Wachstum in allen Bereichen: So lässt sich die Bilanz der Sparkasse Hegau-Bodensee für das Jahr 2021 zusammenfassen. Die relevanten Kennzahlen sind von 2020 auf 2021 teilweise kräftig gewachsen (siehe Grafik), wie das Geldinstitut mit Sitz in Singen bei seiner Bilanzpressekonferenz mitteilte. Doch inzwischen wächst vor allem eins, nämlich die Unsicherheit. Wie groß die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs sein könnten, zeigt die Tatsache, dass auch die Sparkassen-Chefs sich darüber Gedanken machen.
Angekommen ist der Krieg bei der Singener Sparkasse nämlich durchaus, das macht Vorstandsmitglied Jens Heinert deutlich. Durch die Einschränkungen beim Finanz-Nachrichtensystem Swift würden praktisch keine Zahlungen mehr nach und von Russland gehen. Allerdings sei der Zahlungsverkehr der Region mit Russland ohnehin sehr gering. Auch bei heimischen Unternehmen gebe es nur sehr wenige Verflechtungen mit Russland und der Ukraine. Vom Krieg in der Ukraine sei im lokalen Wirtschaftsleben also noch nicht viel zu spüren – und eine Bank bekommt immer relativ früh mit, wenn sich die Stimmung in der Wirtschaft eintrübt. Für den Fortgang sehe man bei der Sparkasse im Wesentlichen zwei Möglichkeiten, so Heinert. Entweder es kommt recht bald doch noch zu einer Einigung. Oder der Krieg zieht sich länger hin, mit weiterhin hohen Preisen und möglicherweise sogar Engpässen bei der Energieversorgung. Das könnte ernsthafte Probleme verursachen.
Vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine werde nach seiner Einschätzung eine unabhängige Energieversorgung immer wichtiger, sagt Heinert. Beispielsweise den Solarpark in Singen-Beuren habe die Sparkasse mit ermöglicht, und auch Windenergie werde ein Thema werden. Da wolle die Sparkasse unterstützen. „Nachhaltigkeit liegt in unseren Genen“, sagt er auch mit Bezug zu nachhaltigen Investments und sozialem Engagement.
Sparkassen-Vorstände sehen Ende der niedrigen Zinsen
Und noch eine Botschaft hatten die Sparkassenvorstände parat. Aus der Phase der extrem niedrigen Zinsen komme man allmählich heraus: „Wir erwarten etwas steigende Zinsen“, sagt Heinert. Vorstandsvorsitzender Alexander Endlich erklärt den Zusammenhang mit der Inflation, die seit einiger Zeit in Deutschland wieder wächst. Um den Geldwert stabil zu halten, müsste die Europäische Zentralbank die Zinsen erhöhen. Dann wird Geld gewissermaßen teurer, Preise können nicht mehr so stark steigen, weil weniger Geld im Umlauf ist – soweit, grob gesagt, die ökonomische Theorie. Doch wenn die Zinsen steigen, müssten Staaten auch deutlich mehr bezahlen, um ihre Schulden bedienen zu können. Für den Sparer verschärft sich die seit einiger Zeit missliche Situation: Für Guthaben gibt es kaum noch Zinsen, gleichzeitig schrumpft der Wert durch Inflation.
Banken klagen schon länger über niedrige Zinsen. Entsprechendes sieht man auch der Sparkassen-Bilanz an. Die Zinserträge sind 2021 gegenüber dem Vorjahr zwar um 1,5 Prozent oder 700.000 Euro auf 50,1 Millionen Euro gestiegen. Damit bleiben Zinsen ein wichtiger Posten, allerdings wurden auch mehr Kredite vergeben. Doch bei den Provisionen gab es einen Anstieg um 6,3 Prozent oder 1,3 Millionen Euro auf 22,0 Millionen Euro. Provisionen werden immer wichtiger, sagt Endlich.
Auch von der Aufsichtsbehörde Bafin sehen die Sparkassenchefs den Druck steigen. Deren Anforderungen an das Eigenkapital würden in den nächsten Jahren strenger, sagt Endlich. Dann müssen Banken, grob gesagt, mehr Eigenkapital zur Absicherung von ausgegebenen Krediten vorhalten. Und dafür müsse eine Bank Gewinne erzielen, so Endlich, denn geliehenes Geld zähle nicht dazu. Derzeit habe die Sparkasse Hegau-Bodensee etwa 430 Millionen Euro Eigenkapital. Durch die schärferen Regeln sollen Banken stabiler werden, ergänzt Heinert. Doch es werde Bankdienstleistungen verteuern – und zwar flächendeckend, denn die neuen Regeln werden für alle Banken gelten. Könnte das bei der Sparkasse zu Fusionen führen? Die Volksbank Gestalterbank, die in der Region aktiv ist, ist seit geraumer Zeit auf Fusionskurs. Derzeit winken Heinert und Endlich ab. Für alle Zeiten ausschließen, dass man mit einer anderen Sparkasse zusammengeht, können sie aber auch nicht.
Der Verbraucherschutz beschäftigt die Sparkasse ebenfalls. Den juristischen Streit mit der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg um Gebühren für einen Darlehenskontoauszug hat das Oberlandesgericht Karlsruhe zugunsten der Sparkasse entschieden: Die Bank darf die Gebühr verlangen, Revision ausgeschlossen. Ein Urteil, das der Bundesgerichtshof nach einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands gegen eine andere Bank gefällt hat, hat hingegen Auswirkungen: Man müsse nun jedem Kunden die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zukommen lassen, mit der Bitte um Zustimmung. Bei dem Streit geht es darum, dass bisherige AGBs beim Kunden Zustimmung zu Änderungen vorausgesetzt haben, wenn dieser nicht widerspricht. Nun soll der Kunde ausdrücklich zustimmen. Daher sei die geplante Einführung von neuen Kontomodellen auf dieses Jahr aufgeschoben worden, erklärt Endlich.