Einer der offiziellen Stresstests für Banken geht von einer Zinsschwankung von zwei Prozent aus. Im Jahr 2022 sind die Zinsen um drei bis dreieinhalb Prozent gestiegen. Diese Zahlen, die Jens Heinert, Vorstandsmitglied der Sparkasse Hegau-Bodensee beim Bilanzgespräch mitteilt, zeigen vor allem eines: Das regionale Kreditinstitut hatte im vergangenen Jahr nicht nur einen Stresstest, sondern richtigen Stress.

Die Kennzahlen lassen sich trotzdem sehen. Bilanzsumme, Zinsüberschuss, Provisionsüberschuss und Ergebnis: All diese Werte zeigen nach oben. Der Verwaltungsaufwand ging im gleichen Zeitraum zurück. Doch wenn Heinert und Vorstandschef Alexander Endlich die Zahlen erläutern, wird klar: Die Risiken sind ebenfalls größer geworden. Wie im Brennglas zeigt sich darin die wirtschaftliche Entwicklung der Region. „Eine Rezession ist nicht ausgeschlossen“, sagt Endlich mit Blick auf die gesamte Bilanz der Sparkasse. Doch Heinert sagt auch: „Die Stimmung ist eigentlich schlechter als die Lage.“

Bauen wird deutlich teurer

Der Zusammenhang ist: Steigen die Zinsen, wird es für Privathaushalte oder Unternehmen teurer, Dinge auf Kredit zu finanzieren. Im Bausektor ist die Entwicklung bereits bekannt. Manch ein Häuslebauer musste die Pläne vom Eigenheim begraben, weil die Finanzierung nicht mehr zu bewältigen war. Das spürt man auch bei der Singener Sparkasse. Es gebe durchaus Ausfälle bei Kreditkunden, sagt Alexander Endlich.

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Hinzu kommen Regeln für das Eigenkapital von Banken, die den beiden Vorständen ausdrücklich ein Dorn im Auge sind. Grob gesagt, besagen diese Regeln, dass eine Bank einen Kredit mit mehr eigenem Kapital absichern muss als zuvor. Der Hintergrund ist, dass Banken widerstandsfähiger werden für den Fall, dass Kredite nicht mehr bedient werden. Doch diese Absicherung gibt die Bank an die Endkunden weiter – mit der Folge, dass Kredite teurer werden. „Das war gut gedacht, als die Baukonjunktur gebrummt hat“, sagt Jens Heinert. Doch jetzt würden diese Regeln eher prozyklisch wirken – im Wirtschaftssprech bedeutet das, sie verstärken die Entwicklung und bremsen die Baukonjunktur weiter.

Die wichtigsten Kennzahlen der Sparkassen-Bilanz auf einen Blick.
Die wichtigsten Kennzahlen der Sparkassen-Bilanz auf einen Blick. | Bild: Schönlein, Ute

Und auch bei den staatlichen Förderungen fürs Eigenheim gebe es derzeit ein Wirrwarr, sagt Heinert. Alles in allem würden diese Faktoren dazu führen, dass die Belastung für Bauherren sich etwa verdoppelt habe, bei einem Finanzbedarf von 500.000 Euro also auf mehr als 2200 Euro im Monat.

Dem stellt Heinert eine weitere Zahl entgegen. Etwa ein Drittel des Monatseinkommens würden Deutsche in der Regel fürs Wohnen ausgeben. Das mittlere Einkommen pro Monat lag 2021 laut dem Wirtschaftsmagazin Capital bei 3600 Euro – ein Drittel davon sind nur 1200 Euro und damit deutlich weniger als die beispielhaft errechnete Belastung fürs Eigenheim. „Wie sollen da 400.000 Wohnungen im Jahr entstehen?“, fragt Heinert rhetorisch. Und Alexander Endlich sagt: „Um Wohnungsbau rentabel zu machen, müsste man um ein Drittel höhere Mieten verlangen. Doch wo soll das Geld herkommen?“

Darlehenszusagen sind zurückgegangen

Erkennbar ist die Trübung vor allem am Immobilienmarkt an den Darlehenszusagen. Das Gesamtvolumen ist um 103 Millionen Euro (2021: 630 Millionen Euro; 2022: 527 Millionen Euro) gesunken. Beim Wohnungsbau gingen die Darlehenszusagen um 82 Millionen Euro (2021: 370 Millionen Euro; 2022: 288 Millionen Euro) zurück. Dabei handelt es sich um Darlehenszusagen, nicht bereits laufende Darlehen. An diesem Wert kann man ablesen: Die kreditfinanzierten Investitionen werden sinken.

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Die beiden Vorstände formulieren daher klare Forderungen an die Politik. Die Bankenaufsicht müsse auf die neuen Regeln fürs Eigenkapital verzichten, sagt Endlich. Und Heinert ergänzt, dass die Banken von sich aus darauf aufpassen, dass Kreditnehmer ihre Schulden auch bedienen können. Und der Wohnungsbau müsse staatlich gestützt werden, sagt Heinert, zum Beispiel durch Steuervorteile für Vermieter.

Sparkasse bietet auch für große Vermögen etwas

Gleichzeitig gibt es aber auch in der Region große Vermögen. Deswegen ist die Sparkasse Hegau-Bodensee in ein neues Feld eingestiegen. Wenn jemand sein Vermögen in eine Stiftung einbringen will, gebe es nun eine Stiftergemeinschaft, so Heinert. Grob gesagt, bedeutet das: Bürokratie und Verwaltung übernimmt das Kreditinstitut, der Stifter hat ansonsten aber freie Hand. Auch Testamentsvollstreckung biete die Sparkasse an, sagt Heinert – ein Bereich, der wachse.

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Auch beim abnehmenden Verwaltungsaufwand gibt es einen Pferdefuß. Denn nicht alle Stellen könnten besetzt werden, sagt Jens Heinert. Mit der Folge, dass Kosten sinken, aber auch Arbeit liegen bleibe. Und man rechne mit deutlich steigenden Lohnkosten.

Das Filialnetz steht immer auf dem Prüfstand

Die Filialen habe man ständig im Blick, sagt Endlich. Es sei nicht auszuschließen, dass sich am Netz der mit Personal besetzten Filialen noch etwas tue. Aber: „Die Bargeldversorgung bleibt immer gesichert“, verspricht er. Und eine Fusion mit einer anderen Sparkasse zeichne sich derzeit nicht ab: „Wir haben eine Größe, bei der wir uns wohlfühlen“, sagt Heinert. Die Richtlinie der Sparkasse sei ohnehin, die Wirtschaft in der Region zu bedienen.

Unterm Strich steht für die Sparkasse Hegau-Bodensee ein Betriebsergebnis von 30,3 Millionen Euro (2021: 25,7 Millionen Euro) – ein satter Zuwachs von knapp 18 Prozent. Doch davon müssen laut Alexander Endlich noch andere Kosten wie Gewerbe- und Körperschaftssteuern, Beiträge und Sicherungsmechanismen bedient werden. Etwa 10 Millionen Euro gehen ins Eigenkapital. Und Jens Heinert warnt: „Das wird sich so sicher nicht fortschreiben.“