Zufrieden blickt Revierleiter Wolfgang Widmann auf die Kriminalitätsstatistik für das Jahr 2024. Und das, obwohl die Zahl der Straftaten im Revierbereich um 7 Prozent gestiegen ist. Doch dafür gibt es laut Widmann gute Erklärungen – und der Gesamttrend im Revierbereich sei positiv. „Die Bürgerinnen und Bürger können sich hier sehr sicher fühlen“, so der Polizeichef.
Konkret zeigt die Statistik, dass die Zahl der Straftaten in gesamten Revierbereich, das heißt innerhalb der Verwaltungsgemeinschaft, von 1261 Fällen um 88 auf 1349 gestiegen ist. Der Mittelwert über die vergangenen fünf Jahre, laut Widmann eine für die Polizei wichtige Vergleichsgröße, liegt bei 1262 Taten.
Die Zahl der Straftaten
Auch die Häufigkeitszahl ist von 3672 auf 3912 gestiegen. Sie gibt an, wie viele Straftaten hochgerechnet auf 100.000 Einwohner passiert sind, um Vergleiche zwischen Gebieten ziehen zu können, so Widmann. Nur in der Stadt Stockach selbst ging die Fallzahl von 842 auf 807 zurück, im Jahresmittel liegt sie bei 793.
Doch den Revierleiter beunruhigen die gestiegenen Zahlen nicht. „Die Zunahme gegenüber 2023 lässt sich nahezu komplett durch zwei Delikte erklären: Betrug und Sachbeschädigung“, sagt er. So nahmen die Betrugsfälle von 138 auf 194 gegenüber dem Vorjahr zu. Das Fünfjahresmittel liegt bei 166. Die Sachbeschädigungen stiegen von 114 auf 172 an, hier liegt das Mittel bei 153.
Darum gibt es mehr Betrüge und Sachbeschädigungen
Beides ist laut Widmann erklärbar. „Bei den Betrugsfällen handelt es sich vor allem um eine Zunahme von Betrügereien bei Onlineshops und Maschen per Telefon oder WhatApp. Hier scheinen die hiesigen Vorwahlen gerade zufällig Ziel zu sein“, ordnet er ein. Diese Art von Betrug nehme generell zu.
Widmann appelliert: „Hier wünsche ich mir, dass die Menschen kritischer sind. Wem etwas bei einem Kauf verdächtig vorkommt, darf sich gerne an Bekannte oder direkt die Polizei wenden.“ Denn nur wenn man einen Betrug anzeigt, könne man auch das Geld unter Umständen wieder erhalten
Die Zunahme der Sachbeschädigungen sei erklärbar, da die Polizei den Gemeinden vor 2024 geraten habe, Vandalismus und Graffiti im öffentlichen Raum öfter anzuzeigen. Denn hier sei die Aufklärungsquote relativ niedrig. Man hoffe darauf, durch vermehrte Anzeigen Muster in den Graffitis und Tags erkennen zu können, um gewisse Gruppen ausmachen und ansprechen zu können. Zudem wolle man so das Sicherheitsempfinden der Bürgerinnen und Bürger erhöhen.
Mittelwerte noch immer durch Corona-Pandemie verzerrt
Auch eine Zunahme gegenüber dem Fünfjahresmittel sei zu erwarten gewesen. Dieses sei bei allen Straftaten noch nach unten verzerrt, da während der Pandemiejahre 2020 bis 2022 weniger Straftaten begangen wurden. Außerdem wohnen bei 30 Prozent der Kreisfläche nur 5 Prozent von dessen Bewohnern im Revierbereich. „In einem kleinen Raum wie Stockach sind die Fallzahlen so gering, dass wenige Täter für große statische Ausreißer sorgen können“, sagt Widmann.
