Stockach – Uwe Hartmann ist ein Mann mit Leidenschaft für die Feuerwehr. Seit 2010 ist er schon Kommandant der Stockacher Gesamtwehr und hatte damit bisher zwei Amtszeiten zu je fünf Jahren. Seine Leidenschaft geht so weit, dass er eine anstehende berufliche Veränderung dazu nutzte, seinen bisherigen Brotberuf aufzugeben und sich ganz auf das Ehrenamt zu konzentrieren – mit dem Ziel im Hinterkopf, aus der Feuerwehrarbeit einen Beruf zu machen.

Denn schon seit Jahren ist es ein Thema, einen hauptberuflichen Kommandanten für die Stockacher Feuerwehr einzustellen, wie Hartmann erzählt. Und in seiner jüngsten Sitzung hat der Gemeinderat einstimmig beschlossen, ab dem kommenden Jahr eine 70-Prozent-Stelle für den Feuerwehrkommandanten im Haushalt zu bilden – anschließendes Ausschreibungs- und Besetzungsverfahren inklusive. Hartmann möchte diesen Posten gerne übernehmen, doch ihm ist auch wichtig, dass nicht gemauschelt wird. Eine berufliche Alternative habe er, lässt er im Gespräch durchblicken.

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Anforderungen sind komplexer geworden

Schon Bürgermeister Rainer Stolz hat in der Sitzung des Gremiums dafür geworben, die Stelle zu schaffen. Die Feuerwehr sei eine kommunale Pflichtaufgabe, die zuletzt immer komplexer geworden sei, so Stolz: „Die Anforderungen wachsen immer nur.“ Da habe er auch Verständnis, wenn es manchmal schwierig sei, die Mannschaft zu motivieren. Auch wenn der Rat bereits hauptamtliche Stellen bei der Feuerwehr geschaffen habe, gehe es für einen Kommandanten mit Gesamtverantwortung nur noch hauptberuflich: „Das ist absolut notwendig, um den Aufgaben einer Stützpunktwehr gerecht zu werden.“ Die Gemeinderäte hatten nach diesem Plädoyer keinen Bedarf mehr zur Aussprache und stimmten dem Plan ohne Wortmeldungen zu.

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„Man steht praktisch immer mit einem Bein im Gefängnis“

Hartmann beschreibt die Verantwortung, die das Amt inzwischen mit sich bringt, in drastischen Worten: „Man steht praktisch immer mit einem Bein im Gefängnis.“ Der Hintergrund: Wo es früher alle paar Jahre eine neue Norm gegeben habe, seien Änderungen an Vorschriften heute beinahe das tägliche Brot für die Verantwortlichen bei der Feuerwehr. „Solche Sachen kommen inzwischen viel öfter per E-Mail, zum Beispiel auch zu Rückrufaktionen“, sagt Hartmann. Dann müsse man sofort reagieren, um nichts zu übersehen. Denn in dem Moment, in dem man Kenntnis von einer neuen Anweisung erhalte, stehe man als Kommandant auch in der Verantwortung.

Da sei die Unterstützung der mittlerweile drei hauptamtlichen Mitarbeiter zwar sehr wertvoll, für diesen Aufwand reiche sie aber trotzdem nicht aus. Viele Routine-Verwaltungsaufgaben übernehme Sachgebietsleiter Johannes Zehnle. Aber: „Man muss jeden Gegenstand, den man im Einsatz in die Hand nimmt, danach prüfen und das alles dokumentieren. Der Aufwand ist ums X-Fache gestiegen.“

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Dahinter stecke laut Hartmanns Einschätzung die Angst vor Regress-Forderungen, sollte im Einsatz doch einmal etwas passieren. Diese Vorschriften seien in vielen Fällen sinnvoll, sagt Hartmann und nennt das Beispiel Atemschutz: „Davon hängt buchstäblich ein Menschenleben ab.“ Doch manches würde auch mit gesundem Menschenverstand und ohne aufwendige Dokumentationen gehen. In dieser Hinsicht gebe es bei ihm durchaus Frust, egal wie viel Spaß die Feuerwehrarbeit grundsätzlich mache. Außerdem übernähmen die hauptamtlichen Gerätewarte Joachim Weber und Nico Schätzle immer mehr solcher Prüfaufgaben für die Feuerwehren aus den Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft rund um Stockach: „Dieses Angebot machen wir“, sagt Hartmann.

Hauptversammlung mit Neuwahlen steht noch aus

Zum Gemeinderatsbeschluss gehört auch, dass Kommandant Hartmann die Amtsgeschäfte bis zur Besetzung der neuen Stelle weiterführt. Denn seine Amtszeit ist zwar schon im Mai abgelaufen, doch aufgrund der Corona-Pandemie sind bislang zwei Termine für eine Hauptversammlung der Gesamtwehr mit Neuwahl geplatzt. Und die Briefwahl sei nicht zugelassen, so Hartmann. Der stellvertretende Gesamtkommandant Rüdiger Lempp führt gemäß dem Beschluss sein Amt bis zu einer Neuwahl weiter, auch die fünf bisher gewählten Mitglieder des Feuerwehrausschusses bleiben vorerst im Amt. Beim anderen stellvertretenden Gesamtkommandanten, Daniel Traber, sei die Amtszeit hingegen noch nicht abgelaufen, so Bürgermeister Stolz in der Sitzung. Eine Entscheidung sei in diesem Fall noch nicht nötig.