Eine Grundsatzdebatte zum Thema „Geschwindigkeitsüberwachung“ beziehungsweise Einsatz von Blitzern entspann sich in der jüngsten Sitzung des Verwaltungsausschusses des Kreistages. Letztlich ging es darum, ob der Landkreis noch eine zweite semistationäre Geschwindigkeitsmessanlage kauft oder in etlichen Ortschaften sogenannte „Blitzersäulen“ errichtet und die abwechselnd mit einer Kamera bestückt werden sollen.

Grundsatzdebatte über Geschwindigkeitsmessungen

Eigentlich hatte der Fachbereich Recht und Ordnung vom Ausschuss „nur“ um die Zustimmung gebeten, ihren Blitzer-Anhänger künftig flexibel in ihrem Zuständigkeitsbereich einsetzen zu dürfen. „Die Verkehrsteilnehmer passen durch den Einsatz des Blitzeranhängers ihr Fahrverhalten auf die zugelassene Geschwindigkeit an. Es wird ein Mehr an Sicherheit gewonnen und die berechtigten Interessen der Anwohner besser geschützt“, hatte Fachbereichsleiterin Anja Schäfer in ihrer Vorlage formuliert. Vor allem in Baustellenbereichen, bei Umleitungsstrecken oder in Ortsdurchfahrten mit Tempo 30 könnte man den Anhänger, der auch nachts blitzt, einsetzen. Sie kann sich auch einen Einsatz in der Habsthaler Straße in Kauchenwies vorstellen, die häufig als Abkürzung zwischen der B 311 und L 286 genutzt werde, um die Serpentinen beziehungsweise den dortigen Lastwagenverkehr zu umfahren.

Innerhalb eines Jahres rund 4100 Verstöße

Nach Angaben von Anja Schäfer, Fachbereichsleiterin Recht und Ordnung im Landratsamt, wurde die im Juni 2021 in Betrieb genommene Geschwindigkeitsmessanlage an vier Standorten im Landkreis eingesetzt, wobei sich die Verstöße bei jeder Messung, die jeweils acht Tage dauern, deutlich reduzierten. In Sigmaringendorf verringerte sich Zahl der Verstöße von der ersten Messung (86) auf 41 und 39. In Leitishofen ging die Zahl der Verstöße von 413 auf 72 zurück. In Göggingen waren es bei der ersten Messung 50 Verstöße, dann 25 und 15. In Krumbach reduzierte sich die Zahl von 366 auf 248 und 94. Spitzenreiter war die Ortsdurchfahrt Menningen, als die Umleitung der B 311 bestand und bei zwei Messungen insgesamt 2100 Verstöße registriert wurden.

In Scheer findet Behörde keinen geeigneten Standort

In Scheer konnte am beabsichtigten Standort nicht geblitzt werden, da der Grundstückseigentümer sein Einverständnis für das Aufstellen der 1,15 mal zwei Meter großen Anlage versagte. Auch in Sigmaringen wurde bislang noch kein geeigneter Messplatz gefunden. Hier will Bürgermeister Marcus Ehm Abhilfe schaffen, wie er im Ausschuss erklärte. Er will Amtschefin Schäfer einen geeigneten Platz in der Nähe der „Esso-Tankstelle“ zeigen, die das Angebot für ihre Standortsuche gerne annahm. Seit Inbetriebnahme des Blitzanhängers wurden nach Angaben der Kreisverwaltung insgesamt 4098 Geschwindigkeitsverstöße ermittelt. Das durchschnittliche Verwarn- beziehungsweise Bußgeld liegt bei etwa 28 Euro je Verstoß, was eine Summe von 113 000 Euro ergibt.

Bürgermeister will zweiten Blitzeranhänger kaufen

Philip Schwaiger (CDU), Bürgermeister von Sigmaringendorf, berichtete, dass der Blitzer bezüglich des innerörtlichen Verkehrs schon „einiges Gute“ bewirkt habe. „Wenn man nun mehr Standorte nutzen will, würde dies kürzere Einsatzzeiten an den einzelnen Standorten bedeuten“, schlug Schwaiger deshalb vor, im Kreishaushalt 2023 den Kauf einer weiteren Anlage einzuplanen. Binnen zwei Jahren würde sich die Anschaffung amortisieren.

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Marcus Ehm, Bürgermeister von Sigmaringen, erinnerte an seinen Vorschlag, dass der Landkreis sich eine Blitzergrundinfrastruktur beschafft, sprich diverse Blitzröhren aufstellt, ohne dass sich darin immer eine Kamera befindet.

Landkreis hat nach Angaben der Fachbehörde kein „Geschwindigkeitsproblem“

Jürgen Ott (FW) hat mehrfach beobachtet, dass der Blitzanhänger in Sigmaringendorf stets zugeparkt wird, was Fachbereichsleiterin Schäfer bestätigte. „In diesem Fall kann man nur noch in eine Richtung blitzen“, benannte sie die Konsequenz. Sie machte aber deutlich, dass der Landkreis kein „Geschwindigkeitsproblem“ habe, denn die Verstoßquote liege bei vier bis fünf Prozent. Im Nachbarkreis Biberach betrage die Quote bei Messungen in Ortsdurchfahrten etwa 15 Prozent. Arne Zwick (CDU), Bürgermeister von Meßkirch, sprach sich gegen weitere Standorte für den Blitzeranhänger aus und plädierte für den Kauf einer weiteren Anlage. „Man muss das auch abarbeiten“, wies Doris Schröter (FW), Bürgermeisterin von Bad Saulgau, auf die enorme Arbeitsbelastung hin, die zusätzliche Blitzer für die Ordnungsämter mit sich bringen.

Enorme Arbeitsbelastung für die Ordnungsämter

Bad Saulgau betreibt wie Pfullendorf als Untere Verkehrsbehörde in ihrem Zuständigkeitsbereich die Geschwindigkeitsüberwachung selbstständig und täglich würden zahlreiche Widersprüche ihre Mitarbeiter erreichen, wobei die Eintreibung des Bußgeldes vor allem aus dem Ausland enorm zeitaufwendig und oftmals vergebens sei. Bewährt haben sich nach ihren Beobachtungen die Anzeigetafeln, die Auto- und Lastwagenfahrer auf ihre Geschwindigkeit hinweisen. Den Einsatz des Blitzeranhängers will Schröter vom tatsächlichen Verkehrsaufkommen am jeweiligen Standort beziehungsweise Gemeinde festmachen.

Prüfauftrag für Landratsamt bis zum Herbst

CDU-Fraktionschef Thomas Kugler formulierte schließlich einen Prüfauftrag an die Kreisverwaltung. Bis zu den Haushaltsberatungen 2023 sollen die finanziellen Auswirkungen eines zusätzlichen Anhängers oder dem Aufstellen von Blitzröhren samt Personaleinsatz untersucht werden. Diesem Vorschlag stimmte der Ausschuss zu. Eine Mehrheit gab es auch dafür, die Kreisverwaltung künftig selbst entscheiden zu lassen, wo der Blitzanhänger auf seine Kundschaft wartet. In den nächsten Monaten werden zudem nach Angaben der Kreisverwaltung in etlichen Gemeinden die Ortsdurchfahrten auf Tempo-30 reduziert, um den Verkehrslärm zu reduzieren und die Sicherheit zu erhöhen. Für Sigmaringendorf kündigte Rathauschef Schwaiger die Regelung schon für die kommenden Wochen an.