Die neue Scheffelhalle soll kommen: Darüber war sich der Singener Gemeinderat bei seinem Grundsatzbeschluss einig. Damals ging die Stadtverwaltung von Kosten von 6,3 Millionen Euro für den Neubau aus, der die im November 2020 abgebrannte alte Scheffelhalle ersetzen soll. 6,55 Millionen Euro sind laut der Sitzungsvorlage für den Verwaltungs- und Finanzausschuss (VFA) des Gemeinderats für die Haushaltsjahre 2022 bis 2024 im Haushalt eingestellt. Nun ist klar, dass diese Summe nicht ausreichen wird. Für das gesamte Projekt gibt es nun eine belastbare Summe. Und der Betrag von 9,7 Millionen Euro, der nun in der Sitzungsvorlage steht, ließ manch ein Ausschussmitglied vernehmlich schlucken.

Das veranlasste Oberbürgermeister Bernd Häusler im Laufe der Diskussion zu einer Klarstellung: „Im Haushaltsplan steht ein Platzhalter.“ Dieser habe sich am Bau der Halle Curana im Ortsteil Beuren orientiert, die inzwischen aber auch schon einige Jahre alt sei. Bei den Haushaltsberatungen habe es aber noch keine Kostenschätzung gegeben. Man habe es nun also nicht mit Mehrkosten zu tun, sondern überhaupt erstmals mit belastbaren Zahlen, sagte Häusler und erinnerte an die Kostensteigerungen beim Bau, die auch Projekte wie das Berufsschulzentrum des Landkreises in Konstanz betreffen.
Um die nach derzeitigem Stand fehlenden 3,6 Millionen Euro abzudecken, soll es einen Nachtragshaushalt geben, heißt es in der Sitzungsvorlage. Und Häusler appellierte: „Wenn wir eine Summe in einen Haushaltsplan schreiben, sind wir auch in der Lage, sie zu finanzieren.“ Hinzu kommt: Die Summe von 9,7 Millionen Euro enthält nicht nur die Baukosten für das Gebäude, die laut der Sitzungsvorlage bei etwa 7,8 Millionen Euro liegen. Inbegriffen sind auch Außenanlagen für fast 300.000 Euro, Ausstattung mit mehr als 700.000 Euro und eine Solarstrom-Anlage für 900.000 Euro. Die Versicherungssumme von etwa 3,2 Millionen Euro, die allerdings nur bei rechtzeitigem Baubeginn fließt, kommt zu diesen Beträgen noch hinzu.
An den Finanzen entspann sich eine lebhafte Diskussion. Schon zu Beginn der Sitzung verlas OB Häusler eine E-Mail-Nachricht von Grünen-Gemeinderätin Regina Henke, die kein Ausschussmitglied ist, sich aber als Gemeinderätin äußerte. Sie befürchtete darin, durch die hohen Baukosten werde eine spätere Vermietung der Halle an Vereine unattraktiv. Die Fraktion wünsche sich vor einer Entscheidung ein Belegungskonzept für die neue Halle, und zwar unter Ausschluss von Konkurrenz für die Stadthalle. Vorerst werde man nicht zustimmen.
Stand der Planung
Grob gesagt, verlief die Diskussion in der Sitzung ähnlich. Grünen-Fraktionssprecher Eberhard Röhm verteidigte den Wunsch nach einem Nutzungskonzept. Die Motivation hinter dem Grundsatzbeschluss sei gewesen, auch kleineren Vereinen die Nutzung zu ermöglichen: „Das ist so nicht mehr möglich“, sagte er nach der Vorstellung des aktuellen Planungsstandes. Zuletzt habe es in der alten Scheffelhalle nur 30 bis 32 Veranstaltungen im Jahr gegeben, darunter etwa auch Blutspenden. Da sei die Frage berechtigt, ob es genügend Nutzung für eine neue Scheffelhalle gebe, ohne der Stadthalle etwas wegzunehmen.
