Diese Stadt hat mehr zu bieten als schöne Fassaden: Bei der ersten Stockacher Einkaufsführung öffneten sich die Türen von drei ausgewählten Geschäften für spannende Einblicke hinter die Kulissen. Die Teilnehmer lernten den heimischen Handel, verborgene Höhepunkte und die engagierten Menschen dahinter kennen.
Organisiert vom Kulturamt Stockach zusammen mit Einzelhändlern und der Wirtschaftsförderung, führte diese erste Tour zu drei Stationen in der Oberstadt. Begleitet wurde die Gruppe von Kulturamtsleiterin Corinna Bruggaier, die mit historischem Wissen durch die Geschäfte leitete – stets mit einem Sinn für die kleinen, besonderen Momente.
Umweltzentrum: Regional denken, global handeln
Erste Station war das Umweltzentrum an der Hauptstraße. Sabrina Molkenthin, Leiterin des Hauses und langjährig engagiert im Förderverein, begrüßte die Gäste mit einem Augenzwinkern – und einem Glas selbstgemachter Waldmeisterlimonade. „Hier wurde schon viel gemacht: gewaschen, geimkert, gebacken“, erzählte sie mit einem Blick auf die historischen Mauern. Seit 33 Jahren engagiert sich der Förderverein für Tierschutz und Naturschutz in Stockach – und bringt mit seinem Laden regionale Produkte wie Honig und Apfelsaft in die Innenstadt.
Auch fair gehandelte Schokolade, die per Segelschiff aus Südafrika und dann per Fahrrad nach Stockach kommt, gibt es hier zu kaufen. Der Verein ist unabhängig und arbeitet dabei eng mit der Stadt zusammen. Zum Beispiel werden Schulen besucht und verschiedene Naturschutzprojekte im Umkreis gefördert. Eines dieser Projekte erstreckt sich von Wahlwies bis nach Espasingen: Naturwiesen und Insektenparadiese werden ermöglicht. Nachhaltigkeit, das werde hier nicht gepredigt, sondern gelebt – bodenständig und charmant, betonte Molkenthin.
Wundervoll: Wenn Mode auf Musik trifft
Etwa 160 Meter weiter in Richtung Narrenbrunnen betreibt Anja Schmidt ihr Geschäft „Wundervoll“ in den stilvoll sanierten Räumen des einstigen „Deutschen Hauses“ entfaltet sich ihr Konzept „Jede Frau soll sich bei uns gesehen und wohlfühlen“, erklärte sie. Viel Liebe stecke sie in die Kleidung: persönlich hole Anja Schmidt in Sindelfingen neue Looks und habe dabei immer ihre Kundinnen im Hinterkopf.
Doch das allein mache „Wundervoll“ noch nicht einzigartig. Schmidt ist auch Musikerin – am Abend der Führung griff sie zur Handpan, einem sphärisch klingenden Instrument, das sie nicht nur spielt, sondern auch verkauft. Ihre kurze Live-Darbietung sorgte für Gänsehaut in der Gruppe. Auch Workshops, Musikunterricht und kleine Veranstaltungen gehören zum Repertoire.
Mahlwerk: Wo der Kaffee Geschichten erzählt
Den Abschluss bildete das „Mahlwerk“ im alten Rathaus – ein Café, das an zwei Tagen die Woche öffnet und ansonsten für verschiedene Veranstaltungen zur Verfügung steht . Roland und Steffi Rossdeutscher haben hier ein Refugium für regionale Genusskultur geschaffen. Gegenüber kann man sich zum Thema Kaffeemaschinen beraten lassen und sich, wenn es sein soll, auch eine neue zulegen. Während Roland Rossdeutscher Kaffee servierte, wartete Steffi Rossdeutscher mit ihrer Kostbar auf, wo es Quiches und Desserts gab.
Alles frisch, alles aus der Region, alles selber zubereitet, versprach sie. „Wir wollen zeigen, was regionale und saisonale Küche kann „, sagte Steffi Rossdeutscher. Die beiden sind stolz auf das Geschaffene. Sie haben zusammen alles aufgebaut und einige Unwegsamkeiten wie die Corona-Pandemie erfolgreich überstanden.
Das Mahlwerk sei auch ein Raum für interkulturelle Begegnungen. „Kaffeeklatsch“ heiße das Format, in dem hier Austausch und Sprachkurse für Geflüchtete stattfinden können.
Starke Innenstädte leben von Begegnung
„Diese Führungen machen unsere Innenstadt erlebbar“, resümierte Wirtschaftsförderin Regina Schlecker am Ende der Führung. In Zeiten, in denen der stationäre Einzelhandel um seine Rolle ringe, könnten Veranstaltungen wie diese ein Zeichen setzen: für Nähe, für Authentizität, für Vielfalt.
Die Einkaufsführung zeigt: Es geht nicht um Konsum allein, sondern um die Geschichten, die Menschen und die Haltung dahinter. Die nächste Einkaufsführung ist für den Herbst geplant – mit mit neuen Stationen und neuen Geschichten.
