Wohlklingende Melodien auf die Zukunft des Bahnverkehrs auf der reaktivierten Strecke der Ablachtalbahn zwischen Stockach und Mengen wurden bei der Präsentation einer Machbarkeitsstudie in der Meßkircher Stadthalle angestimmt. Die rund 120 Anwesenden zollten dafür Beifall, doch es gab auch ein paar wenige Molltöne von Teilnehmern aus Stockach. Deren Kritik entzündete sich an Belästigungen durch den aktuellen Betrieb auf der Strecke. 80 Personen hatten sich den Livestream der Veranstaltung angeschaut.

Stundentakt soll ab 2031 kommen
Wenn alles weiter glatt läuft, dann werden ab 2031 im Stundentakt leise E-Züge auf der Strecke der Ablachtalbahn von Radolfzell über Stockach und Meßkirch bis nach Mengen im Kreis Sigmaringen fahren. Dann soll das Seehäsle, das bisher erfolgreich zwischen Radolfzell und Stockach pendelt, bis in den Landkreis Sigmaringen verlängert werden. Die Gutachter rechnen mit Kosten in Höhe von gut 75 Millionen Euro, damit die Strecke entsprechend fit gemacht werden kann. Doch bis es so weit sein wird, werden auf der Strecke der Ablachtalbahn von Stockach bis nach Mengen an den Wochenenden die Züge der Biberbahn unterwegs sein. Diese fahren langsam und an einigen der Bahnübergänge müssen die Züge hupen, da es dort weder Schranken noch ein Rotlicht gibt.

Ärger wegen nächtlichem Zementzug
Doch nicht nur die Züge der Biberbahn verkehren zurzeit. Auch Güterzüge sind unterwegs. Und das sorgt zurzeit für Ärger: Ein Feuerwehrmann aus Stockach beschwerte sich bei der Veranstaltung in Meßkirch über einen laut hupenden Zementzug. Dieser sei an einem Freitag, um 23 Uhr, nahe seines Hauses vorbeigefahren. Eine Frau aus dem Publikum sagte in diesem Zusammenhang, dass sie um kurz nach Mitternacht von einem Zug aus dem Schlaf gehupt worden sei.
Das nächtliche Hupen hat einen Grund
Frank von Meißner, der Technikchef der Ablachtalbahn, bestätigte, dass dieser Zug zurzeit einmal abends unterwegs sei, da die Bahnstrecke zwischen Sigmaringen und Tuttlingen gesperrt sei. Mit diesem Zug wird Zement von der Zollernalb in die Schweiz gefahren. Der Lokführer habe keine andere Chance, als an diesem Bahnübergang in Hindelwangen zu hupen, um die Verkehrssicherheit zu garantieren. In Stockach gebe es einige schwierige Knoten, sagte der Stockacher Feuerwehrmann. Er hoffe nicht, dass an einem dieser Bahnübergänge einmal etwas Schlimmeres passiere und er zu einem Rettungseinsatz dorthin gerufen werde. Er wolle nicht so lange warten, bis 2031 alle Bahnübergänge modernisiert seien. Dann könnte, so die bisherigen Planungen, ein Stundentakt mit modernen, leisen E-Zügen auf der Ablachtalbahn starten. Diese müssen nicht hupen, da alle Bahnübergänge dann modernisiert sind.
Schranken ab 2024 in der Tuttlinger Straße
Voraussichtlich im Jahr 2024 könnte der Bahnübergang in der Tuttlinger Straße im Stockacher Stadtteil Hindelwangen mit neuer Technik – einer Ampel und Halbschranken – ausgestattet sein, sagte der Technikchef der Ablachtalbahn. Aber bevor mit den Arbeiten begonnen werden könne, müsse ein Versicherungsfall abgewickelt werden. Ein Autofahrer war gegen die Bahnanlage geprallt. Obendrein seien noch die nötigen Genehmigungen für den Einbau der neuen Technik einzuholen. Der nötige Papierkram sei zu einem guten Drittel geschafft, sagt von Meißner bei der Präsentation der Machbarkeitsstudie.
Moderne Technik kostet viel Geld
Für den Übergang in der Berlinger Straße in Hindelwangen machte von Meißner keine Hoffnung auf eine schnelle Besserung. Mit rund 500.000 Euro bezifferte er die Kosten für einen Umbau und die Ausstattung mit moderner Technik. Wenn sich die Stadt Stockach an diesen Kosten beteilige, könne der Umbau des Übergangs in der Berlinger Straße „nach vorne priorisiert“ werden. Herauszuhören war, dass die Stadt Stockach offensichtlich bisher nicht gewillt ist, hier finanziell einzusteigen. Und die Finanzmittel, die die Stadt Meßkirch und die Gemeinde Sauldorf zur Verfügung haben, sind verhältnismäßig gering. Die beiden Kommunen, denen die Strecke der Ablachtalbahn gehört, investieren zusammen jährlich nur 100.000 Euro in den Unterhalt der Infrastruktur.

