Auf einem Kindergeburtstag in den 1990er-Jahren durfte sie auf gar keinen Fall fehlen: die Schnitzeljagd. Die Suche nach dem richtigen Weg gehörte zu den Geburtstagsfeiern wie Ketchup zu Pommes oder wie Hanni zu Nanni und hat viele Generationen geprägt. Auch Christina Herr kennt die Schnitzeljagd aus ihrer Kindheit bestens. Die 32-Jährige hat den Schnitzeljagd-Trend aus ihrer Kindheit zu ihrem Lebensinhalt gemacht: Seit kurzem hat sich die junge Unternehmerin, die mit ihrem Partner Heiko Stärk in Singen wohnt, mit der Geschäftsidee Schnitzeljagd selbstständig gemacht. Mit ihrer Firma „Schnitzeljadgen am Bodensee“ bietet sie seit November 2021 professionell geführte Schnitzeljagden für Erwachsene an. Sie hat also den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt, als Deutschland in den zweiten Corona-Winter ging – und es wieder Einschränkungen zum Schutz vor der Pandemie gab.

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Wer Christina Herr kennenlernt, der bemerkt schnell: Sie sprudelt über vor Idee. Mit ihrer Kreativität verdient die promovierte Agrarwissenschaftlerin ihr Geld. Die 32-Jährige, die ursprünglich aus Volkertshausen kommt, hat dafür ihr Angestelltenverhältnis bei einer Firma in Würzburg gekündigt. Sie setzt nun alles auf eine Karte: „Ich muss kreativ sein, das erwarten meine Kunden auch von mir“, sagt sie. So nimmt sie die Teilnehmer ihrer Schnitzeljagden mit auf eine Reise ins Nimmerland, um mit Peter Pan gegen die Horden der gewitzten Piraten zu kämpfen, oder auf einen Ritt mit den Einhörnern, um dort mit den flauschigen Vierbeinern auf einem Regenbogen zu tanzen. „Jede Schnitzeljagd ist einzigartig“, betont sie.

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Vor zwei Jahren ist Christina Herr auf die Idee mit den professionell geführten Schnitzeljagden gekommen. Bei der Schnitzeljagd handelt es sich um eine Geländespiel, bei dem eine Gruppe den richtigen Weg sucht und an Stationen Rätsel lösen muss. Zuerst wurde über Monate hinweg mit Freunden und der Familie geprobt. „Es gibt, glaube ich, keine Route rund um Singen und den Hegau, die wir nicht kennen“, sagt Christina Herr. Im November des vergangenen Jahres fällt sie dann den Entschluss: „Ich mache mich selbstständig mit dem, was mir einfach Spaß macht.“ Gesagt, getan.

Das Vorgespräch ist der wichtigste Punkt

Aber wie läuft eine ihrer Schnitzeljagden eigentlich ab? Bevor man sich als Teilnehmer zusammen mit Christina Herr auf zu einer Schnitzeljagd macht, steht vor allem für die 32-Jährige viel Arbeit an. Zuerst ist ein persönliches Gespräch mit dem Hauptteilnehmer etwa eines Junggesellenabschiedes oder eines Geburtstages unabdingbar. „Das ist sogar mit der wichtigste Punkt, ich muss ja wissen, was für ein Mensch das ist“, sagt Herr. Im Gespräch gehe es um persönliche Vorlieben, Hobbys und ähnliches. Wenn diese Informationen eingeholt sind, beginnt die eigentliche Arbeit. Dann setzt sich Christina Herr an ihren Laptop und beginnt zu schreiben. „Ich entwerfe dann eine Geschichte rund um die Hauptperson, in der deren Vorlieben eingebaut werden“, so Herr. Sie erinnere sich etwa an einen jungen Mann aus Russland, der in Kürze heiraten wollte: „Nach dem Gespräch war für mich klar, die Schnitzeljagd kann nur eine Reise ins Zarenland sein.“ Eine Woche etwa brauche sie, um eine Geschichte zu spinnen, die zu den Teilnehmern der Schnitzeljagd passt.

