Das Ende der Singener Neurochirurgie-Praxis von Bahram Hashemi hat für Aufsehen gesorgt. Kürzlich hat erstmals eine Gerichtsverhandlung Einblick dazu gegeben, warum der Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz (GLKN) die Kooperation mit dem überregional bekannten Arzt im Jahr 2021 gestoppt hat (siehe Kasten). Hashemi selbst setzt sich unterdessen intensiv gegen die Vertragskündigung zur Wehr. Er äußert sich aber nicht öffentlich zu den Vorgängen, wie Anwältin Tatjana Wolf, die ihn in Zivilsachen vertritt, mitteilt. Der Anlass, bei dem die Hintergründe zur Sprache kamen, war dann auch ein Gütetermin vor dem Konstanzer Landgericht. Dabei ging es um Hashemis Klage gegen die Kündigungen.

Auch wenn es dabei keine Einigung gab, wurde durch die Verhandlung deutlicher, warum das Krankenhaus die Zusammenarbeit beendet hat. Der Vorwurf lautet: Hashemi soll äußerst schwerwiegende Vorwürfe gegen Dritte in Umlauf gebracht haben. Diese haben sogar die Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen und zu Ermittlungen veranlasst. Dies geht aus den Ausführungen der Vorsitzenden Richterin Ulrike Hohlfeld im Zivilverfahren hervor.

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Laut Hohlfeld betrafen Vorwürfe und Ermittlungen einen Klinikarzt und einen Kollegen des Klägers, die Ermittlungen seien aber im Mai 2021 eingestellt worden. Im Januar 2021 sei der Vorgang dem Krankenhaus bekannt geworden. Es sei zu einem Gespräch zwischen GLKN-Geschäftsführer Bernd Sieber und dem Honorararzt gekommen, was sich mit früheren Schilderungen Siebers deckt. Dem Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Klinikleitung scheint das nicht gut getan zu haben: Der Inhalt dieses Gesprächs sei zwischen den Parteien streitig, so Hohlfeld.

Ihre Ausführungen deuten auf einen Konflikt unter Ärzten hin, der nicht immer mit fairen Mitteln ausgetragen wurde: Das Krankenhaus habe eine eidesstattliche Erklärung von Hashemi verlangt, die nicht eingegangen sei, erklärte Hohlfeld. Auch Sieber hatte bereits von letztlich unhaltbaren Vorwürfen von Hashemi gegen Dritte berichtet. Als die Staatsanwaltschaft diese Vorwürfe fallen ließ, war für Sieber offenbar das Maß voll: Wie nun vor Gericht deutlich wurde, datiert die erste Vertragskündigung vom 2. Juni 2021.

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Hashemi kämpft weiter gegen die Vertragskündigung an. Beim Gütetermin vor dem Landgericht ging Hashemi auf ein Angebot von GLKN-Anwalt Till Flachsbarth nicht ein. Dieser hatte einen Termin vorgeschlagen, zu dem man die Verträge regulär hätte beenden können. Nachdem es nicht zur Einigung gekommen war, entschied das Gericht in erster Instanz zugunsten des Krankenhauses, wie Mirja Poenig, Richterin und Pressesprecherin am Landgericht, auf Anfrage mitteilt. Die fristlose Kündigung von Kooperations- und Mietvertrag durch den GLKN war in den Augen des Gerichts also korrekt. Außerdem wurde der Arzt laut Gerichtssprecherin Poenig auf die Widerklage des GLKN verurteilt, seine früheren Praxisräume im Singener Krankenhaus zu räumen. Hashemis Anwältin Wolf schreibt indes auf Anfrage, sie sei mittlerweile in Berufung beim Oberlandesgericht Karlsruhe gegangen. Ansonsten ist sie zurückhaltend mit Informationen. GLKN-Chef Sieber zeigt auf Anfrage demonstrativ Gelassenheit: Man sei nicht nervös.

Bei Gericht wird auch klar: Es ist auch viel Geld im Spiel

Da Hashemi sich nicht selbst äußert, bleiben seine Motive für die zähe juristische Auseinandersetzung unklar. Vor dem Landgericht wurde allerdings deutlich, dass es auch um viel Geld geht. Anwältin Wolf erwähnte den Schaden, der ihrem Mandanten entstanden sei, weil er nun nicht mehr operieren könne. Beträge von 300.000 bis 400.000 Euro standen im Raum, was sich seitdem erhöht haben dürfte. Es gebe daher Klärungsbedarf in der Frage von Schadenersatz. GLKN-Anwalt Flachsbarth konterte, dass das Krankenhaus selbst Schadenersatz verlangen könnte.

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Unstimmigkeiten beim Geld waren eine der Grundlagen für die Entscheidung des Landgerichts nach dem Gütetermin und wurden im Saal ausführlicher behandelt. Dabei ging es um zwei privat versicherte Patientinnen, die bei Hashemi in stationärer Behandlung waren. Mutmaßlich wurden dieselben Leistungen sowohl über Krankenhaus als auch über Praxis abgerechnet.

Es ging um Summen von etwa 5000 und etwa 4000 Euro, die 2021 geflossen sind und die das Krankenhaus zu weiteren Vertragskündigungen veranlassten. Im Bereich privat abgerechneter Krankenhausaufenthalte sind das eigentlich keine großen Beträge. Doch der Arzt hätte zu diesem Zeitpunkt zusätzliche Leistungen nicht mehr selbst abrechnen dürfen. Eine entsprechende Berechtigung sei Anfang 2019 aus dem Kooperationsvertrag zwischen Klinik und Honorararzt gestrichen worden, wie Richterin Hohlfeld sagte.

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Die Abrechnung hätte also nur durch das Krankenhaus erfolgen dürfen. Hashemi rechtfertigte sich in der Verhandlung unter anderem damit, dass er für Rechnungen und Kostenvoranschläge nur eine Sorte Formulare habe, und mit Versehen seiner Mitarbeiterinnen. Die Beträge seien offenbar versehentlich geflossen und sofort erstattet worden, als ihm das bekannt geworden sei.

Das Gericht hat das nicht überzeugt. Gerichtssprecherin Poenig schreibt: „Die Kammer sah es insofern als erwiesen an, dass er (Hashemi, d. Red.) vorsätzlich privates Honorar verlangt hat von einer stationär behandelten Patientin in dem Wissen, dass er hierzu nicht berechtigt war.“ Im zweiten Fall habe das Gericht keinen Beweis mehr über den Vorsatz erhoben, da bereits der erste Fall als ausreichend für die Entscheidung betrachtet wurde, so Poenig. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.