Haltung der Grünen trifft auf wenig Gegenliebe
Diese Haltung der Grünen traf auf wenig Gegenliebe bei den anderen Fraktionen. So sagte Kirsten Brößke (FDP): „Wir brauchen die Halle, weil wir etwas draus machen wollen.“ Hans-Peter Stroppa (CDU) lobte das Konzept, das die Planer zu Beginn der Aussprache vorgestellt haben: „Alle Themen der Grünen sind drin, auch wenn Nachhaltigkeit Geld kostet. Aber das wollte man ja so.“ Gemeint war damit etwa die Holzbauweise, die Heizung per Wärmepumpe und die große Solarstrom-Anlage. Er habe keine Sorge, dass die Halle zu wenig genutzt werde.
Walafried Schrott (SPD) sprach zwar von einer stolzen Summe, aber auch von deutlich mehr Nutzungsmöglichkeiten als in der alten Halle. Er bat, mit dem Förderverein Freunde des Scheffelhalle ins Gespräch zu gehen, ob ein Teil der Kosten durch eine Spendenkampagne übernommen werden könnten, was OB Häusler auch zusagte. Auch Hubertus Both (Freie Wähler) signalisierte Zustimmung und gab einen Einblick, wie die Auseinandersetzung auch außerhalb des Gemeinderats geführt wird. Er habe einen sehr unfreundlichen anonymen Brief bekommen, der den Räten Klientelpolitik vorgeworfen habe. Zustimmendes Gemurmel im Ausschuss zeigte, dass er nicht der einzige Empfänger dieses Briefes gewesen sein kann. Auch Birgit Kloos (SÖS) signalisierte Zustimmung: „Es ist ein Wagnis, aber wir werden es eingehen.“ Beim Grundsatzbeschluss seien sich alle einige gewesen, eine Halle für die Bürger, etwa für Abi- oder Tanzschulbälle, zu wollen. An Roland Frank, Geschäftsführer der städtischen Betreibergesellschaft Kultur und Tagung Singen (KTS), richtete sie den Wunsch, Veranstaltungen zusammenzustellen, die er habe ablehnen müssen, weil die Stadthalle schon belegt war.
Doch vor allem bei Dirk Oehle (Neue Linie) trieb die Diskussion den Blutdruck nach oben. Er warf in der Sitzung die Frage auf, was andere Einrichtungen die Stadt kosten, etwa ein Kunstmuseum, und wie viel Nutzen sie hätten. Da sei die Scheffelhalle in einer ganz anderen Liga. Und am Rande der Sitzung bekräftigte er, dass es doch die Politik der Grünen sei, die das Bauen aufgrund von Nachhaltigkeitsthemen teurer mache. Da ärgere es ihn maßlos, wenn man nicht dazu stehen könne. „Die Kosten hauen einen dann um. Aber eine Betonhalle mit Holzofen will auch keiner“, sagte er.
Am Ende stimmt der Ausschuss zu – mit zwei Enthaltungen
OB Häusler sagte zu, bis Anfang der nächsten Woche Zahlen zu einer möglichen Belegung zu liefern – noch vor der Entscheidung über den Baubeschluss im Gemeinderat, der in der Sitzung am Dienstag, 28. März, auf der Tagesordnung steht. Und Christian Kezic, Abteilungsleiter Gebäudemanagement bei der Stadtverwaltung, sagte, die neue Scheffelhalle werde allein bei der Veranstaltungstechnik auf einem deutlich niedrigeren Niveau als die Stadthalle sein. Schon allein deswegen werde es keine Konkurrenz geben. Am Ende hat der Ausschuss dem Gemeinderat empfohlen, den Baubeschluss wie vorgesehen zu fällen – mit zwei Enthaltungen von den beiden Grünen-Ausschussmitgliedern Eberhard Röhm und Sabine Danassis.