Kurz vor Bewerberschluss am kommenden Montag könnte Singen doch einen echten Wahlkampf bekommen: Helmut Happe aus Engen will neuer Oberbürgermeister von Singen werden. Am vergangenen Freitag hatte Happe seine Bewerbungsunterlagen im Rathaus eingereicht, am Montag gab die Stadtverwaltung die Bewerbung bekannt. Allerdings ohne Namen, weil er vorerst anonym bleiben wollte. Im SÜDKURIER äußert er sich nun erstmals zu seiner Bewerbung.

„Politik braucht eine Auswahl.“

Damit könnte es am Wahlsonntag, 11. Juli, zu einem echten Duell um den Chefsessel im Singener Rathaus kommen. Er will Amtsinhaber Bernd Häusler, der eine zweite Amtszeit anstrebt, herausfordern. Warum sich Helmut Happe dazu entschieden habe, seine Bewerbungsunterlagen im Singener Rathaus abzugeben, hebt er im Gespräch hervor: Er wolle eine Alternative zum jetzigen Amtsinhaber bieten. „Es ist gut, wenn man in der Politik eine Auswahl hat“, sagt Happe. Singen sei seine Heimatstadt und in dieser wolle er sich politisch einbringen.

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Ein erster Blick in den Lebenslauf verrät: Helmut Happe ist 1965 in Konstanz geboren. Aufgewachsen ist er in Singen und seit 1998 wohnt er in Welschingen. Dort lebt er zusammen mit seiner Partnerin und seinen beiden erwachsenen Söhnen. Happe hat das Friedrich-Wöhler-Gymnasium in Singen besucht, ist gelernter Bäcker. Aktuell ist er als kaufmännischer Angestellter im Maschinenbau tätig.

Losgelöst von jeglicher Parteistrategie

Doch wer steckt dahinter? Happe selbst bezeichnet sich als Basisdemokrat. Politische Erfahrung könne er vorweisen. In einem Schreiben, das Happe selbst in sozialen Medien veröffentlicht hat, verweist er darauf, dass er bei der jüngsten Landtagswahl für die Partei WiR2020 als Bewerber für den Wahlkreis Singen nominiert war. Er fühle sich auch grundsätzlich weiterhin mit dieser Partei verbunden. Dennoch werde er bei der OB-Wahl im Juli als parteiloser Kandidat antreten. Aus diesem Grund sei er aus der Partei ausgetreten und habe erst danach seine Bewerbung abgegeben.

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SÜDKURIER-Recherchen haben zudem ergeben, dass Happe als stellvertretender Vorsitzender des Landesverbandes der Deutschen Mitte (DM) in Baden-Württemberg geführt wird. Zur Bundestagswahl 2017 warb die Partei unter anderem mit dem Slogan „Menschen helfen – statt Migration fördern“. Dieses Amt habe er nach etwa neun Monaten im Jahr 2017 niedergelegt, sagt Happe.

Happe gründete die Querdenker-Bewegung in Singen

Angesprochen darauf, wie er zur Querdenker-Bewegung stehe, antwortet Happe: „Ich war mit einer der ersten in Singen, der auf die Straße gegangen ist.“ Aber er betont, dass es auch bei den Querdenkern vernünftige Menschen gebe. „Das ist die Mitte der Gesellschaft, die dort demonstriert. Das sind keine Rechten oder Radikalen“, sagt Happe – vor allem nicht in der Singener Gruppe. Er distanziert sich klar von rechtslastigen Äußerungen des Stuttgarter Querdenken-Gründers Michael Ballweg. Er habe sich aber in der Zwischenzeit aus der Bewegung zurückgezogen. Happe wolle damit ein Signal senden, dass er das Amt des OB losgelöst von jeglicher Parteistrategie als Dienst am Bürger sehe.

Eher Moderator als Entscheider

Helmut Happe wolle im Falle einer Wahl auf Bürgerbeteiligung setzen. Er wolle nicht über die Köpfe der Bürger hinweg entscheiden. „Es reicht nicht mehr aus, in den zuständigen Gremien über notwendige Dinge zu entscheiden, sondern man muss vorher mit den Menschen sprechen, die es betrifft“, sagt er. Ein guter OB müsse mehr Moderator als Entscheider sein. „Von oben herab dürfen wichtige Dinge nicht alleine entschieden werden“, so Happe weiter.

Und hier will der zweite OB-Bewerber anpacken

  • Was Happe will: Ziel des 56-Jährigen ist es, sich für den Erhalt und die Weiterentwicklung Singens als lebenswerte Kommune stark zu machen. Dafür wolle er auf parteipolitischen Taktieren verzichten. Gute Ideen sollen, egal von wem, angehört werden. Dafür wolle er auch die Expertise von Bürgern, Vereinen und Initiativen nutzen. Auch eine steuerliche Entlastung von kleinen und mittelständischen Unternehmen strebe er an. Er wolle zudem für mehr bezahlbaren Wohnraum und Mieten sorgen und mehr Integrationsprogramme für ausländische Mitbürger schaffen.
  • Was Happe nicht will: Laut eigener Aussage wolle er die von OB Bernd Häusler ins Spiel gebrachte bessere Videoüberwachung im öffentlichen Raum auf jeden Fall verhindern. „Wenn die Kriminalität in Singen steigen würde, wäre es etwas anderes. Aber sie steigt nicht“, sagt Happe. In Singen brauche es keine Bürgerüberwachung. „Sonst ist dem Missbrauch der Daten Tür und Tor geöffnet“, sagt er.
  • Was Happe qualifiziert: „Ein OB kann nicht alles können, auch Bernd Häusler tut dies nicht“, sagt Happe. Er wolle sich entsprechende Experten-Team suchen: „Ich besitze die Fähigkeit, diese Gruppen zusammenzustellen, die Projekte und Vorhaben dann gemeinsam erarbeiten.“ Dabei spiele auch die Bürgerbeteiligung eine wesentliche Rolle.