Reaktivierung ist eine Herzensangelegenheit
Neben der Kritik aus Stockach gab es auch Zustimmung und Unterstützung von dort. Peter Alexander, Vorsitzender des Stockacker Ortsverbandes der Grünen, sagte in der Meßkircher Stadthalle, dass die Reaktivierung der Ablachtalbahn für einen regelmäßigen Personenverkehr für die Grünen eine Herzensangelegenheit sei. Und Meßkirchs Bürgermeister Zwick hatte die Ablachtalbahn als ein wichtiges Stück Infrastruktur bezeichnet.
500.000 Euro braucht es für eine weitere Studie
Damit das Bundesverkehrsministerium Geld für die Sanierung und die Modernisierung der Strecke der Ablachtalbahn freigibt, muss nach der Machbarkeitsstudie eine weitere Untersuchung in Auftrag gegeben werden.
- Geld für weitere Studie nötig: 500.000 Euro sind für diese Untersuchung veranschlagt. Und für diese Expertise gibt es, im Gegensatz zur jetzt präsentierten Machbarkeitsstudie, keinen Zuschuss vom Land. Das Land werde kein Geld dafür zur Verfügung stellen, sagte Meßkirchs Bürgermeister Arne Zwick. Also müssen die Stadt sowie die Nachbargemeinde Sauldorf als Besitzerinnen der Ablachtalbahn die nötigen Finanzen alleine aufbringen. Zu einem späteren Zeitpunkt könnte diese Summe aufgerechnet werden, so Zwick. „Aber erst einmal müssen wird die Summe vorstrecken.“ Im kommenden Jahr soll die Untersuchung angegangen werden. 2025 soll das Ergebnis vorliegen. Zwick kündigte an, dass er wegen der Finanzierung dieser Untersuchung bei den Anliegerkommunen und dem Landkreis vorstellig werde. Er geht davon aus, dass sein Werben jetzt erfolgreicher sein könnte, da die Machbarkeitsstudie so positiv ausgefallen sei.
- Lob vom Minister: Johannes Kretschmann, Chef der Fraktion der Grünen des Sigmaringer Kreistags, hatte bei dem Termin in der Stadthalle darauf hingewiesen, dass der Kreis Sigmaringen einen Zuschuss zu dem Projekt gewährt habe. Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), der die Reaktivierung der Bahnstrecke in einer Videobotschaft lobend würdigt, sieht bei der künftigen Finanzierung auch die Landkreise Konstanz und Sigmaringen in der Pflicht. Gutachter Stefan Tritschler vom Verkehrswissenschaftlichen Institut aus Stuttgart, der an der Machbarkeitsstudie beteiligt war, geht davon aus, dass es eine „hohe Chance auf den Nachweis der Förderwürdigkeit gibt.“ Denn die Daten wurden bereits angelehnt an die vom Bundesverkehrsministerium vorgeschriebene Bewertung erhoben. Bis zu 95 Prozent der Kosten tragen bei einer Zustimmung für eine Förderung der Bund und das Land.
- Ausweichgleis bei Sauldorf: Um die Bahnstrecke zwischen Stockach und Mengen für einen Stundentakt fit zu machen, müssen 29 Bahnübergänge mit moderner Technik ausgestattet werden. Zum anderen muss in Sauldorf ein zweites Gleis neu gebaut werden, damit sich die Züge ausweichen können. Und bei Hoppetenzell soll auf 700 Metern Länge das Gleis neu verlegt werden, damit die Züge statt 50 km/h dann bis zu 90 km/h fahren können. Klar ist schon heute, dass während dieser Bauarbeiten die Strecke ganz gesperrt werden wird. Mit den Kunden, die Güter über die Ablachtalbahn transportieren lassen, würden Lösungen gesucht werden, so Technikchef Frank von Meißner.
- Kein Bau in Richtung Sigmaringen: Zu den Akten gelegt wird der Ausbau des Schienenzweigs von Krauchenwies nach Sigmaringen. Dafür hätten rund 117 Millionen Euro investiert werden müssen. Und die Kosten-Nutzen-Rechnung für diesen Abschnitt war außerdem zu schlecht.