Es ist ein Lebensweg, der betroffen macht. Und der geprägt ist von einer schweren Kindheit, von Sucht, vielen falschen Entscheidungen und einer Menge Kriminalität. Vor dem Amtsgericht Stockach war vor wenigen Tagen ein 39-jähriger Mann angeklagt, weil er im November 2023 vor einem Edeka-Markt in Ludwigshafen ein E-Bike im Wert von über 5000 Euro geklaut hat.

Vor Gericht räumte der Mann die Tat ein. Er erklärte, er sei während der Tat stark betrunken gewesen. Das Rad habe er eher zufällig mitgenommen, um damit zum Bahnhof in Ludwigshafen zu fahren. Dort habe er es stehen gelassen. An mehr könne er sich nicht mehr erinnern.

Drogen, Kriminalität, Haft – aber keine Ausbildung

Zudem berichtete der 39-Jährige von seinem harten Leben. Nachdem sein Vater verschwunden war, als er selbst gerade 14 Jahre alt war, sei er auf die schiefe Bahn geraten. „Ab da ging es bergab: Heroin, Kokain, Amphetamine, Beschaffungskriminalität, Haft rein, Haft raus“, fasste er die vergangenen 25 Jahre, von denen er 13 Jahre wegen 21 Taten im Gefängnis verbrachte, zusammen.

Eine Ausbildung habe er nie gemacht, außerhalb des Gefängnisses auch nie wirklich gearbeitet. „Wer stellt auch jemanden mit so vielen Vorstrafen noch ein“, erklärte er vor Gericht.

Positiver Wandel hilft nicht vor Gericht

Inzwischen sei er jedoch auf einem guten Weg. Nach seiner letzten Haftstrafe ist er seit anderthalb Jahren frei. „Meine längste Phase“, sagte er. Drogen habe er seit acht Monaten nicht mehr konsumiert, auch Alkohol trinke er seit Ende vergangenen Jahres kaum noch. Eine Ärztin, die seine Substitutionstherapie im ZfP Reichenau betreut, sei stolz auf ihn. Zudem wohne er seit wenigen Monaten bei seiner Freundin in Ludwigshafen, die auch zwei Söhne habe. „Das gibt mir Halt“, sagte er.

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Dies half ihm jedoch vor Gericht nicht, um eine erneute Haftstrafe herumzukommen. Denn der Geschädigte, ein Angestellter des Supermarktes, berichtete dort, auf einer Überwachungskamera sei zu sehen gewesen, dass der Angeklagte gezielt die Fahrräder vor dem Mitarbeitereingang begutachtet habe. Schließlich habe er seines ausgewählt, vermutlich weil es teuer und nicht verschlossen war, und sei lächelnd damit davon gegangen.

Zudem konnte die Polizei das Fahrrad nicht am Bahnhof auffinden. Der Geschädigte blieb bis heute auf der vollen Schadenssumme sitzen.

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So fiel das Urteil aus

Staatsanwalt Karol Thalheimer und Richterin Melina Michalski gingen daher davon aus, dass der Angeklagte vor Gericht nicht die ganze Wahrheit aussagte und das Fahrrad vermutlich verkauft hat. Michalski verurteilte ihn am Ende unter Einbeziehung einer erst kürzlich verhängten dreimonatigen Haftstrafe zu einer neuen Gesamtstrafe von einem Jahr und einem Monat Gefängnis. Das hatten auch Thalheimer und Verteidiger Sylvester Kraemer gefordert.

„Man schwankt bei Ihnen zwischen Mitleid und Fassungslosigkeit. Aber angesichts der Vorstrafen und Schadenshöhe sind sie mit der Strafe gut bedient“, sagte Michalski abschließend.