Sollte er nicht über Bürokratieabbau sprechen? Eigentlich ja, aber am Ende war die launige Rede von Gastredner Dieter Salomon, dem Vorsitzenden des Normenkontrollrates in Baden-Württemberg, in der Dreikönigsitzung des Narrengerichts eine Laudatio auf Rainer Stolz, der zum Ehrenlaufnarr ernannt wurde. Stockachs langjähriger Bürgermeister sei damit erst der Siebte in der 673-jährigen Geschichte des Hohen Grobgünstigen Narrengerichts zu Stocken, der diese Ehre erhält, merkte Salomon an. Der Ehrenlaufnarr sei der Nobelpreis der Stockacher Fasnacht, so Salomon.
Dieter Salomon erklärte, der Narrenrichter habe ihm die Herausforderung gestellt, beim Thema Bürokratieabbau das Fallbeispiel zu betrachten, wie man einen Bürgermeister entsorge. Eigentlich genau sein Metier: Mit dem Normenkontrollrat, einem unabhängigen Expertengremium, unterstützt er die Landesregierung dabei, den Bürokratieaufwand zu verringern. Aber Stockach und Stolz seien „genau genommen ein Grenzfall“, wie Salomon erklärte: „Bürokratieabbau im engeren Sinne ist es eigentlich nicht, sondern eher Verwaltungsvereinfachung.“

Ein Haken dabei sei, dass ein neuer Bürgermeister nachkomme. Zu Rainer Stolz, mit dem er befreundet ist, scherzte er, dass dieser nichts mehr blockiere, sondern vermutlich nur noch ab und zu nerven werde.
Regulär noch knapp zwei Jahre im Amt hat hingegen der Politiker vor sich, der dieses Jahr Beklagter des Hohen Grobgünstigen Narrengerichts wird: Der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kommt am Schmotzigen Dunschtig nach Stockach. Das wurde in der Dreikönigsitzung bekannt gegeben.
Vier Möglichkeiten, einen Rathaus-Chef loszuwerden
Dieter Salomon ging es ohnehin darum, wie man einen Rathaus-Chef loswerden kann. Dazu listete er vier Optionen auf. Die sizilianische Variante sei, den Bürgermeister bei einer Grundsteinlegung in die Bodenplatte einzugießen. Die zweite Möglichkeit wäre, den Bürgermeister nach oben wegloben – das wäre bürokratiearm. Das habe man aber im Fall Stolz in Richtung des Landrat-Postens versäumt. Die dritte Variante wäre eine Abwahl nach acht, 16 oder 24 Jahren. „Scheint in Stockach aber noch nicht bekannt zu sein“, so Salomon.
Die vierte Methode sei die sanfteste: „Man wählt den Bürgermeister einfach so lange wieder, bis er nach 30 Jahren einfach keine Lust mehr hat und von sich aus aufgibt.“ So könne man sich dann auf die Schulter klopfen und „Ha, den simmer losworre“ sagen. Die Stockacher hätten auf jeden Fall gut daran getan, die vierte Option zu nutzen.
Rainer Stolz als Narrenrichter?!
Losgewordene Bürgermeister müsse man dann aber irgendwie beschäftigt halten, damit sie den übrigen Betrieb möglichst wenig stören. Ehrenämter seien da geeignet. Salomon versetzt Narrenrichter Jürgen Koterzyna sogar einen kleinen Schreck, als er das Amt des Narrenrichters ansprach. Das läge aber nur auf den ersten Blick auch für Rainer Stolz nahe und auf den zweiten nicht mehr, beschwichtigte Salomon.
Der Redner zeichnete nach, wie angespannt das Verhältnis zwischen Stolz und den Narren in den ersten Jahren gewesen sei, sich dann aber in eine enge Zusammenarbeit gewandelt habe. „Aus schwierigen Anfängen wurde eine Vernunftehe – und heute kann man fast von wahrer Liebe sprechen“ sagte Salomon, was Koterzyna zum Einwurf eines stark betonten „Fast“ bewegte. Salomon schlug lediglich vor, Stolz wie Troubadix aus den Asterix-Comics zu fesseln, um beim Uffwirmkaffee oder anderen Veranstaltungen vor seinen Gesangseinlagen sicher zu sein.
Wortspiele und Anekdoten
Salomon machte Vergleich und Wortspiele zwischen Politik, Narretei und Eitelkeit. Das Publikum war besonders amüsiert und brach in Lachen aus, als Salomon die Anekdote von der Narrengerichtsverhandlung gegen Guido Westerwelle erzählte, als Stolz ständig „In den Brunnen mit ihm!“ zwischengerufen habe und Westerwelle irgendwann „Was soll ich dort finden, etwa Ihr U-Boot?“ zurückgebrüllt habe. Dabei handelt es sich um das vieldiskutierte U-Boot, das inzwischen in der Schillerstraße steht.
Stolz dankt und gibt Ratschläge
„Ich bin zutiefst dankbar über die großzügige Ehrung“, sagte Stolz. Das Narrengericht sei eine richtig tolle Truppe und Fasnachtsorganisation, die der Stadt unglaublich viel gebe. Er warf nur die Frage auf, ob das Narrengericht ihn nun eigentlich ehren oder entsorgen wolle. „Ich nehme jetzt mal das Beste an.“
Er sprach über Veränderungen und neue Herausforderungen, auf die Bürgermeister reagieren müssen. Da das Jahr 2024 ein politischer Kater drohe, verwies er mit einem Wortspiel darauf, dass seine Nachfolgerin Susen Katter dagegen helfen könne.
Stolz stichelte aber auch in Richtung des Narrengerichts, die „Würdenträger närrischer Scheingerichtsbarkeit“. Er riet, nicht nur „nach dem Füllegrad eurer Bäuche“ zu hören, sondern die Verteidigungsworte der Beklagten miteinzubeziehen. „Strengt euch an.“
Er sei nun sehr gespannt auf die Verhandlung gegen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, der zuvor in der Sitzung als diesjähriger Beklagter verkündet worden war. Zu früheren Beklagten habe er zwar immer wieder gesagt, dass diese nicht schuldig seien, aber in diesem Fall: „Der ist schuldig.“ Stolz kündigte bereits an, dass Lauterbach von ihm als Alt-Bürgermeister noch einiges zur Krankenhaus-Frage zu hören bekommen werde.
Nese Erikli philosophiert und singt über die Politik
Salomon war aber nicht der Einzige, der in der Sitzung reden durfte. Die Grünen-Landtagsabgeordnete Nese Erikli stand bereits recht früh auf der Bühne, und war sogar als Helene Fischer angekündigt, so dass sie dementsprechend eine umgedichtete Liedzeile mehrfach anstimmte: „Atemlos durch die Nacht, was die Krise mit uns macht.“

Sie sprach in Reimen über die rot-grüne Chaostruppe und überlegte laut, wer eigentlich Nachfolger des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann werden könnte. Im Falle von Cem Ödzemir könnte man dann sagen „Yes, we Cem“. Allerdings merkte sie auch an, dass irgendwie nur Männernamen fallen – die Emanzipation sei da irgendwie verpasst worden.
Mehr zu den zwei neuen Gerichtsnarren und drei besonderen neuen Laufnarren folgt in den kommenden Tagen.