Eine ruhige Kugel schieben? Nicht beim Kegelclub SKG 77 Singen. 120 Würfe am Stück machen die Sportler mit der knapp drei Kilogramm schweren Kugel. Für die Jüngeren gibt es natürlich erstmal noch etwas kleinere und leichtere Kugeln, doch an der Anzahl der Würfe ändert sich für sie nichts. Um den Körper darauf einzustellen, wärmen sich die jungen Nachwuchskegler deshalb erstmal mit Seilspringen auf. Derweil berichten Jürgen Ruch, Spieler der ersten Herrenmannschaft, und Jugendtrainer Günther Schmid über ihren Lieblingssport.

Kegeln ist nicht gleich Kneipensport

Ruch möchte vor allem eines: Mit dem Vorurteil aufräumen, das Kegeln sei eine aussterbende Sportart. Auch dass der Kegelsport oft mit der entspannten Atmosphäre einer Kneipe in Verbindung gebracht wird, missfällt dem Sportler: „Dieses Kneipenimage gibt es hier nicht. Während des Wettkampfes gilt für die Spieler ein absolutes Alkoholverbot“, erklärt er. Was wohl auch viele verkennen, erklärt Trainer Schmid: „Was bei dem Sport wahnsinnig unterschätzt wird, ist die Konzentration.“ Die beiden sind sich einig: Beim Kegeln gehe es um deutlich mehr, als nur ein paar Kugeln zu werfen. Denn es bedarf Ausdauer, Konzentration und Fitness.

Wie steht es um die Mitgliederzahlen?

Hierzulande gebe es im Disziplinverband des klassischen Kegelns etwa 40.000 Mitglieder, wie eine Sprecherin des Deutschen Kegelbundes auf Nachfrage des SÜDKURIER mitteilt. Dabei seien vor allem im Schwarzwald und in Ostdeutschland viele Kegelclubs vertreten. Anders als hier im Süden, sei der Kegelsport im Osten deutlich angesehener und würde mehr Interesse der Medien erfahren.

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Doch wie der SKG 77 Singen zeigt, gibt es auch hier in der Gegend starke Clubs: etwa 30 aktive Spieler hat der Verein, erklärt Ruch. Diese teilen sich in fünf Teams, bestehend aus jeweils sechs Spielern, auf: zwei Herrenmannschaften, eine Damenmannschaft, sowie zwei Mixed Teams, bei denen Jung und Alt, Frauen und Männer ein Team bilden können, führt er aus. Dabei gilt zu bedenken: „Wenn vier auf der Bahn sind, ist es voll und die sind dann erstmal eine Stunde beschäftigt. Beim Fußball stehen 22 gleichzeitig auf dem Platz“, erklärt Jugendtrainer Schmid. Man könne die Mitgliederzahlen eines Kegelclubs also nur schwer mit der eines Fußballvereines vergleichen, betont er.

Vielen Keglern fehlt eine Sportstätte

Der Kegelsport unterscheidet sich nicht nur in der Mitgliederanzahl von populäreren Sportarten wie Handball oder Fußball: „Der Sport ist nicht so gesegnet, dass jeder Club Sponsoren hat oder eine Spielstätte gestellt bekommt“, meint Ruch. In den vergangenen Jahren stünden viele Clubs vor einem Problem: „Die meisten Clubs haben in Lokalen angefangen. Allerdings wurde nicht bedacht, dass es diese Lokalitäten irgendwann nicht mehr gibt“, sagt Schmid.

„Wir haben Glück gehabt, dass die Stadt Singen uns so tatkräftig unterstützt hat“, fügt er hinzu. Denn mit über 150.000 Euro bezuschusste die Stadt die Sanierung der Kegelbahn im ESV-Clubheim, um dem Club ein neue Spielstätte zu ermöglichen, nachdem sie ihre vorherige in Twielfeld verlassen mussten.

