Ja oder Nein? Das sollten die Listen, die zur Kommunalwahl 2024 in Singen antreten, dem SÜDKURIER auf zehn Fragen antworten. Da es manchmal auch ein Abwägen und ein Vielleicht ist, hatten sie auch die Möglichkeit, sich mit kurzen Statements zu wichtigen Themen der nächsten Jahre zu äußern. CDU und Neue Linie haben dabei vollständig auf eine konkrete Ja- oder Nein-Angabe verzichtet.
1. Windräder und Sonnenkraftwerke sind wichtiger als der Landschaftsschutz.
- CDU: Beides ist wichtig. Windräder und Sonnenkraftwerke sollten weiter ausgebaut werden, selbstverständlich muss dadurch auch der Landschaftsschutz gewährleistet sein.
- SPD: Nein. Wer Natur und Landschaft wirksam schützen will, erzeugt Strom vorrangig aus erneuerbaren Energien. Wind und Sonne sind dafür unverzichtbar.
- Grüne: Ja. Um den Klimawandel aufzuhalten, ist die Energiewende unverzichtbar und verändert unsere Landschaft in viel geringerem Maße als Waldsterben, Dürren und Unwetterkatastrophen.
- Freie Wähler: Ja. Ohne Ausbau der regenerativen Energien werden wir langfristig keine intakten Landschaften mehr zu schützen haben und die Energiewende nicht erreichen.
- FDP: Nein für Windräder, die Auslastung der bestehenden Anlagen ist niedrig; ihr Beitrag zur Energiegewinnung gering. Ja zu Solarenergie, Landschaftsschutz ist essenziell.
- Neue Linie: Landschaftsschutz hat genau so hohe Bedeutung wie Windräder oder Sonnenkraftwerke. Man sollte abwägen, ob es Sinn macht, etwa Windräder zu errichten, wo es nur mäßig weht.
- SÖS: Man muss in jedem Einzelfall abwägen, was wichtiger ist.
- AfD: Nein, eine Technologie-offene Energieerzeugung (lastfähig, wirtschaftlich, effizient) unter Betrachtung des Landschafts- und Gesundheitsschutzes ist zu wählen.
2. Unsere Kommunen sind bei der Flüchtlingsunterbringung schon jetzt überfordert.
- CDU: Ja, und zwar seit Jahren. Integration ist bisher in wesentlichen Teilen nicht gelungen. Weitere Flüchtlingsaufnahmen müssen unter Beachtung des Asylrechts reduziert werden.
- SPD: Ja, denn die Hilfen von Bund und Land für Unterkünfte, Sprachkurse und Förderung der Integration vor allem in den Arbeitsmarkt reichen nicht aus.
- Grüne: Ja. Asyl ist ein Menschenrecht. Bei der Unterbringung Flüchtender werden die Kommunen derzeit allerdings noch zu oft von Bund und Ländern alleine gelassen.
- Freie Wähler: Ja. Flüchtlingsunterbringung bedeutet auch gesellschaftliche Integration. Dazu bedarf es enormer Ressourcen wie Kitas, Schulen, Betreuung und Wohnraum.
- FDP: Ja, viele Kommunen sind am finanziellen und personellen Limit; Unterstützung auf überregionaler Ebene ist erforderlich.
- Neue Linie: Ja, dem ist leider so, da die Stadt bei der Zuteilung der Flüchtlinge wenig steuern kann. Dies stellt unsere Kommune vor sehr große Herausforderungen.
- SÖS: Ja, vor allem was die Kosten angeht, aber auch Anschlussunterbringung und Plätze in Kita und Schule sind kaum noch leistbar.
- AfD: Ja, die Überforderung ist personell, finanziell, in der Wohnraumversorgung, bei Kindergartenplätzen, sprachlich und bei beruflicher Integration bereits eingetreten.
3. Innerorts sollte durchgehend Tempo 30 gelten.
- CDU: Die CDU ist ganz klar gegen ein flächendeckendes Tempo 30 in der Stadt.
- SPD: Ja, mit Ausnahme eines Vorrang-Netzes, das den Durchgangsverkehr bündelt und Wohngebiete und die Innenstadt bestmöglich entlastet.