Szenen aus dem Gelände: Ján Široký, Rich Luxshman Harikantha, Jonas Dietz und Richard Sauer (von links) auf Schnitzeljagd.
Szenen aus dem Gelände: Ján Široký, Rich Luxshman Harikantha, Jonas Dietz und Richard Sauer (von links) auf Schnitzeljagd. | Bild: Christina Herr

Eine Schnitzeljagd dauert laut Christina Herr zwischen dreieinhalb und fünfeinhalb Stunden. Zwei bis 30 Teilnehmer können daran teilnehmen. Die Strecke der Touren ist unterschiedlich. Unterwegs gilt es dann für die Teilnehmer knifflige Aufgaben zu erledigen oder lustige Spiele zu spielen. „Das eigentliche Ziel ist dabei ganz einfach: Jeder soll eine gute Zeit und eine Mordsgaudi haben“, sagt Herr. Ein weiterer Vorteil sei, sich draußen in der Natur aufzuhalten: „Abseits des großen Trubels kann man im Wald auch mal ein wenig albern sein, ohne komisch beäugt zu werden“, weiß Christina Herr. Dabei spielt es keine Rolle ob Frühling, Sommer, Herbst oder Winter. Die Geländespiele können ganzjährig stattfinden. Bevor es aber in den Wald oder auf die Hegau-Vulkane geht, muss sich Christina Herr mit dem Forstamt Baden-Württemberg in Verbindung setzen, um beispielsweise neue Strecken anzumelden. Und auch ein anderer Umstand ist der Singener Unternehmerin besonders wichtig: „Natürlich haben wir Spaß im Wald, aber wir verhalten uns angemessen und hinterlassen keinen Müll.“ Einer ihrer Lieblingswälder ist der Großtannwald hinter der Alu.

Zwei, die bereits zahlreiche Schnitzeljagden von Christina Herr miterlebt haben, sind ihr Partner Heiko Stärk und der gemeinsame Labrador-Hund Kara. „Die zwei haben alle meine Ideen getestet und sind bei jeder Route mit dabei“, erzählt Christina Herr. Und Stärk ist ein echter Fan: „So etwas in der Art gibt es in der Region nicht. Ich denke, dass der Markt durchaus vorhanden ist.“

Zur Schnitzeljagd und zur Serie

  • Die Schnitzeljagd und die Gründerin: Eine Schnitzeljagd (manchmal auch Schnipseljagd) ist ein Geländespiel, bei dem eine Gruppe von Personen Hinweisen folgt, die von einer anderen Gruppe oder auch von einem Veranstalter ausgelegt wurden, um entweder eine zweite Gruppe zu treffen oder eine Belohnung an einem Zielort zu finden. Bei der klassischen Schnitzeljagd werden in einem geeigneten Gelände, etwa einem Waldstück, zu Beginn die beiden Gruppen der Verstecker und der Sucher gebildet. Die Versteckergruppe markiert einen Weg vom Start bis zum Ziel. Die Verfolgergruppe folgt im zeitlichen Abstand der ersten Gruppe und hat die Aufgabe, diese zu finden. Aus diesen Geländespielen im Freien will Christina Herr ein Geschäftsmodell machen und hat dazu ihr eigenes Unternehmen gegründet. Informationen dazu gibt es im Internet unter der Adresse
    www.schnitzeljagdenambodensee.de
  • Die Serie: In der Serie „Wir packen‘s an“ stellen wir in losen Abständen Unternehmen und Initiativen aus der Wirtschaft und aus allen Branchen vor, die sich gerade in Zeiten der Corona-Pandemie engagieren, Tradition und Regionalität pflegen oder etwas ganz Neues aufbauen. Die Serie soll zeigen, was Unternehmer der Pandemie und deren Auswirkungen entgegensetzen. Denn trotz monatelanger Einschränkungen stellen sich viele Firmen den Herausforderungen.