Herr Stetter, im vergangenen Jahr durften Sie erstmals als Gerichtsnarr an der Verhandlung des Narrengerichts teilnehmen, dieses Jahr sind Sie als Fürsprech direkt in einer tragenden Rolle tätig. Macht Sie das nervös?
Christoph Stetter: Das ist eine ganz tolle Aufgabe, und ich freue mich sehr darauf. Aber wenn man im Vorfeld die Klage bekommt und sieht, womit man sich auseinandersetzen darf, dann steigt natürlich die Nervosität. Aber es ist eine positive Aufregung, die ganz viel Vorfreude beinhaltet. Erst vor wenigen Tagen habe ich von unserem Säckelmeister gehört, dass die Halle fast ausverkauft ist. Da musste ich dann schon nochmal schlucken.
Herr Nadig, Sie haben in der Vergangenheit schon viel Bühnenerfahrung als Fürsprech sammeln können. Dieses Jahr haben Sie den Rollentausch gewagt und stehen erstmals als Kläger vor dem Narrengericht. Ist Ihnen die Umstellung schwergefallen?
Michael Nadig: Ja, das war durchaus eine Umstellung. Ich würde sagen, ich bin immer noch in der Metamorphose. Das Klageschreiben hat richtig Spaß gemacht, ist aber eine neue Herausforderung.
Was hat Sie daran gereizt, nach 14 Jahren die Rollen zu tauschen?
Michael Nadig: Ich wollte auch mal gewinnen (lacht). Wie in der echten Juristerei ist es aber auch hier eine gute Sache, wenn man mal die Rollen wechseln kann zwischen Verteidigung und Anklage. Wenn man so lange in einer Rolle ist, schleichen sich zudem gewisse Routinen ein. Deshalb tut ein Wechsel manchmal auch ganz gut.
Geben Sie uns schon mal einen kleinen Hinweis darauf, wofür sich die diesjährige Beklagte Julia Klöckner verantworten muss?
Michael Nadig: Nein, das ist wie mit dem Beklagten, das soll ein Geheimnis bleiben, auf das alle hinfiebern.
Es ist Ihnen aber vermutlich nicht schwergefallen, bei Julia Klöckner stichhaltige Anklagepunkte zu finden, oder?
Michael Nadig: Ich kann ehrlich zugeben: An sich bin ich ein Fan von Julia Klöckner. Mein erster Gedanke war: Das wird richtig schwer.
Christoph Stetter: Ich kann nur sagen: Wo er recht hat, hat er recht! (Beide lachen)
Michael Nadig: Ja, aber wie das auch im echten Leben ist: Wenn man ein wenig an der Oberfläche kratzt und schaut, was in den Tiefen verborgen ist, kommt schon einiges zutage. Ich habe mich mit meinen Ermittlungsbehörden in diesem Fall wirklich in die Tiefen vorgearbeitet und wir haben doch einiges gefunden. Insofern kann ich sagen: Das wird mit Sicherheit eine aparte Verhandlung und der Fürsprech wird ziemlich Arbeit haben.
Wir dürfen uns also auf einen spannenden Abend in der Jahnhalle freuen?
Christoph Stetter: Ja, die Leute können sich auf einen tollen Schlagabtausch einstellen.
Michael Nadig: Man muss dazu sagen, dass wir ja nur die Vorgruppe sind, wenn man so will. Wir müssen so gut vorlegen, dass die Hauptperson, also unsere Beklagte, gut zur Geltung kommt.
Wie schwer war es in diesem Jahr, jemanden zu finden, der als Beklagter nach Stockach kommt?
Christoph Stetter: Wir hatten einige Kandidaten auf unserer Liste, schließlich gibt es viele, die etwas auf dem Kerbholz haben. Aber die Suche nach einem Beklagten war dann in der Tat nicht ganz einfach. Lange wusste man nicht, wann genau die Bundestagswahl ist. Insofern sind wir sehr froh, dass sich Julia Klöckner bereit erklärt hat, zu kommen. Ich denke, die Tatsache, dass die Halle wieder ausverkauft ist, zeigt auch, dass es eine gute Wahl war.
Wie kann man sich die Vorbereitung auf eine Narrengerichtsverhandlung vorstellen? Stehen Sie in regelmäßigem Kontakt mit der Beklagten?
Christoph Stetter: Ich stehe als ihr direkter Ansprechpartner in regelmäßigem Kontakt mit ihr. Vorab bekommt sie natürlich nicht nur die Vorladung, sondern auch die Anklage, damit sie weiß, warum sie angeklagt ist.
Sie kämpfen als Fürsprech eigentlich auf verlorenen Boden, schließlich ist vor dem Narrengericht noch nie jemand ungeschoren davongekommen, oder?
Christoph Stetter: Die einen sagen so, die anderen so. Ich werde natürlich alles in die Waagschale werfen, damit das Narrengericht das nächste Jahr über auf dem Trockenen sitzt.
Michael Nadig: Die Hoffnung stirbt zuletzt! (Beide lachen)
Christoph Stetter: Es wird meine Aufgabe sein, dass die Beklagte so gut wie möglich aus der Verhandlung herauskommt und Stockach in möglichst positiver Erinnerung behält.
Michael Nadig: Das Schöne ist: Man weiß ja nie, ob es nicht am Ende doch mal einen Freispruch gibt. Jeder muss also auf seinem Posten kämpfen. Ich war 14 Jahre lang Fürsprech und man muss dann mit Würde verlieren und möglichst auf eine Art und Weise, dass der oder die Beklagte gut aussieht. Am Ende geht es nicht so sehr um das Gewinnen oder Verlieren, sondern um eine gute Show und darum, dass die Leute Spaß haben und dafür sind wir beide mitverantwortlich.
Üben Sie Ihre Vorträge eigentlich vorab zusammen oder hören Sie die Plädoyers des jeweiligen Gegners tatsächlich das erste Mal live auf der Bühne?
Michael Nadig: Bisher war es immer so, dass es wirklich eine Live-Premiere war. Die Texte sind natürlich bekannt, aber es bleibt immer Raum für Spontanität und in der Regel fallen einem auch bis zum Schluss noch Dinge ein oder wir gehen auf aktuelle Entwicklungen ein. Wichtig ist uns aber, dass alles mit den Beklagten abgesprochen ist. Wir wollen hier niemanden in die Pfanne hauen. Das ist, glaube ich, auch ein Teil des Erfolgsrezepts, dass die Politiker Jahr für Jahr immer wieder kommen.
Christoph Stetter: Zudem bietet das Stockacher Narrengericht Politikern auch die Chance, sich mal von einer ganz anderen Seite zu zeigen. Da erlebt man ja immer wieder Überraschungen. Das ist für alle Beteiligten schön.
Was wünschen Sie sich für den Schmotzigen Dunschtig?
Michael Nadig: Dass es ganz entspannt abgeht, dass es keine blödsinnigen Auswüchse drumherum gibt, wie im vergangenen Jahr mit Protestaktionen gegen Karl Lauterbach. Ich wünsche mir auch, dass es eine lockere und lustige Veranstaltung wird, an der alle, also sowohl die Zuschauer, als auch wir vom Narrengericht und Julia Klöckner als Beklagte, Spaß haben können.
Christoph Stetter: Ich wünsche mir eine wunderbare Veranstaltung mit ganz viel Spaß und am Ende einen Freispruch.