- Grüne: Ja. Tempo 30 reduziert nachweislich Lärm- und Abgasemissionen, erhöht die Lebensqualität und schützt die Menschen, die an stark befahrenen Straßen leben müssen.
- Freie Wähler: Nein. In reinen Wohngebieten wünschen wir uns Tempo 30, aber auch in großen Straßen sollte nachts Tempo 30 sein.
- FDP: Nein, Verkehrsdichte und -wichtigkeit einzelner Straßen variieren; differenzierte Regelungen sind daher sinnvoll.
- Neue Linie: Nein. In Industrie- und Gewerbegebieten sollte Tempo 30 nicht angewandt werden, zur Lärmreduzierung aber in Wohngebieten. Auf Durchgangsstraßen sollte Tempo 30 höchstens zeitlich begrenzt sein.
- SÖS: Das wäre für alle die einfachste Lösung, weniger Schilder, weniger Lärm, weniger Umweltbelastung.
- AfD: Nein. In der Nähe von Kindergärten, Schulen sowie an Unfallschwerpunkten oder Baustellen im städtischen Bereich ist Tempo 30 sinnvoll und akzeptabel.
4. Die Stadt Singen ist bereits ausreichend fahrradfreundlich, mehr Radwege braucht es nicht.
- CDU: Die Stadt Singen ist ausreichend mit Fahrradwegen versorgt. Einen weiteren Ausbau sehen wir in der aktuellen wirtschaftlichen Situation der Stadt als nicht angebracht.
- SPD: Nein. Es gibt in Singen noch genügend Eng- und Gefahrenstellen, die das Radfahren als schnelles, bequemes und gesundes Verkehrsmittel noch erschweren.
- Grüne: Nein. Singen ist auf einem guten Weg, eine fahrradfreundliche Stadt zu werden. Um dieses Ziel zu erreichen, muss weiter in den Ausbau der Radwege investiert werden.
- Freie Wähler: Nein. Wir befürworten die Stärkung des Fuß- und Radverkehrs unter anderem durch den Ausbau einer Fahrradstraße in Ost-West-Richtung.
- FDP: Nein, während einige gute Strecken existieren, fehlen finanzielle Mittel für umfassende Verbesserungen.
- Neue Linie: Singen ist sicher fahrradfreundlich. Wenn es sinnvolle Möglichkeiten gibt, weitere Radwege zu installieren, sollte man dies tun.
- SÖS: Es gibt noch einige Lücken zu schließen.
- AfD: Nein, im Hinblick auf die Finanzierung sollte das Hauptaugenmerk auf Sanierung und Sicherung liegen. Keine weitere Einschränkung des Berufs- und Lieferverkehrs.
5. Das Einfamilienhaus ist hinsichtlich Klimaschutz und Flächenverbrauch ein überholtes Modell.
- CDU: Einfamilienhäuser haben ganz klar weiter Daseinsberechtigung. Dabei geht es nicht nur um den Klimaschutz, auch der soziokulturelle Hintergrund muss beachtet werden.
- SPD: Nein. Aber reine Einfamilienhaus-Siedlungen sind überholt und für viele Menschen nicht mehr bezahlbar. Der Markt verlangt flächensparende wie familienfreundliche Wohnformen.
- Grüne: Ja/Nein. Die Stadt sollte vermehrt auf familienfreundliche Geschossbauweise und Innenentwicklung setzen, um unnötige Flächenversiegelung zu vermeiden.
- Freie Wähler: Ja, aber nur hinsichtlich Klimaschutz- und Flächenverbrauch. Trotzdem haben Einfamilienhäuser nach wie vor ihre Berechtigung.
- FDP: Nein, individuelle Wohnpräferenzen müssen respektiert werden; alternative Wohnkonzepte fördern.
- Neue Linie: Jedem sollte überlassen werden, wo und wie er gerne wohnt. Sonst müsste man fragen, wie viele Quadratmeter jedem zustehen. Ein Einfamilienhaus kann man sich nur schwer leisten.
- SÖS: Grundsätzlich ja.
