Immer mehr Bäuerinnen wollen bei der Zukunft ihrer Höfe mitreden. Das wurde auch beim Kreisbauerntag des Bauernverbandes Biberach-Sigmaringen in der Festhalle in Laiz deutlich. Und man hatte mit Ökonomierätin Andrea Schwarzmann aus Vorarlberg auch für ein Paradebeispiel einer Landwirtin gesorgt, die bei der Arbeit und in der Politik täglich ihren Mann steht.

Ernährungssicherheit wird fragiler

Weil Kreisobmann Karl Endriß aus Gammertingen-Bronnen in Reha ist, lag es an seiner Stellvertreterin Martina Magg-Riedesser aus Achstetten bei Laupheim, die Gäste zu begrüßen. Es war ihre erste Ansprache beim Kreisbauerntag und bestimmt nicht die letzte. Engagiert und selbstbewusst legte die Bäuerin ihr Augenmerk auf die Probleme, die derzeit ihren Berufsstand drücken. In der Pandemie habe das Stichwort „systemrelevant“ einen Stellenwert in Gesundheitsversorgung, Produktion und Gesundheitsversorgung bekommen. Für Magg-Riedesser ist klar: „Auch die Landwirtschaft ist systemrelevant, denn sie muss für die Ernährungssicherheit sorgen.“ Die werde aber immer fragiler. „Bei vielen Produkten liegt der Selbstversorgungsgrad in Deutschland und Baden-Württemberg bei deutlich unter 100 Prozent, bei Obst sogar unter 20 Prozent.“ Die Kosten für Energie und Futtermittel hätten sich in allen landwirtschaftlichen Bereichen verdoppelt, teilweise sogar vervierfacht.

Kampf um die Flächen

Erstmals in seiner Geschichte sei der Ökomarkt geschrumpft. Der Umsatz sank um 4,1 Prozent. Die Erzeugerpreise seien relativ stabil geblieben. Dem Öko-Markt sei wegen der wirtschaftlichen Lage ein erhebliches Käuferpotenzial weggebrochen. Allgemein seien die Rahmenbedingungen nicht besser geworden. „Wir kämpfen um die Fläche“ machte die Rednerin deutlich. Freiflächenphotovoltaik, neue Wohn- und Gewerbegebiete und Bioenergie seien kaum zu bremsen. Doch ohne Fläche auch keine landwirtschaftliche Produktion. Fazit: „Wenn man die Ernährung der Bevölkerung aus der Hand gibt, ist man abhängig und verkauft.“

Chancen durch die Regionalität besser nutzen

Landesbauerin Andrea Schwarzmann aus Vorarlberg setzt auf Vertrauen und neue Ideen.
Landesbauerin Andrea Schwarzmann aus Vorarlberg setzt auf Vertrauen und neue Ideen. | Bild: Fahlbusch, Karlheinz

„Schon die Generation vor uns war sich klar, wenn wir nur auf Produktion, Menge und Größe setzen, sind wir mit unseren Strukturen und unseren Grenzen, die uns die Natur setzt, im europäischen Umfeld immer die Zweiten“, stellte die Vorarlberger Landesbäuerin Andrea Schwarzmann fest. Deshalb habe man ein Modell der Agrarpolitik entwickelt, das die Mehrfachfunktion des Bauern in den Mittelpunkt stellt. Im Bereich der Lebensmittelproduktion bedeute das Klasse statt Masse, Markenprodukte und regionale Spezialitäten mit höherer Wertschöpfung. „Umweltleistungen haben in der Bevölkerung sogar den höheren Stellenwert wie die Lebensmittelerzeugung“, weiß die Frau, die im Februar 58 Jahre alt wird. Für diese Leistungen, die die Konsumenten nicht bezahlen, müssen in Österreich Land und Bund eine ordentliche öffentliche Abgeltung leisten. Bäuerliche Produkte werden mit bäuerlicher Dienstleistung aufgewertet und damit in eine besondere Marktposition gebracht. Damit werden neue Einkommensquellen erschlossen wie die Veredelung, Direktvermarktung, Urlaub am Bauernhof, Maschinenring-Service oder Energie vom Bauernhof. „Dabei fällt die Konkurrenz mit den Allerweltsprodukten weg. Das sind stabilere Märkte, zumal die Regionalität an Bedeutung gewinnt“, machte Schwarzmann deutlich.

Vertrauen gewinnen

Gesunde Lebensmittel mit Herkunfts- und Qualitätsgarantie, das Vermitteln der natürlichen Kreisläufe im Rahmen von Schule am Bauernhof, Einblick wo Lebensmittel entstehen mit Tagen der offenen Stalltür und die Pflege der Vielfalt in der Kulturlandschaft, das sind für die Landesbäuerin konkrete Lebenswerte fürs Volk, wo die Bäuerinnen und Bauern die Hand im Spiel haben. Dies müsse man den Menschen vermitteln und damit ihr Vertrauen gewinnen. Die Konkurrenz vom Weltmarkt sei da im Nachteil. Schwarzmann: „Da haben wir einen Wettbewerbsvorteil. Den müssen wir mit schlauer und guter Öffentlichkeitsarbeit nutzen.“ Der Dialog mit der Gesellschaft ist für sie ein Schlüssel fürs Überleben der heimischen Landwirtschaft. Die Lebensmittel- und Tourismuswerbung erzeuge bei der Bevölkerung Erwartungen, die mit der Realität nur wenig zu tun hätten. Diese Kluft könnten die Bäuerinnen und Bauern nur durch den offenen und persönlichen Dialog schließen.

Biogas ein „schlafender Riese“

Die Sternsinger aus Laiz brachten gleich zu Beginn ihre Botschaft, die von Hoffnung geprägt ist. Hoffnung bei den Bauern ist aber ...
Die Sternsinger aus Laiz brachten gleich zu Beginn ihre Botschaft, die von Hoffnung geprägt ist. Hoffnung bei den Bauern ist aber abhängig von dem, was die Politik entscheidet. | Bild: Fahlbusch, Karlheinz

Landrätin Stefanie Bürkle forderte in ihrem Grußwort die Verbraucher auf, ihr Verhalten überdenken. „Immer billig, billig“ würde den Bauern und der Qualität der Lebensmittel schaden. Dass die Technikerschule mit einer vollen Klasse gestartet ist, wurde sehr gut aufgenommen. Der Andrang sei enorm. Bürkle: „Wir könnten sogar eine zweite Klasse bilden. „Auch der Landtagsabgeordnete Klaus Burger, er sprach auch im Namen seiner Kollegin Andrea Bogner-Unden, forderte mehr Wertschätzung für die Landwirtschaft. Er hat Biogas als „schlafenden Riesen“ ausgemacht. Da könne man noch viel mehr tun, auch ohne nur einen Quadratmeter Mais mehr anzubauen. Burger: „Das Ausland macht es uns vor.“