Sie wird eine sehr grüne Angelegenheit werden, die Verhandlung des Stockacher Narrengerichts gegen Cem Özdemir. Denn der Beklagte bekommt Unterstützung durch einen prominenten Zeugen. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann selbst wird in dieser Rolle zu erleben sein. Dies gab das Narrengericht in einer Pressemeldung bekannt. Ungewöhnlich dabei ist auch, dass beide derselben Partei angehören, nämlich Bündnis 90 / Die Grünen.

Der Grünen-Politiker Cem Özdemir bei seinem Auftritt als Zeuge vor dem Stockacher Narrengericht im Jahr 2015. Nun treffen sich die ...
Der Grünen-Politiker Cem Özdemir bei seinem Auftritt als Zeuge vor dem Stockacher Narrengericht im Jahr 2015. Nun treffen sich die beiden Männer in der Stockacher Jahnhalle. | Bild: Stommel, Anna

Kretschmann kennt das Narrengericht bereits aus dem Jahr 2014. Damals war er selbst als Beklagter in Stockach. 180 Liter Wein und 200 Liter Rothaus-Bier lautete das Strafmaß damals am Ende. Ein Jahr später trat Özdemir als Zeuge in der Narrengerichts-Verhandlung gegen Peter Altmaier (CDU) auf. Altmaier kassierte eine Strafe von einem Eimer oder 60 Litern Wein – damit kam er vergleichsweise glimpflich davon. In diesem Jahr sind die beiden Grünen-Politiker nun in der jeweils anderen Rolle in Stockach zu sehen. Damit reihen sich die beiden ein in die Gruppe von Grünen-Politikern, die in beiden Funktionen vor dem Narrengericht auftraten, als Beklagter wie als Zeuge. Zu ihnen gehört auch Renate Künast, die 2010 Beklagte war und 2014 eben bei Ministerpräsident Kretschmann als Zeugin auftrat.

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Der Ministerpräsident tritt am Schmotzigen Dunschtig, 20. Februar, als Zeuge der Verteidigung auf, wie das Narrengericht ebenfalls mitteilt. Allerdings hätten Zeugen aus der Partei der Grünen den Beklagten bislang wenig Glück gebracht. Grüne Zeugen gab es bei Thomas Strobl (baden-württembergischer Innenminister, CDU), Peter Altmaier (damals Kanzleramtschef, CDU) und Kretschmann selbst, bei dessen Verhandlung Renate Künast dabei war. In allen drei Fällen seien die Beklagten verurteilt worden, schreiben die Gerichtsnarren. Und im Gegensatz zu Altmaier mussten Kretschmann und Strobl (Weinstrafe von 246 Litern) ziemlich tief in die Tasche greifen.

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Was bedeutet diese Paarung nun für die Verhandlung? Darüber lässt sich trefflich spekulieren. Klar ist, dass Kläger Wolfgang Reuther Unterschiede bei der Parteizugehörigkeit nur schwer nutzen kann. Beide Männer sind etwa gleich lang bei den Grünen, beide sind gelernte Pädagogen – Özdemir als Erzieher, Kretschmann als Lehrer. Möglichkeiten, beide gegeneinander auszuspielen, gibt es trotzdem: auf der einen Seite der „anatolische Schwabe“, als der sich Özdemir einmal selbst bezeichnete – auf der anderen Seite ein grüner Ministerpräsident, der als ziemlich konservativ und bürgerlich gilt.

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Fürsprech Michael Nadig scheint sich jedenfalls auf einen schwierigen Fall einzustellen, wenn er einen so gewichtigen Zeugen für seine Sache nach Stockach lädt. Und anzunehmen ist, dass Kretschmann, der sich schon als Beklagter 2014 mit einer furiosen Rede verteidigte, nichts unversucht lassen wird, Özdemir zum Freispruch zu verhelfen – allein schon um die Scharte auszuwetzen, dass grüne Zeugen dies bislang noch nie geschafft haben.

Die Verhandlung des Narrengerichts gegen Cem Özdemir am Schmotzigen Dunschtig, 20. Februar, ist bereits ausverkauft