Es war der Nachmittag des 4. Septembers 1992, ein Freitag, als ein Nachbar ins Polizeirevier in der Stockacher Oberstadt an der Kurve Hauptstraße/Markplatz/Pfarrstraße reingerannt kam. „Ich glaube, es brennt!“

Das habe der Mann gesagt, erzählt der 66-jährige Polizist Winfried Barke, der zu diesem Zeitpunkt alleine im Revier saß. Er sei sofort hinaus gelaufen und habe deutlichen Rauch über dem Dach gesehen.

Am frühen Abend des 4. Septembers 1992 lodern die Flammen in die Höhe. Die Feuerwehr löscht von verschiedenen Seiten und im Inneren des ...
Am frühen Abend des 4. Septembers 1992 lodern die Flammen in die Höhe. Die Feuerwehr löscht von verschiedenen Seiten und im Inneren des Gebäudes. | Bild: Karl Rudigier

Ja, das Dach brannte tatsächlich. Barke erinnert sich, wie er wieder hineinging, um die Feuerwehr zu verständigen und die Streife zurückzurufen. Die Kollegen hätten dann sofort die Straßen abgesperrt. Barke habe auch im Dachstuhl ganz kurz nachgesehen. „Alles war feuerrot“, sagt er über den Sekundenbruchteil, den er durch die Tür geschaut habe. Dort oben seien alte Akten und Klopapier-Vorräte gelagert worden.

Feuerwehr bekämpft Flammen von allen Seiten

Die Rauchsäule, die von Weitem zu sehen war, ließ nichts Gutes erahnen – das wusste Bernd Zimmermann, der unter den ersten Feuerwehrkräften vor Ort war. „Es ist eine klare Ansage, wenn man sowas sieht.“

Er und sein Feuerwehrkollege Roland Schönherr waren auf der Gebäudeseite in der Pfarrstraße, weitere Stockacher Kräfte an der Hauptstraße bei der Volksbank. Die Verstärkung aus Radolfzell mit einer großen Drehleiter habe sich zwischen Revier und Apotheke aufgebaut, erzählt Schönherr.

Die Feuerwehr ist am Eingang in der Pfarrstraße und legt eilig die Schläuche für die Löscharbeiten. In den 90ern entstanden viele Bilder ...
Die Feuerwehr ist am Eingang in der Pfarrstraße und legt eilig die Schläuche für die Löscharbeiten. In den 90ern entstanden viele Bilder für die Zeitung auf Schwarz-Weiß-Negativen. | Bild: SK-Archiv

Zimmermann sei das Treppenhaus hochgegangen, aber eine Etage unter dem Dachgeschoss ausgebremst worden. „Wir konnten nur auf Abstand Wasser reinspritzen.“ Und das geschah von allen Seiten, oben und unten, wie auch Fotos aus dem Archiv der Lokalredaktion zeigen.

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Die Oberstadt entgeht einer Kettenreaktion

Der Dachstuhl des Reviers sei höher gewesen als bei umliegenden Gebäuden. Dadurch habe das Feuer nicht übergreifen können, so Zimmermann. Wären Dächer aus den historischen Häuserreihen in Brand geraten, hätte es eine Kettenreaktion gegeben. Es brauchte auf jeden Fall extrem viel Wasser, um die Flammen in den Griff zu bekommen.

Schönherr war im zweiten Fahrzeug, das eine Schlauchleitung von einem Hydranten an der Grundschule über hunderte Meter bis hin zur Einsatzstelle gelegt hatte. Das sei nötig gewesen, da die Wasserversorgung in der Oberstadt nicht so gut war.

Während der Löscharbeiten wird das Revier schnell ausgeräumt und Polizisten sowie Feuerwehr rennen hin und her.
Während der Löscharbeiten wird das Revier schnell ausgeräumt und Polizisten sowie Feuerwehr rennen hin und her. | Bild: SK-Archiv

Polizist bleibt trotz Brand am Funkgerät

Barke hielt lange im Erdgeschoss die Stellung. „Das Wasser lief wie ein Wasserfall die Treppe runter und tropfte durch die Decken“, erinnert er sich. Er sei mit Schutzhelm am Funkgerät gesessen und habe am Telefon Anrufer beruhigt. Die Kollegen hätten das Inventar in Sicherheit gebracht. Die Akten seien in Garagen gegenüber untergebracht worden.

Winfried Barke erinnert sich heute gut daran, wie er am 4. September 1992 während der Löscharbeiten die Stellung im Polizeirevier hielt.
Winfried Barke erinnert sich heute gut daran, wie er am 4. September 1992 während der Löscharbeiten die Stellung im Polizeirevier hielt. | Bild: SK-Archiv

Die Feuerwehr unterstützte laut Zimmermann das eilige Ausräumen der Wache, sei aber beim Wegbringen der Waffen und Munition streng begleitet worden. Er habe außerdem beim Raustragen von zwei Gasflaschen des Heizungsbauers geholfen, die zum Abkühlen in die Aach gelegt worden seien – ein gefährlicher Transport.

Barke blieb im Revier, bis ihm das Wasser um die Knöchel herum gestanden sei und die Feuerwehr ihn aufgefordert habe, das Gebäude zu verlassen. „Ich musste durch das Fenster und die Mülltonnen dort steigen“, erzählt er.

Brand des damaligen Polizeigebäudes in der Stockacher Oberstadt.
Brand des damaligen Polizeigebäudes in der Stockacher Oberstadt. | Bild: Karl Rudigier

Ersatzrevier schräg gegenüber

Das Gebäude war nach dem Brand nicht mehr nutzbar. Die Polizei konnte gegenüber in der Pfarrstraße eine provisorische Wache einrichten. Dort waren die Beamten so lange, bis sie in die Winterspürer Straße in Räume des ehemaligen Landwirtschaftsamts umziehen konnten. In diesem Haus ist das Revier noch heute.

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Und die Brandursache? Bereits im ersten SÜDKURIER-Bericht vom 5. September 1992 sprach die Feuerwehr von einem Schwelbrand nach Schweißarbeiten im Gebäude, der sich über Stunden langsam zu einem Dachstuhlbrand entwickelt habe.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels stand aufgrund von Informationen der Zeitzeugen in der Bildunterschrift der Feuerwehrleute in der Hauptstraße, dass dies Wehrmitglieder aus Radolfzell gewesen seien. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass es Feuerwehrleute aus Wahlwies waren. Die Bildunterschriften wurden angepasst.