Mit einem Aufwand von rund 74 Millionen Euro (Stand heute) könnte die Strecke der Ablachtalbahn zwischen Stockach und Mengen so ausgebaut werden, dass auf dieser Strecke ab 2031/2032 Züge im Stundentakt fahren könnten. Die Stadt Meßkirch und die Gemeinde Sauldorf, beiden Kommunen gehört die Bahnstrecke, haben am Dienstag eine Machbarkeitsstudie präsentiert. Diese stützt die Planungen, die bereits seit Juli 2021 für Freizeitzüge der Biberbahn reaktivierte Bahnstrecke grundlegend zu sanieren und moderne Technik einzubauen. Nach Ansicht der Gutachter würde ein Stundentakt so viele Fahrgäste anlocken, dass der volkswirtschaftliche Nutzen deutlich höher sei als die Investitions- und Betriebskosten.

„Verbesserung für Schüler und Pendler“

„Wir sind überzeugt, dass die Ablachtalbahn uns Anliegerkommune einen Schub bringen wird,“ sagt Severin Rommeler, Bürgermeister von Sauldorf und Vorsitzender des Fördervereins Ablachtalbahn. „Ein stündlicher, schneller und komfortabler Zug direkt an den Bodensee und an die Donau wäre für Pendler und Schüler eine gewaltige Verbesserung.“ Damit der Bund das Projekt fördert, ist jetzt eine Nutzen-Kosten-Untersuchung nach den Vorgaben des Bundesverkehrsministeriums nötig. Erst wenn auch diese zu einem positiven Ergebnis kommt, kann mit Geld vom Bund für das Nahverkehrsprojekt gerechnet werden. Für diese weitere Untersuchung, die 2024 folgen soll, sind tiefergehende Berechnung der Kosten und der Fahrgastzahlen nötig.

Neue Haltestellen sind geplant

Für die Sanierung und Ertüchtigung der Strecke von Stockach nach Mengen fallen nach den Angaben der beiden Kommunen Kosten in Höhe von voraussichtlich 73,6 Millionen Euro an. „Dazu zählen neue Signale, neue Bahnübergangs-Schrankenanlagen, moderne Gleise und Haltepunkte,“ so Frank von Meißner, technischer Betriebsleiter.

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Die Züge werden nach den bisherigen Planungen zwischen Stockach und Mengen an acht Stationen halten: in Hindelwangen (neu), in Mühlingen-Zoznegg (mit Busanbindung, neu), in Sauldorf (mit Busanbindung), in Bichtlingen, in Meßkirch-Süd (neu), in Meßkirch am ehemaligen Bahnhof (mit Busanbindung), in Menningen-Leitishofen, in Göggingen (neu) und am ehemaligen Bahnhof in Krauchenwies (mit Busanbindung, neu). Mit neu gekennzeichnet sind die Stationen, die noch geschaffen werden müssten. Die Station Meßkirch-Süd soll vor allem dem Schülerverkehr dienen; über diese ist das Meßkircher Schulzentrum (Realschule und Gymnasium) sehr schnell zu erreichen. Für Halte in der Gemeinde Krauchenwies macht sich zurzeit eine Bürgerinitiative „Krauchenwies4Ablachtalbahn“ stark. Diese sammelt Unterschriften dafür, dass es künftig auch einen Bahnhalt in Krauchenwies gibt.

Batterieelektrische Züge sollen fahren

Die im Vergleich zur Bodenseegürtelbahn oder zur Zollernalbbahn „überraschend niedrigen Kosten“ rühren nach den Angaben in einer Mitteilung der beiden Kommunen zum einen daher, dass die Strecke der Ablachtalbahn nicht elektrifiziert wird. Und zum anderen daher, dass nicht die sehr hohen und vergleichsweise teuren Standards der Deutschen Bahn für Planungsprozesse und die Infrastruktur angesetzt werden, so Frank von Meißner, technischer Betriebsleiter. Die Macher der Studie unterstellen modernste batterieelektrische Fahrzeuge, die ihren Strom von Radolfzell bis Stockach aus der Oberleitung beziehen und auf der Ablachtalbahn dann im Batteriebetrieb fahren. Auf einer ertüchtigten Strecke werde die Fahrzeit dann zum Beispiel von Meßkirch nach Stockach nur noch rund 23 Minuten betragen, von Meßkirch bis Radolfzell nur rund 43 Minuten. „Das ist mindestens genauso schnell wie mit dem Auto,“ so von Meißner. Von Stockach aus gibt es bereits heute über das Seehäsle eine regelmäßige Bahnverbindung nach Radolfzell.

Prognose: 1300 Fahrgäste je Tag

Der Gutachter des Verkehrswissenschaftlichen Instituts Stuttgart (VWI) ermittelte nach den Angaben der beiden Kommunen eine mögliche Auslastung von rund 1300 Fahrgästen am Tag in den Zügen südlich von Meßkirch, das entspreche rund 2750 Fahrten, die täglich mit der Ablachtalbahn unternommen würden. „Das sind mehr Fahrgäste, als in den 90er Jahren für die Seehäsle-Bahnreaktivierung von Stockach nach Radolfzell prognostiziert wurden, die heute als große Erfolgsgeschichte im Kreis Konstanz anerkannt ist“, so Frank von Meißner. Unter vier untersuchten Varianten bewerten die Gutachter eine durchgehende Verbindung zwischen Radolfzell und Mengen am besten. Dabei werde die Strecke des Seehäsle, das heute in Stockach endet, im Stundentakt nach Mengen verlängert. Ab 2031/32 könnten nach den bisherigen Planungen die Züge auf der Strecke der Ablachtalbahn weitgehend mit 80 und stellenweise mit bis zu 100 km/h fahren können. „Das hat dann nichts mehr mit dem heutigen Bummelbahn-Charakter der Biberbahn zu tun“, so Frank von Meißner.

Minister sieht Kreise in der Pflicht

Die Reaktivierung der Ablachtalbahn sei nicht nur volkswirtschaftlich sinnvoll, so Meßkirchs Bürgermeister Arne Zwick, sondern für das Projekt könne es auch hohe Zuschüsse zu den Investitionskosten aus dem Bundesförderprogramm nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) geben. Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann freue sich, teilen die beiden Kommunen mit, dass die vom Land geförderte Machbarkeitsstudie und die Wirtschaftlichkeitsprüfung ein so gutes Ergebnis haben. Die Fahrgäste brauchten in ländlichen Regionen eine attraktive Alternative, damit sie öfter das Auto stehen lassen und die Bahn nutzen würden, wird der Minister in der Mitteilung der Kommunen zitiert. Nun sei die Bereitschaft der kommunalen Ebene gefragt, das Projekt weiter zu planen und einen Beitrag für den Ausbau zu bringen. „Gefordert sind nicht zuletzt die beiden Landkreise“, wird Hermann weiter zitiert.

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