- AfD: Nein, neue Modelle (Planung, Gestaltung, Sanierung) können Flächenverbrauch minimieren. Moderne Materialien/Technologien können effektiven Klimaschutz bewirken.
6. Flächenmäßig ist in Singen das Ende des Wachstums erreicht, jetzt darf es keine neuen Baugebiete mehr geben.
- CDU: Singen ist eine florierende Industrie- und Handelsstadt, damit dies so bleibt und die Wirtschaftskraft gestärkt wird, müssen weitere Baugebiete ausgewiesen werden.
- SPD: Nein, aber das Baugebiet Tiefenreute wird das letzte größere neue Baugebiet in Singen sein. Bezahlbares Wohnen wird es nur geben, wenn flächen- und energiesparend gebaut wird.
- Grüne: Nein. Um den Wohnungsdruck zu verringern, wird Singen auch weiterhin wachsen müssen. Dabei sollte allerdings viel mehr auf effiziente Nutzung der Flächen geachtet werden.
- Freie Wähler: Nein. Auch zukünftige Generationen brauchen Baugebiete. Flächenverbrauch und Ressourcenschonung müssen aber höhere Priorität erhalten.
- FDP: Nein, trotz begrenzter Fläche wird weiterhin Wohnbedarf bestehen; jedoch ist sorgfältige Planung nötig.
- Neue Linie: Es gibt sicher noch Möglichkeiten kleinere Baugebiete zu erschließen. Wenn dies möglich und sinnvoll ist, muss man solche Möglichkeiten auch nutzen.
- SÖS: Nein, wir brauchen mehr bezahlbaren Wohnraum im Mehrgeschossbau.
- AfD: Nein, Ansiedlung von Industrie, Gewerbe, Wohnraum als Element einer wirtschaftlichen, florierenden Gemeinde ist ohne Ausweisung neuer Baugebiete nicht möglich.
7. Es soll künftig nur noch ein zentrales Krankenhaus pro Landkreis geben.
- CDU: In Singen wird das Zentralklinikum des Kreises geplant. Doppelvorhaltungen müssen abgeschafft und reduziert werden, um Kosten zu reduzieren. Personal muss man umsichtig einsetzen.
- SPD: Nein. Es wird für die nächsten Jahre zwei Krankenhäuser im Kreis geben; das zentrale Krankenhaus in Singen und das Krankenhaus Konstanz, allerdings ohne unnötige Doppelstrukturen.
- Grüne: Nein. Der Landkreis Konstanz hat mit Konstanz und dem Hegau zwei Bevölkerungsschwerpunkte, die beide eine angemessene Gesundheitsversorgung brauchen.
- Freie Wähler: Nein. Aufgrund der geographischen Lage ist ein zentrales Krankenhaus im Landkreis schlecht zu realisieren.
- FDP: Nein, die Bedürfnisse und Gegebenheiten der einzelnen Landkreise sind unterschiedlich; dezentrale Versorgung erhalten.
- Neue Linie: Die Gesundheitsversorgung muss so gut wie möglich erfolgen, ob mit einem zentralen, zwei oder drei Krankenhäusern ist letztendlich egal, es muss aber finanzierbar sein.
- SÖS: Nein, dies muss individuell entschieden werden, es braucht ein Krankenhaus in Singen und Konstanz.
- AfD: Nein, stabile Gesundheitsversorgung ist ein Grundrecht. In Abwägung aller Kriterien, Kosten und Bevölkerungsentwicklungen muss man zu einem Kompromiss kommen.
8. Wir müssen unsere kommunalen Steuern und Gebühren deutlich erhöhen, sonst schaffen wir es nicht.
- CDU: Steuererhöhungen schwächen den Wirtschaftsstandort. Es sollten Ausgaben priorisiert, Abläufe in der Verwaltung gegebenenfalls reformiert und Ausgaben im sozialen Bereich überprüft werden.
- SPD: Nein. Singen hat für viele Jahre die Steuern nicht erhöht. Steuererhöhungen halten wir nur für gerechtfertigt, wenn sie mit Investitionen für die Bürger verbunden sind.
- Grüne: Ja/Nein. Im Sinne der Generationengerechtigkeit dürfen Investitionen nicht in die Zukunft verschoben werden. Finanzielle Lasten müssen nach Leistungsfähigkeit verteilt werden.
