Der FDP-Landesvorsitzende Hans-Ulrich Rülke hat sich keine einfache Aufgabe vorgenommen. Für das Volksbegehren „XXL-Landtag verhindern“ gilt es für die Liberalen im Lande 770.000 Unterstützer zu gewinnen. Wie diese Zahl erreicht werden kann, treibt Rülke um. Seit Mai tourt er durchs Land, um Unterschriften für das Volksbegehren zu sammeln. Jetzt hat er mit den Parteifreunden vor Ort in Singen Überzeugungsarbeit geleistet. Die Stadt kennt er aus Jugendtagen, die Kreisvorsitzende Birgit Homburger ist ihm keine Unbekannte. Während er 1981 sein Abitur am Hegau-Gymnasium erreichte, absolvierte die ehemalige FDP-Bundestagsfraktionsvorsitzende ihre Reifeprüfung nur drei Jahre später am Friedrich-Wöhler-Gymnasium.
Ob es gelingt, genug Menschen für das Anliegen der Landes-FDP zu motivieren, mag Rülke noch nicht abschätzen. Bis November wollen die Liberalen im Lande jede Gelegenheit nutzen, um Stimmen zu sammeln – so wie am Wochenende mit FDP-Landtagskandidat Nico Klemann und der Kreisvorsitzender Homburger am FDP-Stand in der Singener Fußgängerzone. Privatmann Dieter Distler hatte mit einer ähnlichen Initiative bereits 130.000 Unterstützer gefunden.
In Singen verfangen die Argumente Rülkes beiden den Passanten. Kritik, die Bürgernähe würde bei einer Reduzierung der Wahlkreise leiden, hält Rülke für vorgeschoben. „Wenn auf Bundesebene die Bürgernähe bei 38 direkt gewählten Abgeordneten gewährleistet ist, so müsste diese auch im Land gesichert sein, da hier die Mandatsträger durch die Nähe präsenter in ihren Wahlkreisen unterwegs sind“, erklärt Rülke.
Einen Mehrwert sieht auch der 90-jährige Singener Alfred Jäger bei einer Vergrößerung des Landtags nicht. Er befürchtet eher einen zusätzlichen Bürokratieaufbau statt des eigentlich notwendigen Abbaus überflüssiger Regularien. Für die beiden Ehinger Elisabeth Kentischer und Klaus Weber waren die erwartbaren Mehrkosten Grund, ihre Unterschrift zu leisten.

Bereits 2023 hat die FDP die Initiative gestartet, um eine weitere Aufblähung des Landtags zu verhindern. Die Liberalen befürchten, dass infolge des geänderten Wahlrechts deutlich mehr Abgeordnete als bisher in das Parlament in Stuttgart einziehen. Derzeit vertreten bei einer eigentlichen Sollgröße von 120 Abgeordneten bereits 154 Volksvertreter die Bürger im Land. Im kommenden Frühjahr soll nach einem neuen Verfahren gewählt werden. Wie bei der Bundestagswahl gibt es nun neben der Erststimme für den Wahlkreis-Kandidaten eine Zweitstimme für die Partei-Präferenz. „Würden die Bürger analog der Bundestagswahl 2021 ihre Stimme abgeben, so würde sich eine Mandatszahl von 216 Abgeordneten ergeben“, hat Rülke errechnen lassen.
Als verfassungswidrig sei der FDP-Antrag zur Reduzierung der Wahlkreise von bisher 70 auf 38 vom Landesinnenministerium abgelehnt worden. Doch vor dem Verfassungsgerichtshof sei der Klage der FDP gegen diese Ablehnung Ende Februar stattgegeben worden, da kein Widerspruch der Gesetzesvorlage zu Grundgesetz oder Landesverfassung erkennbar sei. Und doch müssen die Liberalen erkennen, dass die Hürden hoch sind. Eine Online-Abstimmung sei nicht möglich und die gewonnenen Unterschriften müssen allesamt in den betroffenen Kommunen geprüft werden. „Beklagenswert ist auch das fehlende Interesse mancher Gemeinden“, so Rülke. In Mannheim beispielsweise seien die Unterschriftenformulare nicht angenommen und die Bürger mit diesen wieder heimgeschickt worden.
FDP setzt auf dasThema zur Landtagswahl
Sollte das Quorum nicht erreicht werden, verspricht sich Hans-Ulrich Rülke aber eine weitere Sensibilisierung der Bürger für das Thema. Deren Druck könnte nach der Wahl im kommenden Jahr auch die anderen Parteien zum Umdenken bewegen. Eine Aufblähung des Landtags auf eventuell über 200 Mandate würde Mehrkosten von zirka 200 Millionen Euro verursachen.