Alles so schön bunt hier, wenn man sich wenige Tage vor der Europa- und Kommunalwahl auf Singener Straßen umschaut. Da werben alle Parteien mit ihren jeweiligen Farben, Spitzenkandidaten, Regierungsmitgliedern und natürlich mit ihren Kandidaten für die Gremien, um die es geht – auf der lokalen Ebene um Kreistag, Gemeinde- und Ortschaftsräte.
Seit einigen Tagen ist auch das Blau der AfD dazugekommen und an einigen Stellen in der Stadt zu finden. Zum Beispiel am Singener Ortseingang beim Aluminiumwerk in der Radolfzeller Straße. Die kleine Grünfläche am Abzweig der Hans-Constantin-Paulssen-Straße ist traditionell ein Ort, auf dem Parteien großformatige Plakate unterbringen. Doch wo die Großformate in den zurückliegenden Jahren in der Regel nebeneinander standen, sodass man alle ähnlich gut sehen konnte, drängelt sich nun eines in den Vordergrund: das der AfD. Die Plakatwände von SPD und Grünen sind dahinter längst nicht mehr so gut zu erkennen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt?
Auch beim Kreisverkehr am Ortseingang an der Georg-Fischer-Straße prangt nun ein blaues AfD-Plakat an einem Bauzaun. Neben einem kleineren Bild mit den Gesichtern der vier Singener Gemeinderatskandidaten wirbt die AfD mit dem Spruch „EU-Macht begrenzen“ für – oder vielleicht auch eher gegen – die Europawahl. Und auf dem Großformat daneben steht in großen Lettern „Für Deutschland!“. Arg viel Mitsprache haben die Singener Gemeinderäte auf diesen politischen Ebenen allerdings nicht.
Manchmal kommt die Staatsanwaltschaft ins Spiel
Die Stadtverwaltung gebe für bestimmte Flächen eine pauschale Genehmigung, ein Wahlplakat aufzustellen, sagt Ordnungsamtsleiter Marcus Berger auf Anfrage. Wo auf einer Fläche ein Plakat genau aufgestellt werden darf, sei damit aber nicht festgelegt. Daher würde das Amt erst nachsehen, wenn es eine Beschwerde gebe.
Für Wahlplakate gelte allgemein: Ist ein Straftatbestand klar, weil beispielsweise verbotene Parolen aus der Nazi-Zeit zu lesen sind, werde die Stadtverwaltung von sich aus aktiv. Ansonsten reagiere man auf Beschwerden, so Berger. Ob die Grenze zur Strafbarkeit überschritten ist, müsse die Staatsanwaltschaft feststellen – und erst dann könne man die Entfernung eines Plakats verlangen.

Bei einem Plakatmotiv der AfD habe es eine solche Beschwerde inzwischen gegeben, sagt Berger. Es zeigt eine Frau mit blutigen Wunden vor einem Sofa. Das Bild legt nahe, dass die Frau geschlagen worden ist. Dazu plakatiert die AfD den Slogan „Frauen schützen – Abschiebung schafft Sicherheit“. Wie Abschiebungen vor häuslicher Gewalt im großen Stil schützen sollen, wird auf dem Plakat allerdings nicht klar. 2022 waren laut dem Bundeskriminalamt etwa zwei Drittel der Tatverdächtigen im Bereich häusliche Gewalt deutsche Staatsbürger. Und von den anderen Tatverdächtigen haben auch noch einige einen EU-Pass.
Die Beschwerde über das Plakatmotiv gehe nun an die Staatsanwaltschaft, sagt Marcus Berger. Wie das ausgeht? Ist offen.