- Freie Wähler: Nein. Aufgrund der aktuellen Haushaltslage war eine Gewerbesteuererhöhung unumgänglich, trotzdem sollten Bürgerinnen und Bürger nicht durch höhere Steuern belastet werden.
- FDP: Nein, vielmehr sollte die Wirtschaft gestärkt, Steuern gesenkt und Energiekosten reduziert werden; Gebühren müssen kostendeckend sein, aber nicht überhöht.
- Neue Linie: Nein. Wir müssen uns darauf konzentrieren, den städtischen Haushalt nicht weiter aufzublähen. Projekte, die nicht zu den Pflichtaufgaben der Stadt gehören, müssen überprüft werden.
- SÖS: Bezüglich Gewerbesteuer ja, Grundsteuer nein.
- AfD: Nein, Steuern und Abgaben sind jetzt schon viel zu hoch und belasten unsere Wettbewerbsfähigkeit. Alle Ausgaben in der Gemeinde auf Sinn und Zweck prüfen.
9. In unseren Kindergärten und Schulen soll nur noch vegetarisches Essen angeboten werden.
- CDU: Die CDU ist ganz klar gegen eine Bevormundung in diesem Bereich.
- SPD: Nein. Das Essen soll abwechslungsreich, gesund und bezahlbar sein. Den Speiseplan sollen Köche, nicht Gemeinderäte machen.
- Grüne: Nein. Aufgrund der positiven Auswirkungen vegetarischer Ernährung auf Gesundheit, Klima und Umwelt sollte diese angeboten werden. Dann kann jeder selbst entscheiden, was er isst.
- Freie Wähler: Nein. Es sollten aber Alternativen zu fleischbezogener Ernährung sowie das Ziel einer ausgewogenen Ernährung berücksichtigt werden.
- FDP: Nein, Ernährung ist persönliche Entscheidung, geprägt von kulturellen und religiösen Präferenzen. Vielfalt sollte respektiert werden.
- Neue Linie: Wieso nur vegetarisch oder vegan oder nur kohlenhydratarm? Nein, ein Essen sollte ausgewogen und vielfältig sein.
- SÖS: Es sollte beides angeboten werden, keine Pflicht zur vegetarischen Ernährung.
- AfD: Nein, Versorgung von Kindergärten und Schulen muss reichhaltig, allumfassend und gesunden Leitlinien folgen (zucker-/fettarm). Keine Priorisierung von Produkten.
10. Die Stadt Singen muss noch mehr tun, um benachteiligten Bevölkerungsgruppen mehr Teilhabe zu ermöglichen.
- CDU: Die Stadt unternimmt sehr viel, es gibt viele Akteure auf diesem Gebiet. Soziale Teilhabe benachteiligter Gruppen ist wichtig, um Parallelgesellschaften zu vermeiden bzw. zu reduzieren.
- SPD: Ja. Eine Stadt muss die Interessen aller Einwohnerinnen und Einwohner beachten. Das bedeutet für uns: Wir sind die Stimme der Ruhigen und Schwächeren und hören nicht nur auf die Lauten.
- Grüne: Ja. Auch wir als Stadtgesellschaft profitieren davon, wenn Menschen besser integriert werden und am öffentlichen Leben teilhaben können.
- Freie Wähler: Ja. Allerdings besitzt Singen bereits ein breites Angebot für benachteiligte Menschen. Dies gilt es zu pflegen und weiterzuentwickeln.
- FDP: Nein, Förderung von Teilhabe ist nicht allein Stadtverwaltungspflicht. Singen hat viel erreicht; für noch mehr Angebote fehlen Ressourcen.
- Neue Linie: Die Stadt tut schon enorm viel, die Möglichkeit, am Leben teilzunehmen, ist absolut gegeben. Sicherlich kann man mehr einfordern, damit mehr Angebote entstehen.
- SÖS: Uneingeschränkt ja.
- AfD: Nein, gesetzlich anerkannte Zuwanderer werden bereits erheblich unterstützt, gesetzlich gefördert. Bei Menschen mit einer Behinderung ist Unterstützung auszubauen.