Schon jetzt sieht es nicht so aus, als ob das Amtsgericht Singen arg klein wäre. Denn zu dem Sitz in der Erzbergerstraße in der Nordstadt gehören neben Alt- und Neubau auch ein großes, parkähnliches Grundstück und ein Parkplatz, der von der Erzbergerstraße aus angefahren werden kann. Demnächst soll anstelle des Parkplatzes noch ein drittes Gebäude entstehen, das dann genug Platz bietet, um die bisherige Außenstelle aufzulösen, die ebenfalls zum Amtsgericht gehört – denn bisher sind einige Abteilungen in der Julius-Bührer-Straße untergebracht.

Doch das Neubauprojekt direkt neben dem Gefängnis, in dem nur männliche Gefangene im Alter von mehr als 60 Jahren untergebracht sind, sorgt auch für Kritik. Der bisherige Entwurf, der über den Gemeinderatsausschuss für Stadtplanung, Bauen und Umwelt (SBU) auch öffentlich bekannt ist, wurde von Anwohnern bemängelt, die laut den Informationen in der Sitzung vor allem die Position von Parkplätzen und Wärmepumpen kritisch sahen. Das wurde in der Ausschusssitzung im September deutlich.

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Dass der Neubau sinnvoll ist, erklären nun Christoph Reichert, Präsident des Konstanzer Landgerichts, Anke Baumeister, Richterin am Amtsgericht Singen und dessen kommissarische Direktorin, und Fabienne Merzinger, Verwaltungsleiterin des Amtsgerichts. Verbesserungen soll es vor allem bei den Themen Bürgerfreundlichkeit, Sicherheit und Umweltschutz geben.

Denn die Außenstelle in der Julius-Bührer-Straße sorge immer wieder für Verwirrung. „Manche Menschen landen am Sitz des Amtsgerichts in der Erzbergerstraße, obwohl sie in die Julius-Bührer-Straße hätten gehen müssen“, sagt Reichert. Und Merzinger ergänzt, dass der barrierefreie Zugang beim Neubau schon an der Bordsteinkante anfangen soll – nicht ganz unwichtig, denn gerade in der Nachlassabteilung seien durchaus ältere Menschen unterwegs, die nicht mehr gut zu Fuß sind. In der Außenstelle sei der barrierefreie Zugang zwar vorhanden, aber viel schwieriger zu finden, sagt Baumeister.

Sicherheit ist ein Schwerpunkt beim Neubau

Zum Konzept gehört auch, dass der geplante Neubau den aktuellsten Sicherheitsmaßstäben entsprechen soll. So soll darin unter anderem ein Sitzungssaal für Gerichtsprozesse entstehen, in den Angeklagte, die aus der Untersuchungshaft kommen, getrennt vom Publikum hineingeführt werden können, erklärt Merzinger. Auch die Zeugen und Nebenkläger könnten dann von den Angeklagten getrennt werden.

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Als Hintergrund des landesweiten Sicherheitskonzepts für die Justiz nennt Christoph Reichert: „Seit etwa 20 Jahren gibt es immer mehr Vorfälle, die sicherheitsrelevant für die Mitarbeiter sind.“ Außerdem würden Verfahren immer komplexer und haben mitunter viele Beteiligte, ob Angeklagte oder Verteidiger. „Dafür braucht man passende Säle“, erklärt Fabienne Merzinger.

Eine weitere Grundforderung des Sicherheitskonzepts im Land sei auch die Trennung von öffentlich zugänglichen Bereichen und den Büroräumen, so Reichert. Denn: „Es gibt immer mehr Menschen, die staatliche Autorität in Frage stellen und beispielsweise direkt in Büros kommen.“ Diese Trennung sei im bestehenden Alt- und Neubau bereits umgesetzt, sagt Merzinger.

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Und die Umwelt? Die soll davon profitieren, dass die Gebäude künftig mit Wärmepumpen beheizt werden: „Auch das Land ist, wie alle Bauherren, verpflichtet, ökologisch zu bauen“, sagt Reichert dazu. Die Position der Wärmepumpen hat für Kritik von Anwohnern gesorgt. Denn diese sind im Plan in der Nähe der Nachbarhäuser eingezeichnet, die die Geräusche abbekommen würden.

Doch Verwaltungsleiterin Merzinger sagt, es sei noch nicht abschließend klar, wo diese hinkommen. Die Ausführungsplanung, nach der tatsächlich gebaut wird, sei noch nicht begonnen, erklärt auch Sieglinde Neyer-Bedenk, Leiterin des Konstanzer Amts von Vermögen und Bau Baden-Württemberg. Das Amt tritt als Bauherr auf, denn die Gerichtsgebäude sind im Landesbesitz.

Gespräch mit Anwohnern ist noch geplant

Einen Ortstermin mit Anwohnern wolle man anbieten, bevor es an die Ausführungsplanung geht, schreibt Neyer-Bedenk weiter. Laut der Pressestelle der Singener Stadtverwaltung werde die Stadt versuchen, bei diesem Termin die Kompromissfindung zu unterstützen.

Auch bei der Stadt hat das Projekt inzwischen eine Vorgeschichte. Denn die Baupläne waren nicht nur wegen einer nötigen Befreiung vom Bebauungsplan Gegenstand der Beratung im SBU. Auch der Gestaltungsbeirat hat sich schon damit befasst – nicht-öffentlich, weil ein Gericht auch eine sicherheitssensible Einrichtung ist, wie Thomas Mügge, Fachbereichsleiter Bauen bei der Stadtverwaltung, bereits bei anderer Gelegenheit erklärte.

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Aus der Pressestelle heißt es nun, der Vorschlag des Gestaltungsbeirats, Parkplätze einfach in einer Tiefgarage unterzubringen, sei aus Sicherheitsgründen nicht weiter verfolgt worden. Die Lage der Parkplätze in der Nähe der Nachbarhäuser hat laut den Informationen im SBU ebenfalls Kritik hervorgerufen. Fabienne Merzinger betonte nun, dass dort nur zu den üblichen Bürozeiten von Mitarbeitern geparkt werde und dass die Plätze nur durch eine Schranke zugänglich seien.

Auch zum Thema Wärmepumpen positioniert sich die Stadt klar. Sie dürfen nur „gebietsverträglich emittieren“, heißt es in der Stellungnahme. Mit dem bürokratischen Ausdruck ist gemeint: Die Wärmepumpen dürfen nicht lauter sein als die erlaubten Grenzwerte. Und in den Augen der Stadtverwaltung sind dort die Grenzwerte für ein allgemeines Wohngebiet anzusetzen. Ehe genehmigt werden kann, müsse die entsprechende Prognose daher überarbeitet werden.