Sexualdelikte und Körperverletzungen nehmen leicht zu
Dies macht sich beispielsweise bei den Sexualstraftaten bemerkbar. So gab es 2024 einen Anstieg um 200 Prozent bei den Vergewaltigungen – von zwei auf sechs Fälle. „Das ist schlimm, aber Rückschlüsse auf die Sicherheit im öffentlichen Raum lassen sich dadurch nicht ziehen“, kommentiert Widmann. Die Taten seien im privaten Raum passiert, also zwischen Bekannten, und nicht im Dunkeln auf der Straße, wie man oft annehme.
Auch darüber hinaus nahm die Zahl der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung um 14 Fälle zu. Zum größten Teil handle es sich dabei laut Widmann aber nicht um brutale Taten, sondern um die Verbreitung pornografischer Medien.
Weniger Diebstähle, mehr Wirtschaftskriminalität
Die Zahl der Körperverletzungen lag 2024 bei 175 und damit konstant (Vorjahr 166, Fünfjahresmittel 157). Die Zahl der Diebstähle sank von 355 auf 309. Allerdings war 2023 hier auch ein Ausreißer nach oben, was vor allem an Ladendiebstählen lag. Laut Widmann sei dies in einer kleinen Stadt wie Stockach, wo Geschäfte nur zeitweise einen Detektiv einsetzen, normal. „Wenn ein Supermarkt dann mal drei Wochen einen Ladendetektiv da hat, hat man sofort 30 Fälle mehr“, sagt er.
Zugenommen hat außerdem die Wirtschaftskriminalität, von 22 auf 38 Fälle. Dabei handelt es sich laut Widmann um große Betrüge durch Unternehmen. „Ich denke, das kommt durch Fälle von illegalen Coronahilfen, die jetzt zurückgezahlt werden müssten und daher auffallen“, begründet der Revierleiter.
Wer sind die Tatverdächtigen?
Aufschluss gibt die Kriminalstatistik auch über die Tatverdächtigen. So waren von 699 Tatverdächtigen 519 männlich und 180 weiblich, was dem üblichen Verhältnis entspricht. Das Fünfjahresmittel liegt bei 513 und 173. Erfreulich sei, dass die Zahl der Tatverdächtigen unter 21 Jahren von 144 auf 118 Fälle sank. Die Zahl der unter 14-jährigen Verdächtigen stieg hingegen von 26 auf 41.
Der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger lag bei 33,8 Prozent, 2023 bei 32,9 Prozent, im Jahresmittel bei 30,3 Prozent. Damit liege der Revierbereich im bundesschnitt, so Widmann.
Als „erfreulich hoch“ bewertet der Revierleiter die Aufklärungsquote von 67,5 Prozent. Zwar liege sie rund drei Prozentpunkte unter 2023, allerdings spielten da die vermehrt angezeigten Sachbeschädigungen rein. Das Präsidium erreiche 64,5 Prozent. Beide Werte seien über dem Bundesschnitt von 60,3 Prozent. Hier helfe die ländliche Struktur bei der Ermittlung von Tätern, da die Leute mehr aufeinander achten würden und Hinweise geben.
Positives Fazit und Appell an die Bürger
Zufrieden ist Widmann auch mit dem Erfolg von Sicherheitskonzepten bei Großveranstaltungen, zum Beispiel an der Fasnacht und dem Schweizer Feiertag. „Wir haben hier mit der Verwaltung zusammengearbeitet. Das ist aufgegangen, es gab kaum Gewaltdelikte, deshalb wollen wir das beibehalten.“
Zurückgegangen ist auch die Gewalt gegen Polizeibeamte auf 19 Fälle, die 2023 einen Ausreißer nach oben (30) hatte. „Das ist mir aber noch immer zu hoch, angesichts von nur 30 Beamten im Streifendienst“, sagt Wolfgang Widmann.
Sein Gesamtfazit fällt dennoch positiv aus. Er sagt: „Insgesamt bin ich mit den Daten zufrieden. Es gibt keinen Grund, sich Sorgen zu machen, man kann in unserem Revierbereich sicher leben. Alle Zahlen sind absolut im Rahmen, die Zunahme lässt sich gut erklären. Die Menschen sollten aber vielleicht im Internet etwas aufmerksamer und vorsichtiger sein.“