Dass auf dem Schienerberg Windkraftanlagen gebaut werden könnten, beschäftigt die Bewohner der Höri und im Singener Ortsteil Bohlingen, aber auch in den angrenzenden Gemeinden. Die Diskussion wird emotional geführt – von Windkraft-Kritikern, von denen, die eine sachliche Auseinandersetzung wollen, und von Windkraft-Befürwortern. Bei einer Informationsveranstaltung des Vereins Landschaftsschutz westlicher Bodensee (LWB), der sich nach eigenen Angaben für den Erhalt der Landschaft einsetzt, in Bohlingen hatte sich der Verein klar gegen Windkraft auf dem Schienerberg positioniert. Anschließend wurden von verschiedenen Seiten Fragen laut, die der SÜDKURIER beantwortet.

Bis 20. September dürfen die angrenzenden Gemeinden und Bürger ihre Stellungnahmen zum Thema beim Regionalverband einreichen.

1. Was passiert, wenn keine Flächen für Windkraftanlagen ausgewiesen werden?

SÜDKURIER-Leser Reiner Andresen aus Bohlingen schreibt in einem Brief, dass es nicht stimme, dass, wenn keine Flächen für Windkraft ausgewiesen werden, ein „Wildwuchs“ an Anlagen entstehen würde. Das sei unter anderem von Sebastian Wilske, Direktor des Regionalverbands Hochrhein-Bodensee, der die Planung erstellt hat, behauptet worden. Vor 2023 hätten die Gemeinden über den Flächennutzungsplan bestimmen können, wo Windkraftanlagen gebaut werden, schreibt der Leser.

Eine Nachfrage bei Sebastian Wilske ergibt, dass das so nicht mehr gilt. Mit einem neuen System der Regionalplanung gebe es tatsächlich nur noch ein zentrales Instrument, um Flächen für Windkraftanlagen auszuweisen. Vorher regelten das die Kommunen über den Flächennutzungsplan.

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Das von der Bundesregierung 2023 beschlossene Wind-an-Land-Gesetz sieht vor, dass die Bundesländer bis Ende 2032 eine Fläche von 1,8 Prozent für Windenergie bereitstellen müssen. Vorranggebiete würden aber nicht bedeuten, dass sofort gebaut werde. Wenn das Ziel erfüllt sei, könnten nur noch in den ausgewiesenen Gebieten Windkraftanlage entstehen, erklärt Wilske.

Jedes Projekt durchlaufe ein Genehmigungsverfahren, das auch scheitern könne. „Wenn es keine Planung gibt, können überall Windkraftanlagen projektiert werden und die Hürden für eine Genehmigung sind gesenkt worden“, erklärte Sebastian Wilske zum Thema „Wildwuchs“.

2. Müssten Flächen, die nicht umweltverträglich mit Anlagen bebaut werden, nicht aus der Planung herausfallen?

Das war eine Frage, die im Gemeinderat von Rielasingen-Worblingen gestellt wurde. Zwei der drei genannten Flächen auf dem Schienerberg werden in der Umweltverträglichkeitsprüfung als sehr konfliktbehaftet für die Umwelt eingestuft. Das sei jedoch kein Ausschlusskriterium. „Keine der festgelegten Flächen im ganzen Verbandsgebiet ist nicht konfliktbehaftet“, stellt der Verbandsdirektor klar. Die Auswahl an möglichen Flächen sei sowieso nicht sehr groß und alle wären mehr oder weniger konfliktbehaftet.

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„Es geht eng zu, aber ich bin zuversichtlich, dass wir die 1,8 Prozent schaffen“, erklärt Wilske. Es gebe aber Flächen, bei denen mit besonders hohen Beeinträchtigungen für Natur und Mensch zu rechnen sei. Da werde die Frage sein, ob es vertretbar sei, dort trotzdem Flächen auszuweisen. Das werde auch das laufende Anhörungsverfahren zeigen. Dabei falle nicht die Zahl der Stellungnahmen ins Gewicht, sondern die Argumente würden nach ihrem Inhalt gewichtet, machte der Verbandschef deutlich.

3. Können besser geeignete Regionen mehr Windräder umsetzen?

Einige Gebiete sind von der Windausbeute her besser für Windkraftanlagen geeignet als andere. Könnten in sehr gut geeigneten Gebieten daher mehr Flächen ausgewiesen werden als in weniger geeigneten? Das war eine Frage, die im Gemeinderat von Rielasingen-Worblingen laut wurde. Für alle Regionen der Regionalverbände gelte laut Wilske aber die gleiche Verteilung und 1,8 Prozent der Fläche müssen für Windkraftanlagen genutzt werden. Diese Vorgabe gelte es auch für den Verband Hochrhein-Bodensee zu erfüllen. Außerdem seien andere Regionen nicht bereit, mehr Flächen auszuweisen.

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4. Wie finanziert sich der Verein Landschaftsschutz westlicher Bodensee?

Nach der Veranstaltung in Bohlingen kam die Frage auf, wie der Verein sich und die aufwendig gestaltete Broschüre, die dort auslag und an Entscheidungsträger verschickt wurde, finanziert. Wie der Schriftführer des Vereins, Otto Kasper, auf Nachfrage mitteilt, habe der Verein viele Spenden von Bürgerinnen und Bürgern über ihre Internetseite bekommen, diese würde der Verein für Anzeigen, Veranstaltungen, Gutachten und Rechtsberatung nutzen.

Daraus sei die Broschüre des Vereins allerdings nicht finanziert worden, das hätten drei regionale Unternehmen übernommen. Für Gestaltung und Inhalt sei er selbst mit seiner Werbeagentur zuständig gewesen.

5. Welche Verbindung gibt es zum Anti-Windkraft-Verein Vernunftkraft?

SÜDKURIER-Leser Jakob Brendel aus Konstanz sieht in einer Mail die Verbindung des LWB zum Verein Vernunftkraft und bittet darum aufzupassen, „woher die Argumente kommen“. Den Verein mit Sitz in Berlin gibt es seit 2013, er will laut seiner Internetseite das Erneuerbare-Energien-Gesetz abschaffen und den subventionierten Ausbau von Windkraft und Photovoltaikanlagen stoppen.

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Leser Jakob Brendel sieht auch eine Verbindung von Vernunftkraft zum Verein Eike, dem Europäischen Institut für Klima und Energie, das unter anderem laut den Recherchen des ARD-Politmagazins „Monitor“ den menschengemachten Klimawandel leugnet. Tatsächlich verweisen beide Vereine im Internet aufeinander und Eike ist eins der Institute, auf das sich, ebenfalls laut Recherche von „Monitor“, auch AfD-Politiker beziehen.

Der LWB bezeichnet sich auf seiner Internetseite als unabhängig, tatsächlich gibt es aber eine Verbindung zum Verein Vernunftkraft: LWB-Schriftführer Otto Kasper erklärt, dass Christoph Canne als Pressesprecher von Vernunftkraft den Verein LWB „mit Rat und Tat“ unterstütze. „Christoph Canne hat mit seinem großen Fachwissen für uns den sehr fundierten Faktencheck erstellt gegen die unwahren Behauptungen des Projektierers Abo Energy, der auf dem Schienerberg die WKA (Windkraftanlage) mit allen Mitteln errichten will“, erklärt Otto Kasper.

Das Unternehmen Abo-Wind, das selbst auf dem Schienerberg Windkraft installieren will, hat seinerseits auf seiner Internetseite einen Faktencheck zu den Argumenten des LWB erstellt, die diese als falsch und tendenziös darstellen.