„Mord ist ihr Hobby“ ist der Titel einer Krimiserie, die in den 1980er- und 1990er-Jahren viele an den Fernseher fesselte. Im Falle eines 41-Jährigen aus Singen müsste der Serientitel „Verfolgungsjagden und Einbrüche sind sein Hobby“ lauten. Der Mann mit 40 Vorstrafen soll verantwortlich sein für eine Reihe von Einbrüchen in Geschäften und Unternehmen in Singen sowie Hilzingen im Zeitraum von Juni 2023 und Mai 2024.
Vor dem Landgericht Konstanz räumt er die meisten der rund 20 Anklagepunkte ein. Bei denen geht es auch um Rücksichtslosigkeit im Straßenverkehr und Fahrten ohne Führerschein. Einige der Taten wurden gefilmt, auffällig waren dabei weiße Turnschuhe mit einer roten Lasche. Die Polizei in Singen hatte sofort einen Verdacht, wer das sein könnte, als sie die Statur und die Kleidung des Mannes in den Videos sahen. Dieser hatte noch versucht, das Gesicht zu verdecken.
41-Jähriger zertrümmert Türen
„Da braucht man einen Riesenzettel“, sagt der Vorsitzende Richter Joachim Dospil zum Versuch, alle Straftaten zu ordnen, die dem 41-Jährigen zur Last gelegt werden. Laut Anklage ging der Mann rabiat vor, um in Geschäftsräume zu gelangen. Er zertrümmerte Türen, hebelte sie auf, drehte Schließzylinder heraus und richtete oft einen hohen Schaden an.
In einer Bäckerei zum Beispiel raffte der Täter die Tageseinnahme über 1300 Euro zusammen und hinterließ einen Schaden von 1000 Euro. In einer Tierarztpraxis erbeutete er sogar 6800 Euro. In einem Hilzinger Betrieb entwendete er 210 Dosen mit medizinischem Cannabis, Bargeld und elektronische Bankkarten sowie eine Kreditkarte. Der Staatsanwalt beziffert den Gesamtwert des Diebesguts auf 9520 Euro.
Auf über 14.000 Euro kommt er bei einem Einbruch in einer Singener Beratungsstelle. Dort nahm der Täter einen Tresor mit Bargeld, Lebensmittelgutscheinen und Ukraine-Hilfen mit. Der Umfang der Taten deutet darauf hin, dass der Mann mit Einbruch seinen Lebensunterhalt verdiente.
Doch damit nicht genug: In Konstanz händigte ihm eine Veranstaltungsfirma auf Kaution technische Geräte im Wert von über 7000 Euro aus, die er nie zurückgebracht haben soll. An Tankstellen in Rottweil und Geisingen soll er Benzin bezogen haben, ohne es zu bezahlen. Weiter soll er, ohne Führerschein, mit einem Wagen gefahren sein, auf das Kennzeichen anderer Autos montiert waren.
Mann will Zollkontrolle entkommen
Angeklagt sind auch zwei wilde Verfolgungsjagden in Singen. Einmal habe er einer Polizeikontrolle entkommen wollen, ein anderes Mal einer des Zolls. Der Mann soll das Anhaltezeichen des Zolls missachtet und aufs Gas gedrückt haben. Beim Überholen soll er ein Fahrzeug gestreift und die Kontrolle über sein Auto verloren haben. Vom Grünstreifen aus soll er den Wagen zurückgesetzt haben und auf einen Beamten zugefahren sein. Dieser sei beiseite gesprungen und habe einen Schuss auf den Reifen abgegeben.
Mehrfach wird der Täter gefilmt, und zwar an Bankautomaten beim Abheben von insgesamt 2640 Euro mit gestohlenen Bankkarten, bei Einbrüchen, beim Veranstaltungsunternehmen und an den Tankstellen, wo er das Benzin nicht bezahlt hat. Auffällig auf den Bildern sind die Schuhe. „Das war für uns ein wichtiger Hinweis“, sagt ein Polizeibeamter aus Rottweil als Zeuge vor dem Landgericht.
Alkohol und Drogen zeichnen sein Leben
Der Angeklagte kommt aus einem sozialen Brennpunkt in Singen. Er selbst sagt, er habe eine gute Jugend gehabt. Doch schon mit zehn oder elf Jahren fing er an zu trinken. Nach der fünften Klasse wollte ihn keine Schule mehr aufnehmen, weil er aggressiv gegen Mitschüler und Lehrer war. Aus dem Bericht der Gerichtshilfe geht hervor: Mit 16 Jahren kam er erstmals in Haft, lernte erst dort lesen und schreiben und holte seinen Hauptschulabschluss mit der Note 2,1 nach.
Bei einer anderen Inhaftierung fing er eine Qualifizierung für einen Metallberuf an. Doch die Wende im Leben blieb aus. Mit 22 Jahren begann er mit Kokain, Heroin und anderen Drogen. Seitdem begeht er immer wieder Straftaten, um seinen Konsum zu finanzieren. Der Angeklagte, der ein Kind hat, sagt über sich selbst, er habe zusammengerechnet wahrscheinlich 15 Jahre im Gefängnis verbracht.
Seine letzte Entlassung sei besonders dramatisch gewesen. Er habe ohne Dach über dem Kopf und ohne Arbeit ums Überleben gekämpft. Er sei stark abgemagert. Heute bekommt er in Haft Methadon und andere Ersatzstoffe. Er sei froh, dass er die Dosis reduzieren konnte. Bisher hatte noch keine Therapie nachhaltig Erfolg. Der Angeklagte träumt aber von einem Leben ohne Drogen, wie er erklärt.
Zwei Angeklagte kommen nicht zur Verhandlung
Ursprünglich sollten drei Männer als mutmaßliche Täter vor Gericht erscheinen. Doch zwei kamen nicht, sie wollen krank gewesen sein. Die Polizei wurde zu ihnen geschickt, traf sie aber nicht an ihren Wohnadressen an. Letztlich wurden die Verfahren abgetrennt, sodass erst einmal gegen den 41-Jährigen allein verhandelt wird. Der betont, er habe allein gehandelt, ohne dass andere geholfen haben.
Der Prozess gegen den 41-Jährigen geht am Dienstag, 18. Februar, weiter.