Die Gemeinde-Mosterei in Vilsingen ist in die diesjährige Saison gestartet. Bis Ende Oktober werden dort samstags – bei Bedarf auch freitagnachmittags – Äpfel und Birnen zu Saft gepresst. „Es kommen viele junge Familien mit Kindern, die es schätzen, zu 100 Prozent Apfelsaft aus ihren eigenen Äpfeln zu bekommen. Oft trinken sie die ersten Gläser frisch gepresst direkt noch in der Mosterei“, erzählt Karl-Anton Stroppel. Er versieht an diesem ersten Most-Samstag mit Thomas Klein und Julian Gombold seinen Dienst in der Mosterei.

Als Erstes wird geduscht
Schon früh am Morgen sind die Familien Daniel Sessler und Patrick Lutz aus Vilsingen gekommen. Rund 200 Kilogramm der Sorte Jakob Fischer haben die Sesslers gebracht. Bei Anlieferung fallen die Äpfel über eine Schütte in ein Wasserbad. Die Äpfel schwimmen weiter, fahren mit einem Elevator nach oben, erhalten eine weitere Dusche, bevor sie von oben in den Häcksler rutschen. Die klein geschnittenen Apfelstücke werden auf Holzrosten in Packtücher eingeschlagen und mit 150 bar Druck ausgepresst. Der Apfelsaft läuft direkt in eine Wanne und wird am Ende von den Anlieferern mit einer Pumpe in mitgebrachte Fässer und Kanister gefüllt. Den Trester nehmen gern die Jäger zur Wildfütterung ab.
Nachfrage ist stark gestiegen
„Der Jakob Fischer ist ein süßer Apfel. Das gibt einen guten Apfelsaft. Er enthält keine Säure und bleibt naturtrüb. Das habe ich über 30 Jahre getestet“, sagt Daniel Sessler. Der Besuch in der Mosterei sei ein Ereignis für die Familie von Klein bis Groß mittlerweile in dritter Generation. Ein Zentner Äpfel ergibt etwa 30 Liter Saft, erläutert Stroppel. Er ist nahezu seit 20 Jahren in der Gemeindemosterei tätig. Die gehört der Gemeinde Inzigkofen und wird als Service für die Bürger betrieben. Seit Schließung der ZG Raiffeisen in Rohrdorf ist die Nachfrage in der Gemeinde-Mosterei Vilsingen um das Doppelte und Dreifache gestiegen. Die Mostpresse ist 60 Jahre alt. Vor fünf Jahren beschloss der Gemeinderat Inzigkofen die Erneuerung der Presse und investierte dafür rund 5000 Euro, erzählt Stroppel.

Gebühren richten sich nach Menge
Die Mosterei-Gebühren werden nach der Anlieferungsmenge berechnet. Kleinmengen bedeuten für die Moster mehr Aufwand und sind im Preis höher als größere Mengen. „Ganz toll, dass sie das hier noch betreiben“, wendet sich Henrike Gänß aus Wald an Stroppel. In dicken Gummistiefeln, wasserabweisenden Schürzen und Handschuhen bedienen Thomas Klein und Julian Gombold die Presse. Gombold packt bereits seit zehn Jahren als „Aushilfe“ in der Gemeinde-Mosterei mit an. „Es ist einfach eine Gaudi“, begründet er seinen Einsatz.
Saftvorrat fürs ganze Jahr

Familie Bernd Storek aus Engelswies hat in der Nachbarschaft Äpfel und Birnen gesammelt. „Wir sind Öko-Verwerter“, sagt Bernd Storek. Seine Frau Lisi berichtet: „Der Mann aus der Nachbarschaft hat sich gefreut, dass wir die Früchte auflesen, da er sie selbst nicht mehr auflesen kann.“ Die Familie nutzt nun zum dritten Mal die Mosterei. „Das Mosten war eine der ersten Amtshandlungen als Neubürger,“ erzählt Bernd Storek. Die drei Kinder haben Becher mitgebracht, um sofort den neuen Apfelsaft zu probieren. Lea Storek darf den Schalter der Abfüllpumpe bedienen. Ihr Vater befüllt die Fässer. Leas Bruder Levi hat den Füllstand in den Fässern im Blick und ruft laut: “Stopp!“. Familie Storek hat fünf Zentner Äpfel und Birnen gebracht und nimmt rund 130 Liter Saft mit nach Hause. Daheim ist Lisi Storek dann noch stundenlang damit beschäftigt, den Saft auf dem Herd durch das Erhitzen auf rund 80 Grad Celsius haltbar zu machen und in Flaschen abzufüllen. Mit diesem stattlichen Vorrat kommt die fünfköpfige Familie gut übers Jahr.
Vorab Termin vereinbaren
Wer sein Obst mosten lassen möchte, muss mit Thomas Klein einen Anliefertermin vereinbaren. Die Presse läuft an den Samstagen bis Ende Oktober oft von 7.30 bis 17 Uhr und bei Bedarf auch an Freitagnachmittagen. Etwa im Halbstundentakt kommen neue Anlieferungen, wie etwa die von Karl Gruber aus Gutenstein und seiner Tochter Ingrid Föhl. Die Freitage werden auch gern von den Kindergärten Vilsingen und Engelswies oder der Grundschule genutzt, um den Kindern die Apfelsaftherstellung zu zeigen. Oft kommen sie mit den Eltern, bringen Biergarnituren mit und machen ein Ereignis oder „Mostfest“ daraus.
Most zum Speck
Vielen der Anlieferer dient der Saft als Grundlage für die Mosterzeugung. „So ein richtiges Bauernvesper mit Speck, Wurst und Most macht in unserer Gegend schon was her und ist Tradition“, unterstreicht Karl-Anton Stroppel. Normalerweise sei der Most bis Weihnachten vergoren. Im Frühjahr findet immer im Sportheim Vilsingen eine Mostprämierung statt. „Das ist ‚ne Gaudi“, schildert Stroppel.