Er war kein lauter Mensch, keiner, der stets das Rampenlicht suchte. Und doch hat Joachim Kramer viele Menschen berührt, beeinflusst und begleitet. Um dieses Wirken und sein Andenken zu ehren, kamen fast 200 Weggefährten, Freunde, Bekannte und die Familie zu einer Trauerfeier in der Loreto-Kapelle am Stockacher Friedhof zusammen. Joachim Kramer war Ende Mai überraschend an Herzversagen gestorben. Zurück bleiben nicht nur seine Partnerin Claudia und Tochter Anna, sondern eine ganze Stadt, die um einen hilfsbereiten, engagierten und verlässlichen Mitbürger trauert.
Die Beisetzung der Urne wird zu einem anderen Zeitpunkt im engsten Familienkreis in der Waldruh Sankt Katharinen stattfinden. Eine letzte Ruhestätte mit direkter Nähe zu seinem geliebten See, Joachim Kramer hätte dies sicher gefallen. Denn Wasser war in der Tat Kramers Element. In den beiden Beiträgen zur Trauerfeier wurde seine große Liebe zum Wasser und zum Schwimmen deutlich.
„Ein herzensguter Mensch“
Die Stockacher Bürgermeisterin Susen Katter würdigte in einer emotionalen Rede nicht nur das Wirken von Kramer als SPD-Stadtrat und Fraktionsvorsitzender, sondern auch als Mensch und Mitbürger. Schon während ihres Wahlkampfes habe sie Kramer als „herzensguten Menschen“ kennengelernt, der keine große Sache um seine Hilfsbereitschaft und Großzügigkeit gemacht hatte. Vor seinem Schuhladen in der Goethestraße habe sie öfter ihren Wahlkampfstand stellen dürfen. Kramer sah diese Form der Unterstützung als selbstverständlich an.

Unter den Trauergästen war auch der ehemalige Bürgermeister Rainer Stolz, der seiner Amtsnachfolgerin den Vortritt am Rednerpult ließ. Aber für ihre Würdigung diente er als Quelle, schließlich war er langjähriger Weggefährte Kramer. Katter zitierte die Erinnerungen von Stolz, der selbst 1993 zum Bürgermeister gewählt wurde und ein Jahr später, ab 1994, zusammen mit Kramer im Gemeinderat zusammengearbeitet hatte. Und das gute 30 Jahre lang.
Hitzige Diskussionen habe es zwischen dem damals jungen Sozialdemokraten Kramer und damals jungen Bürgermeister Stolz gegeben. Erst mit den Jahren hätten beide eine tiefe Wertschätzung füreinander entwickelt.
Der Prototyp eines Gemeinderates
Als Prototyp eines Gemeinderates bezeichnete Stolz den SPD-Stadtrat Kramer. Er habe fraktionsübergreifend gedacht, sei mit Leidenschaft dabei gewesen, aber auch mit Sachverstand und Entscheidungsfreude. Gleichzeitig habe er die Fähigkeit gehabt, sich in andere hineinzuversetzen und verschiedene Blickwinkel einzunehmen.

Politisch war ihm bis zuletzt auch wieder das Wasser wichtig, oder besser gesagt: das Hallenbad. Dessen baldige Wiedereröffnung hatte Kramer immer vorangetrieben. Denn: „Was für manche in Stockach das Krankenhaus ist, ist für die anderen das Hallenbad“, wurde Kramer aus einer Gemeinderatssitzung zitiert. Kramer selbst schwamm für sein Leben gerne, mehrere Kilometer am Tag waren keine Seltenheit.

Und sein politisches Wirken hätte eine Zukunft gehabt. 1285 Stimmen hat Joachim Kramer bei der Kommunalwahl am 9. Juni bekommen. Der Tod Kramers kam überraschend nur knapp eine Woche vor der Wahl, da hatten viele Wählerinnen und Wähler ihre Stimme schon vorab per Briefwahl abgegeben. Das Vertrauen in den SPD-Poliitker als langjähriges Mitglied des Gemeinderates war ungebrochen. Auf seinen Platz rückt Fraktionskollege Michael Dorell, doch Kramers politischer Einfluss auf die gesamte Fraktion wird noch lange nachhallen.
Große Liebe zu Ungarn
Trauerrednerin Sarah Streit blickte auf den Menschen Joachim Kramer, oder Jo und Uhu, wie ihn seine Freunde nannten. Und auch hier spielte die Liebe zum Wasser eine gewisse Rolle. Im ungarischen Budapest, der Stadt mit mehr als 100 heißen Quellen und vielen Thermalbädern, studierte Kramer, lernte Land, Kultur und Sprache lieben und traf seine Frau, mit der er seine Tochter Anna bekam. Das Vater-Tochter-Verhältnis beschrieb Sarah Streit als eng und liebevoll. Kramer sei sehr stolz auf das Talent seiner Tochter gewesen, die als Schauspielerin in Wien tätig ist.
Die letzten Worte der Trauerfeier, die musikalisch ganz nach Kramers Geschmack mit Stücken von Schubert, Brahms und der österreichischen Sängerin Erika Pluhar umrahmt war, gehörten der Tochter des Verstorbenen selbst. Anna Kramer ergriff das Wort und dankte stellvertretend für ihren Vater allen für ihr Kommen an diesem Montagvormittag. Ein bescheidener Dank, wenig Worte, mit viel Gefühl gesprochen – auch das hätte Joachim Kramer gut gefallen.