Irgendwie ist dieses Jahr trotz offizieller Absage fasnachtlich das eine oder andere unter Beachtung aller Corona-Regeln los. Und irgendwie gab es ebenfalls kleine Dinge, als vor genau 30 Jahren schon einmal die Fasnacht abgesagt worden ist. Dieses Jahr liegt der Ausfall an der Corona-Pandemie – damals war es Solidarität aufgrund des Golfkriegs.

Alles begann 1991 sogar noch mit der Verkündung des Beklagten in Dreikönigssitzung des Hohen Grobgünstigen Narrengerichts, doch in den Folgewochen kristallisierte es sich immer mehr heraus und wurde schließlich entschieden: Es wird keine Fasnacht stattfinden. Die Chronik der Ereignisse 1991 und was von der damaligen Fasnacht übrig blieb:

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  • Dreikönig: Am 6. Januar 1991 war eigentlich alles wie immer – das Narrengericht hatte seine Sitzung und verkündete den Beklagten: Landes-Umweltminister Erwin Vetter. „Damit mir des endlich mol vom Tisch hont mit dene Glysantinen, Guillotinen und Dioxinen“, zitierte damals ein SÜDKURIER-Artikel den Narrengericht-Protokollchef Heinrich Wagner. Er bezog sich damit auf ein bedeutendes Thema und den wortwörtlichen Dauerbrenner des Vorjahrs: Die Frage, ob zu viel Dioxin aus dem Kamin der Metallwarenfabrik Stockach kommt. Narrenrichter Karl Bosch erhielt Lob für die Wahl des Beklagten von seinem Vorgänger Walter Schneider.

In der Dreikönigssitzung ging es außerdem um einen großen Wagenumzug, der für den 3. Februar 1991 geplant gewesen war. Es sollten 14 Wagen, eine Kutsche und alleine zehn Fußgruppen aus Stockach durch die Straßen ziehen. Inklusive erwarteter Gäste ging man von 2000 Personen im Umzug aus.

