Drohungen gegen die schwangere Sabrina P., versuchte Treffen mit anderen Frauen nach ihrem Verschwinden und Details zum Tatablauf: Der dritte Tag im Prozess gegen den geständigen Angeklagten Marcel K., der seine Partnerin Sabrina P. in deren Wohnung erdrosselt und ihre Leiche anschließend über den Balkon entsorgt haben soll, verlief zweigeteilt.

So sagten am Vormittag weitere Zeugen aus dem Umfeld von Täter und Opfer aus, darunter Freunde sowie ehemalige Partner. Sie bestätigten den Eindruck vom Vortag und aus dem ersten Prozess über Sabrina P. und Marcel K. Am Nachmittag sagte der Chefermittler der Polizei aus – und bezeichnete die Schilderungen des Angeklagten zum Tatablauf als unplausibel.

Drohte Marcel K., das ungeborene Baby zu töten?

Zunächst rief der vorsitzende Richter Joachim Dospil eine gute Freundin der Getöteten in den Zeugenstand. Sie bestätigte weitgehend die Aussagen anderer Zeugen vom Vortag über Charakter und Beziehung von Täter und Opfer. Sabrina P. sei ein „lebensfroher und zu gutmütiger Menschen“ gewesen. Marcel K. habe sie hingegen „kalt“ und manchmal aggressiv sowie als Fremdgeher und Drogenkonsument wahrgenommen.

Außerdem sagte sie aus, Marcel K. habe zeitweise ein Messer bei sich getragen, was in der ersten Verhandlung noch nicht zur Sprache gekommen war. Und als er von der Schwangerschaft erfuhr, habe Marcel K. gedroht, seine Freundin in den Bauch zu schlagen, um das ungeborene Baby zu töten, was auch eine weitere Zeugin bestätigte. Die Freundin berichtete zudem, wie schon Christina H. am zweiten Prozesstag, von geschmacklosen Späßen des Angeklagten nach Sabrinas Verschwinden, sie sei womöglich gefunden und im Tierheim abgegeben worden.

Anwalt der Nebenklägerin hakt nach

Ein wichtiger Punkt bei der Befragung aller Zeugen war abermals, ob es in der Beziehung früher schon Gewalt gegeben habe. Dies verneinten alle Zeugen, darunter auch die gute Freundin, mit der die Getötete über alles gesprochen habe. „Zumindest nach einiger Zeit hätte sie mir vermutlich von Gewalt berichtet, aber das hat sie nie getan“, sagte sie aus.

Für Gerhard Zahner, Anwalt der Nebenklage, ein deutliches Zeichen, dass es auch keine gegeben habe. Schließlich seien die beiden zwei Jahre lang ein Paar gewesen und trennten sich in dieser Zeit laut Zeugenaussagen 15 bis 20 Mal nach Streits. Vor allem seit den früheren Streits sei genug Zeit vergangen, sodass Sabrina P. ihrer Freundin von Gewalt berichtet hätte, so Zahner.

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Der Anwalt stellte in seiner Befragung eines Ex-Freunds von Sabrina P., der auch Vater einer gemeinsamen Tochter ist, zudem die These auf, Sabrina P. hätte die gemeinsame Tochter wohl kaum regelmäßig in die Wohnung nach Stockach kommen lassen, wenn sie dort mit „Gewaltausbrüchen eines unberechenbaren Marcel K.“ hätten rechnen müssen. Von den Besuchen hatte der Ex-Freund zuvor berichtet.

Kurz nach Sabrinas Tod wollte er anderen Frauen treffen

Eine Ex-Freundin von Marcel K. berichtete außerdem von einer Dreiecksbeziehung zwischen ihr, Marcel K., Sabrina P. und einer weiteren Frau, in der der Angeklagten sie abwechselnd miteinander betrogen habe. Anlass des letzten Streits am 13. Januar war dann vermutlich ein Screenshot, der zeigte, dass Marcel K. ein Profil seiner Ex-Freundin in den sozialen Medien besucht hatte. Diese hatte den Screenshot kurz zuvor an Sabrina P. geschickt, da die Frauen laut ihr verabredet hatten, sich künftig zu informieren, wenn Marcel K. wieder Kontakt mit einer anderen aufnimmt.

Im Anschluss berichteten einige Zeuginnen wie schon beim ersten Prozess von Versuchen des Angeklagten, rund um den Tag des Verschwindens von Sabrina P. mit anderen Frauen anzubandeln. Im Saal gezeigte Screenshots von Chatverläufen bestätigten dies. Einer ehemaligen Sexualpartnerin gegenüber äußerte Marcel K. demnach am Tag nach Sabrinas Verschwinden, er sei seit vier Wochen single und wolle sich treffen.

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Chefermittler widerspricht Angeklagten zu Tatablauf

Am Nachmittag berichtete schließlich der Kriminalbeamte, bei dem alle Fäden der Ermittlungen zusammenliefen, von den Ermittlungserkenntnissen zum Tatablauf. So stützen die Informationen, die die Ermittler aus Zeugenaussagen und digitalen Daten aus den Smartphones der Beteiligten und dem Wlan-Router in der Wohnung der Getöteten ziehen konnten, die Aussagen der Zeugen zum Ablauf am Tattag.

Die Aussage des Angeklagten vom ersten Prozesstag über die Tat selbst zogen die Erkenntnisse des Chefermittlers hingegen in Zweifel. Während Marcel K. von einem Streit mit gegenseitigem Schubsen berichtet hatte, an deren Ende er Sabrina P. im Affekt zuerst an der Wand gewürgt und anschließend mit einem zufällig gegriffenen Kabel erdrosselt habe, ist die Hypothese der Ermittler eine andere.

So sei das erste Geständnis des Angeklagten „unplausibel“ und „unscharf“ gewesen. „Ich glaube nicht, dass es sich so zugetragen hat, weil dafür der Platz im Wohnzimmer zu eng ist“, so der Ermittler. Zudem verwies er auf ein sieben Zentimeter großes Hämatom an Sabrinas linker Schläfe und eine künstliche Wimper, die man hinter dem Fernseher fand.

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Faustschlag gegen die Schläfe?

„Meine These ist ein massiver Schlag mit der rechten Faust gegen die linke Schläfe im Stehen, wodurch auch die Wimper wegflog. Danach fiel das Opfer bewusstlos zu Boden, der Angeklagte griff zum Kabel und erdrosselte sie“, so der Ermittler. Dazu würde auch die Aussage des Angeklagten passen, Sabrina P. habe keine Gegenwehr beim Erdrosseln geleistet, fügte er hinzu.

Der Angeklagte selbst verfolgte die Aussagen wie schon am Vortag aufmerksam, aber ruhig und ohne emotionale Reaktion. In den kommenden Tagen verbleibt er nun erst einmal in Untersuchungshaft. Denn der Prozess wird erst am Montag, 21. Oktober, um 9 Uhr mit den Aussagen einer Gerichtsmedizinerin und des psychologischen Gutachters fortgesetzt.

Alle Informationen zum erneuten Prozess gibt es hier.