Gläubiger haben bekanntlich ein besseres Gedächtnis als ihre Schuldner. Das wurde kürzlich auch im Zuge einer Gerichtsverhandlung vor dem Singener Amtsgericht deutlich. Jedoch wählte der Gläubiger in diesem Fall nicht eine friedliche Zahlungsaufforderung gegenüber seinem Schuldner, sondern eine körperliche Auseinandersetzung. Keine gute Idee, wie sich im Nachhinein herausstellte. Denn der 31-jährige Angreifer musste sich nun auf der Anklagebank für seine Tat verantworten.

Laut der Staatsanwaltschaft habe der Angeklagte seinen ehemaligen Arbeitskollegen während seiner Arbeitszeit in den Geschäftsräumen aufgesucht, um von ihm 200 Euro einzufordern. Doch der 26-jährige Geschädigte habe deutlich gemacht, dass er ihm kein Geld geben werde. Also habe der Mann sein Opfer zunächst im Nacken gepackt, ehe er ihn in den Schwitzkasten nahm und ihm weitere Gewalt androhte, erklärte die Staatsanwaltschaft.

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Während des Angriffs sei dem Geschädigten laut eigener Aussage aufgefallen, dass der 31-Jährige in seinem Socken ein Klappmesser versteckt habe. „Dann habe ich wieder zu Kräften gefunden und ihn auf dem Boden gelegt“, sagte der Angegriffene. Mit Erfolg, denn auch das Messer sei in diesem Moment aus dem Socken geflogen, ergänzte er. Ein Mitarbeiter sei daraufhin auf die Keilerei und das Messer aufmerksam gemacht worden, sodass dieser die Polizei verständigen konnte, wie der Mitarbeiter selbst im Zeugenstand aussagte.

Eskalation wegen Cannabis?

Das Motiv des Angeklagten wurde erst im Laufe der Verhandlung deutlich, denn seinen Aussagen zufolge habe der Geschädigte längere Zeit zuvor Cannabis bei ihm erworben, welches er allerdings nie bezahlte. Auch seien die beiden offiziell verabredet gewesen, um die Wogen zu glätten und Schulden zu begleichen, schilderte der 31-Jährige. Weil sein Schuldner ihn hingehalten habe und ihn mit einer Geldübergabe nach Arbeitsende vertrösten wollte, „sind mir die Sicherungen durch gebrannt“, erinnerte sich der Angeklagte.

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Zu den Gegenvorwürfen äußerte sich der geschädigte Mann zwar nicht. Für Richterin Daniela Krack und die Staatsanwaltschaft sei das ohnehin unerheblich, denn unter Gewalteinfluss Geld zu fordern, erfülle den Tatbestand einer räuberischen Erpressung. Wenn eine Waffe involviert ist, geht es um eine schwere räuberische Erpressung. In diesem Fall blieb es bei der versuchten schweren räuberischen Erpressung, denn der Geschädigte sei der Forderung schließlich nicht nachgekommen, erklärte Krack.

Vorstrafen verhindern Bewährung

Der angeklagte Mann räumte seine Taten zwar vollumfänglich ein und entschuldigte sich bei allen Beteiligten. Doch wie so oft bei vorbestraften Angeklagten hat seine Vorgeschichte negative Konsequenzen. Denn neben Vorstrafen wegen Diebstahl, Sachbeschädigung, illegalem Betäubungsmittelbesitz sowie sexueller Belästigung, unterlag der 31-Jährige zur Tatzeit bereits einer laufenden Bewährungsstrafe, wie die Richterin aufzeigte.

Obendrein sei er seiner drogenbedingten Therapie- und Beratungsauflagen nicht wie angeordnet nachgekommen, was einer weiteren Bewährungsauflage in diesem Fall negativ entgegenstehe, sagte die Staatsanwaltschaft. Sie plädierte im Anschluss für eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten.

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Der Verteidiger des Angeklagten trat dem Vorschlag entgegen. Für ihn sei jede Straftat seines Mandanten auf Drogenkonsum zurückzuführen, weshalb man ihn unter einer weiteren Bewährungsauflage streng therapieren sollte, anstatt ihn ins Gefängnis zu schicken, so der Rechtsanwalt. Der 31-Jährige selbst sei interessiert, wieder in ein Therapieprogramm einzusteigen, um sich anschließend neu orientieren zu können, sagte er in seiner letzten Wortmeldung.

Richterin Krack zeigte sich davon jedoch unbeeindruckt. Sie folgte dem Vorschlag der Staatsanwaltschaft uneingeschränkt und verurteilte den Mann zu zwei Jahren und drei Monaten Haft wegen der versuchten schweren räuberischen Erpressung.