Erwin Vetter stand 1992 am Narrenbaum in Stockach.
Erwin Vetter stand 1992 am Narrenbaum in Stockach. | Bild: SK-Archiv
  • 12. Januar: Das Fasnetseröffne fand normal im Bürgerhaus Adler Post statt. Es war eigentlich der Beginn der 640. Stockacher Fasnet. Im Bericht darüber am 14. Januar hieß es, „am Samstag wurde die Traditionsfasnacht den drohenden Zeitumständen zum Trotz in der Hans-Kuony-Stadt erst einmal eröffnet“. In derselben Ausgabe erschienen auch verschieden Artikel aus dem Raum Stockach, wo ebenfalls der Fasnachtsauftakt gefeiert worden war.
  • 18. Januar: Der zweite Golfkrieg hatte am Vortag, einem Donnerstag, begonnen. Der SÜDKURIER berichtete, dass das Narrengericht in vierköpfiger Runde die Entscheidung über einen Ausfall der Fasnacht vertagt hatte. Die Narren hielten sich noch alle Wege offen und wollten später mit allen 18 Mitgliedern entscheiden. „Die sich verändernde politische Lage wird uns eine Entscheidungshilfe sein“, so Narrenrichter Karl Bosch damals.
  • 20./21. Januar: Der für den 3. Februar geplante Umzug wurde abgesagt – es wäre der erste Umzug seit 1975 gewesen. Das Narrengericht beschloss die Verschiebung auf das nächste Jahr, also 1992. Dabei sei bereits eine fünfstellige Summe investiert worden. Ein Komplettausfall der Fasnet war zwar noch offen, aber die Tendenz zeichnete sich ab, wie an den Folgetagen in der Zeitung zu lesen war. Die Pressestelle des Ministerium teilte damals außerdem mit, dass Minister Erwin Vetter gerade nicht nach Fasnacht zumute sei.
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  • 22. Januar: Die Zünfte der Landschaft Nellenburg sagten die Fasnacht in einer Zusammenkunft ab, die Landvogt Oskar Kamenzin im Gasthof Ritter in Nenzingen initiiert hatte. Alle Zunftmeister waren sich einig, berichtete der SÜDKURIER am Tag darauf. Es gab lediglich Bedenken, dass dies die Tür für künftige Absagen aus weniger ernsten Anlässen öffne. Die Umstände, dass es Geldverluste gab und anderenorts trotzdem gefeiert werden sollte, sorgte für betrübte Stimmung. Der Landvogt sprach jedoch von einer Frage der Moral, was die Absage der Fasnacht angehe.
  • 26. Januar: Nachdem fast alle anderen bereits entschieden hatten, keine Fasnacht zu feiern, fasste auch das Narrengericht den Beschluss, die Verhandlung und die offizielle Fasnacht in Stockach abzusagen. „Eigentlich war mit nichts anderem zu rechnen“, hieß es an diesem Tag in der Zeitung über die Entscheidung. Ehrennarrenrichter Walter Schneider sagte damals im Hinblick auf den Krieg, dass der Verzicht auf die Narretei ein kleiner Beitrag sei und das einzige, das die Narren tun könnten. In der Sitzung sei die Absage sehr schnell entschieden worden, erklärte der Narrenschreiber. Alle Gliederungen stünden dahinter. „In dieser Zeit ist Fasnacht nicht machbar“, wurde Narrenrichter Karl Bosch zitiert.
Erwin Vetter (links) und Fürsprech Heinrich Wagner in der Narrengerichtsverhandlung im Jahr 1992.
Erwin Vetter (links) und Fürsprech Heinrich Wagner in der Narrengerichtsverhandlung im Jahr 1992. | Bild: SK-Archiv
  • 6. Februar: Ein Artikel, der an diesem Tag erschien, thematisierte den Umsatzausfall in den Gaststätten und Kneipen: „Eine Branche, die mit am meisten unter dem Ausfall der närrischen Tage leidet, ist die der Gastwirte. Die Kneipiers sprechen teilweise von ganz erheblichen Verlusten, die sie erwarten. Dessen ungeachtet bringen sie der Entscheidung der Zünfte viel Verständnis entgegen.“ Der Wirt von Mannis Treff vermutete Einbußen von etwa 50 Prozent, und Gerda Nagel vom Goldenen Ochsen sagte, dass man keine Fasnacht stattfinden lassen könne, wenn in der Golfregion Hunderttausende Menschen sterben. Dennoch würde sie keinem in Häs oder Maske das Betreten des Restaurants verbieten. Doris Tuchscherer, Chefin des Alt Stocken, berichtete bereits von Gewinneinbußen an dem Tag, an dem der große Wagenumzug mit 2000 Teilnehmern hätte stattfinden sollen.
  • SchmotzigerDunschtig, 7. Februar: „Sogar im Rathaus werden ganztags Aktenberge gewälzt“ lautete an diesem Tag die Überschrift in der Zeitung. Die Geschäfte hatten normal geöffnet und der Schulunterricht fand statt. Nur wenige Betriebe hatten geschlossen. Es gab aber die Aussicht auf einen mehr oder weniger närrischen Termin: die Narrenmesse in der Kirche, zu der es in einer Ankündigung hieß, dass Pfarrer Heinrich Stier über die Lage am Golf sprechen werde. Es sei ohnehin üblich, dass die Narren in schwarzen Anzügen oder Straßenkleidung in die Kirche kämen, da die Narrenmesse als Totenmesse mit der Ausrichtung auf den Aschermittwoch zelebriert werde.
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Von Seiten des Vereins Handel Handwerk und Gewerbe (HHG) gab es die Empfehlung, die Läden offen zu lassen: „Die Leute geben an Fasnacht Geld aus. Wohin dieses nun fließt, ist zwar noch nicht klar, aber der Handel hofft darauf“, wurde der Vorsitzende Dieter Fritz zitiert.

  • 9. Februar: In der Samstagsausgabe des SÜDKURIER lautete das Fazit zum Schmotzigen Dunschtig, dass die Lokale gut gefüllt gewesen seien. Darunter auch eine Handvoll Fasnetsanhänger zum Beispiel ein Senior mit seiner zehnjährigen Enkelin, die als einzige im Goldenen Ochsen verkleidet gewesen seien. Andere feierten in normaler Kleidung mit. Im Gambrinus saßen unter anderem zwei Männer, die sagten: „Wir sind aktive Narren und halten es für unsere Pflicht zu feiern.“ Der Artikel endete mit den Worten: „Sicher ist jedenfalls, dass sich zahlreiche Hans-Kuony-Städter in geselliger Runde zusammenfanden.“