Es hat uns auch ziemlich Mühe bereitet, die ‚roten‘ Wagen wieder rot erscheinen zu lassen“, erklärt er. Sechs Mitarbeiter seien damit in Freiburg für zehn Stunden beschäftigt gewesen. Ein Kraftakt.
Denn nicht nur das Sprühen ist gefährlich, zumal auf dem Zugdach die Oberleitung nah sei. Auch für das Reinigen habe man auf die Sicherheit achten müssen.
Allerdings sei kein Motiv so schön, dass es bleiben darf, stellt der Bahnsprecher klar. „Schönheit liegt ja immer auch im Auge des Betrachters, wir wollen da niemanden animieren.“
Dank Graffito sogar wacher unterwegs?
Wenn man dem Graffito im aktuellen Fall etwas abgewinnen konnte, dann die Farbe. Denn dank der grünen Farbe über den Fenstern wurde der Sitzplatz direkt zur gemütlichen Dschungelhöhle, in die man sich nochmal einkuscheln konnte. Aber halt, das wollen wir auf dem Weg zur Arbeit ja gar nicht! Und da kommt ein anderer Effekt ins Spiel, der dafür sorgen könnte, dass wir sogar wacher angekommen sind.
Denn blaues Licht hat nachweislich eine vitalisierende Wirkung auf den Körper. Deshalb nutzen viele Menschen den Blaulichtfilter im Smartphone, um abends das blaue Licht zu reduzieren und besser ins Bett zu kommen. Und dank des Graffito war das Abteil in blaues Licht getaucht, was dem Körper signalisiert, dass es Zeit zum Aufstehen ist. Trotz trübem, dunklen Nebelwinter.