Jürgen Ruch spielt seit einigen Jahren für den SKG 77. Er möchte zeigen, wie gut es in einem Kegelclub laufen kann.
Jürgen Ruch spielt seit einigen Jahren für den SKG 77. Er möchte zeigen, wie gut es in einem Kegelclub laufen kann. | Bild: SKG 77

Das sei keinesfalls die Regel, denn häufig müssten sich mehrere Clubs eine Bahn teilen, da nicht alle die Mittel und Unterstützung für eine eigene Kegelbahn hätten, erklärt Schmid. Auch in Singen sei dies der Fall, denn die Konstanzer haben seit einigen Jahren keine eigene Spielstätte mehr und trainieren daher ebenfalls im ESV-Clubheim, sagt Ruch. Eine weit entfernte Spielstätte sei allerdings vor allem für die Nachwuchssportler ein Problem, meint der Spieler. Das Training finde meist gegen Abend statt und dauere eine längere Zeit. Im Anschluss zum Bahnhof zu gelangen und nach Konstanz zu fahren, sei nicht gerade ideal, so Ruch.

Drei Trainer sorgen für gute Jugendarbeit

Nichtsdestotrotz gibt es einige junge Kegler im ESV-Vereinsheim. Dafür gibt es auch einen guten Grund: „Viele Kids benötigen viele Hände, die die Kids begleiten“, weiß Jürgen Ruch. Beim SKG 77 gibt es gleich drei Jugendtrainer: Harald Walz, Günther Schmid und Tobias Schlatter. Das gebe es nicht überall, denn es sei immer eine Herausforderung, Menschen für solch ein zeitintensives Ehrenamt zu finden – egal in welchem Verein, meint Ruch. In Vereinen ohne intensiv begleitetes Jugendtraining seien dann auch überwiegend Kinder und Jugendliche, deren Eltern den Sport selbst betreiben, schätzt er. Beim Singener Kegelclub sei das anders: „Bei uns sind auch viele Kinder, deren Eltern nicht spielen“, sagt er.

Nach dem harten Training rücken die Nachwuchssportler zusammen: Kai Andris, Nathalie Gruber, Lara Andris, Chiara Plohmann (hinten von ...
Nach dem harten Training rücken die Nachwuchssportler zusammen: Kai Andris, Nathalie Gruber, Lara Andris, Chiara Plohmann (hinten von links), Melina Schmid, Sandy Braun, Nico Kleeschulte und Philip Ruch (vorne von links). | Bild: Laura Lerch

Das gute Training zahlt sich aus: Bei der vergangenen Bezirksmeisterschaft des Kegelbezirks Bodensee-Schwarzwald konnten einige junge Sportler absahnen. Gleich zwei erste Plätze gab es: für Lara Andris in der U14 und für Chiara Plohmann in der U18 Weiblich. Philip Ruch (U14 Männlich) und Nathalie Gruber (U18 Weiblich) belegten den zweiten Platz. „Die Jugendarbeit wird hier sehr sportlich genommen. Es ist unser Ziel, dass auch welche national oder gar international bekannt werden“, sagt Jürgen Ruch.

Für die Jugendarbeit wurde der SKG 77 im Jahr 2018 auch mit dem goldenen Gütesiegel des Deutschen Kegelbundes ausgezeichnet. Dieses könne man nur erhalten, wenn mindestens ein jugendlicher Spieler Teil des Nationalkaders ist, erklärt Trainer Schmid. Damals war es Moritz Walz.

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Mit Blick auf Deutschland zeigt sich ein Zuwachs bei der Jugend, wie eine Sprecherin des Deutschen Kegelbundes mitteilt. „Unser Jugendvorstand ist da sehr aktiv mit Michael Parzefall“, fügt sie hinzu. Positive Aussichten, die auch der SKG 77 für seinen Verein teilt: „Wir schauen optimistisch in die Zukunft“, sind Jürgen Ruch und Günther Schmid sich einig.