Hängesessel, die von der Decke baumeln, ein großzügiges Ambiente, das durch Glas Transparenz ausstrahlen soll, und Materialien, die auf die Umgebung Bezug nehmen: Die Sparkasse Hegau-Bodensee hat viel vor, um sich für die Zukunft umzubauen. Die größte Neuerung steht den Kunden und Mitarbeitern im Raum Radolfzell bevor. Dort plant das Kreditinstitut sogar einen Neubau und die Umwandlung der Höri-Filialen zu Automatenstationen. Doch auch im Hegau hat die Zukunftsstrategie Folgen – und die dürften nicht allen Kunden gefallen.
Denn die Filialen in Steißlingen und Volkertshausen sollen durch Automatenstationen ersetzt werden. Dort bedienen derzeit noch Mitarbeiter die Kunden, wenn auch zu relativ unregelmäßigen Öffnungszeiten. Dafür soll die Filiale in der Hohenhewenstraße in der Singener Nordstadt spürbar als Beratungsstützpunkt aufgerüstet werden. Sparkassen-Vorstand Alexander Endlich vergleicht das Konzept mit den Flagship-Stores bekannter Modemarken. Kunden und Mitarbeiter sollen sich wohlfühlen – und die Räumlichkeiten sollen die Modernität vermitteln, die das Geldinstitut ausstrahlen möchte.

Die Devise, die Sparkassen-Chef Endlich bei einem Pressegespräch ausgegeben hat, lautet, dass die Umwandlung zu SB-Filialen erst dann geschieht, wenn die großen Beratungszentren fertig sind. Ob sich dieser Zeitplan so halten lässt, wollte Singens Oberbürgermeister Bernd Häusler, Vorsitzender des Verwaltungsrats, allerdings nicht versprechen. Diese Einschränkung dürfte aber hauptsächlich die Änderungen im Bereich Radolfzell-Höri betreffen, wo die Sparkasse einen Neubau plant, mit unklarer Bauzeit. Die Sparkassen-Filialen in der Industriestraße in der Singener Südstadt sowie in Rielasingen sollen laut Endlich mit Personal weitergeführt werden – doch auch in Rielasingen werde umgebaut.
Es ist kein Kostensenkungsprogramm, sagt der Sparkassen-Chef
Hintergrund der Neuorganisation im Unternehmen sei eine Erhebung über das Kundenverhalten. Derzufolge würden nur noch knapp vier Prozent der Geschäftsvorfälle, wie es im Sparkassendeutsch heißt, in den Filialen anfallen, erklärte Endlich. Zudem würden in den nächsten beiden Jahren 50 Mitarbeiter in Ruhestand gehen und der Fachkräftemangel zuschlagen.
Daher wird nun das Personal zusammengeführt und Kunden sollen viele Kommunikationskanäle für Bankvorgänge und den Kontakt zu den Beratern haben. Die Bargeldversorgung bleibe an den gewohnten Standorten per Automat bestehen, betonte Bernd Häusler. Für das Zukunftsprogramm will die Sparkasse 32 Millionen Euro investieren – es handle sich also mitnichten um ein Kostensenkungsprogramm, so Endlich.

Auch die Mitarbeiter seien realistisch genug, um zu wissen, dass sich das Kundenverhalten ändert, sagte Hartmut Hoch, Vorsitzender des Personalrats und Verwaltungsratsmitglied, bei dem Pressetermin. Die Arbeit in kleinen Filialen sei für die Mitarbeiter zunehmend unattraktiv, aber auch der Umstieg auf neue Kommunikationswege für manch einen eine Herausforderung, so seine Einschätzung. Die Mitarbeiter würden das Zukunftskonzept aber im Großen und Ganzen mittragen.
Steißlinger Bürgermeister ist Folgekonzept wichtig
Und wie werden die Schließungen in den betroffenen Gemeinden gesehen? „Die Schließung der Sparkassenfiliale als wichtige Einrichtung in unserem Ortskern stößt in unserer Gemeinde natürlich auf keine positive Reaktion. Für die Kunden war die Filiale eine wichtige Möglichkeit, ihre Finanzgeschäfte zu erledigen“, erklärt Steißlingens Bürgermeister Benjamin Mors.
Die vorgebrachten Argumente der Sparkasse seien aus Mors Sicht dennoch nachvollziehbar. Eine Professionalisierung aufgrund stärkerer Regulierung, Fachkräftemangel und Digitalisierung seien Herausforderungen, denen sich alle Institutionen stellen müssten. „Wichtig wird für uns sein, wie das Folgekonzept aussieht“, sagt Mors. Hier wolle die Gemeinde in einen Dialog mit der Sparkasse gehen und nach guten Lösungen für suchen. Dazu solle die Zeit bis zur tatsächlichen Umsetzung genutzt werden.
„Wieder fällt ein Stück Infrastruktur weg“
Ähnlich ist die Stimmung im Nachbarort Volkertshausen. „Das freut uns nicht, wieder fällt ein Stück Infrastruktur weg“, erklärt Hauptamtsleiter Martin Gschlecht für den im Urlaub weilenden Bürgermeister Marcus Röwer. Immerhin bleiben die Serviceautomaten. „Und die Volksbank ist auch noch vertreten“, so Geschlecht.
„Ich finde es schade, kann es aber nachvollziehen“, sagt CDU-Gemeinderatsmitglied Erwin Greuter. Der Rentner hat lange für die Sparkasse gearbeitet und meint, dass man mit der Entwicklung leben könne und müsse. „Die geplanten Serviceterminals bieten ja allerlei Möglichkeiten“, zeigt er sich zuversichtlich, dass Geschäfte wie Bargeldabhebungen, Einzahlungen und Überweisungen auch künftig ohne Personal vor Ort möglich sein werden.