Herr Schreiber, den meisten Menschen sind Sie als Tagesschausprecher der 20-Uhr-Ausgabe bekannt. Sie sind Journalist, lesen Sie die Nachrichten wirklich nur vor?

Inhaltlich werden die Moderationstexte von den Kolleginnen und Kollegen des Redaktions-Teams vorbereitet und ich präsentiere sie. Das ist meine Aufgabe. Ich habe aber natürlich auch ein Mitspracherecht, etwa wenn mir inhaltlich etwas auffällt, oder was die Aussprache angeht. Dann kann ich es anmerken.

Sicherlich gibt es Nachrichten, die Sie emotional berühren. Fällt es Ihnen schwer, sich das nicht anmerken zu lassen?

Ich vergleiche das gerne mit dem Beruf des Chirurgen, der den ganzen Tag am OP-Tisch steht und schwierige Dinge und Situationen bewältigen muss. Ein bisschen ist das in meinem Job auch so. In solchen Berufen muss man in der Lage sein, Dinge nicht an sich heranzulassen und eine professionelle Distanz zu finden.

Ihnen liegt das Thema Medienkompetenz am Herzen, und Sie gehen dazu an Schulen. Welche Erfahrungen machen Sie im direkten Gespräch mit den Jugendlichen?

Zunächst einmal bin ich immer wieder überrascht und erfreut, wie präsent die Tagesschau als Informationsquelle auch bei jungen Menschen ist. Viele Jüngere schauen die Tagesschau nicht nur, weil sie das von ihren Eltern her kennen, sondern nutzen sie in Verbindung mit den Informationen aus Social Media als grundsätzliche Informationsquelle. Entgegen der allgemeinen Einschätzung habe ich dadurch den Eindruck bekommen, dass die meisten jungen Menschen sehr wohl einschätzen können, welche Informationsquellen vertrauenswürdig sind und welche nicht. Aber natürlich gibt es punktuell Probleme, Personen, die eine gewisse Orientierungslosigkeit äußern.

Sie haben als Jugendlicher eine Zeit lang in Syrien gelebt und die arabische Sprache erlernt. Immer wieder gibt es auch berufliche Anknüpfungspunkte. So haben Sie in Ägypten eine Wissenschaftssendung im TV moderiert, vergleichbar mit der Sendung Galileo.

Ja, ich habe als Jugendlicher nicht nur eine Zeit lang bei einer syrischen Familie in Damaskus gelebt. Darüber hinaus habe ich im Libanon, in Dubai und Ägypten gearbeitet. Die Wissenschaftssendung, die Sie ansprechen, bekam einige Aufmerksamkeit, weil es nicht üblich war, dass ein blonder Deutscher auf Arabisch moderiert. Viele dachten zunächst, das sei synchronisiert.

Sie haben mehrere Bücher geschrieben, Sachbücher, Reiseführer wie auch Romane. Viele davon sind in den Top 10 der Spiegel-Bestseller-Liste gelandet. Einige Ihrer Werke gelten als islamkritisch.

Islamkritisch ist inzwischen eine Art Totschlag-Argument geworden und trifft in meinem Fall auch überhaupt nicht zu. Ich habe als Journalist für mein Buch „Inside Islam“ in Moscheen recherchiert und Freitagspredigten dokumentiert. Ich wollte einen Beitrag dazu leisten, Dinge zu erklären. Das ist, als wenn jemand eine Reportage über das Bahnfahren macht und sich dazu in einen Zug setzt. So bin ich in Moscheen gegangen und habe darüber geschrieben. Die Kritiken zu den Reportagen waren übrigens in der Mehrzahl positiv, das ist mir wichtig zu betonen. Ja, es gab Stimmen, die mich als islamkritisch bezeichneten, das waren aber nur einige wenige – jedoch waren sie dafür sehr laut.

Der Tagesschau-Sprecher Constatin Schreiber aus Hamburg ist, was viele nicht wissen, ebenfalls Jurist mit einer großen Leidenschaft für ...
Der Tagesschau-Sprecher Constatin Schreiber aus Hamburg ist, was viele nicht wissen, ebenfalls Jurist mit einer großen Leidenschaft für das Strafrecht. | Bild: Bernhard Spöttel

„Angeklagt! Schuldig, oder nicht?“ heißt das Bühnenprogramm, mit dem Sie sich aktuell gemeinsam mit Rechtsanwalt Alexander Stevens auf deutschlandweiter Crime-Tour befinden. Wie kam es zu diesem Format?

Die Idee basiert auf seinem Podcast von Alexander Stevens und einer Kollegin, der seit langer Zeit auf Bayern 3 als einer der erfolgreichsten Podcasts der ARD läuft. Er hatte mich dann vor einiger Zeit angeschrieben, ob ich Interesse daran hätte, gemeinsam mit ihm zu arbeiten. Bei mir ist das auf fruchtbaren Boden gestoßen, denn ich bin nicht nur studierter Jurist, sondern auch ein großer True Crime Fan. Wir haben das Live-Konzept bei einigen Terminen ausprobiert, bei denen die Veranstaltungen ruckzuck ausverkauft waren. Für uns war das die Motivation, auf große Deutschland-Tour zu gehen, mit 150 Terminen bis 2026.

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Was genau steckt hinter diesem Programm?

Wir wollen das Prinzip eines amerikanischen Prozesses auf die Live-Bühne bringen. Alexander Stevens ist der Rechtsanwalt, ich schlüpfe in die Rolle des Anklägers und wir verhandeln einen realen Fall. Das Publikum kann die Beweislage und Argumentation verfolgen und per Smartphone mit abstimmen. Es ist ein sehr rätselhafter Fall, mit vielen Wendungen, und am Ende gibt es dann eine Überraschung, wenn das finale Urteil gefällt wird.

Es ist auch ein Buch dazu in Arbeit, oder?

Ja, das Buch wird voraussichtlich im Mai erscheinen und wir planen auch einen Podcast dazu. Die Community ist groß und daher möchten wir regelmäßig spannende neue Fälle liefern.

Sie kommen aus und leben in Norddeutschland. Am 1. Februar sind sie mit Ihrem Live-Programm in der Singener Stadthalle zu Gast. Kennen Sie die Bodenseeregion?

Natürlich kenne ich die Region rund um den Bodensee und habe dort auch schon Urlaub gemacht. Ich habe mit der Familie Wandertouren unternommen und bin nachhaltig beeindruckt von der wunderschönen, reizvollen Landschaft.