Für seine Verhältnisse kam es einem Zornesausbruch gleich. Joachim Buuk, Kämmerer der Stadt Meßkirch, ist in der Regel ein ruhiger, kenntnisreicher Mann der Zahl. Aber die geplanten Änderungen bei der Umsatzsteuer sorgen bei ihm für einen deutlich erhöhten Puls, wie in einer Sitzung des Gemeinderats zu beobachten war. Sollte es tatsächlich so kommen, dass die Stadt für Dienstleistungen, die sie für andere Kommunen erbringt, künftig 19 Prozent Umsatzsteuer verlangen muss, dann sieht er die interkommunale Zusammenarbeit in Gefahr. „Sprengkraft“, so Buuk, berge die geplante neue Regelung. Als Beispiel nannte er die Finanzverwaltung für die Gemeinde Leibertingen. Würde hier eine Umsatzsteuer von 19 Prozent gezahlt werden müssen, dann müsse von Leibertingen rund 110.000 Euro mehr für die nötigen Abrechnungen und die Finanzverwaltung verlangt werden. Thomas Schlude, CDU-Gemeinderat, sagte, in diesem Fall werde die Zusammenarbeit sicherlich auf den Prüfstand gestellt werden.
Mangel an Fachkräften
In diesem Zusammenhang wurde auch der Mangel an Fachkräften angesprochen. Kleine Gemeinden würden etwa keine eigenen Klärwärter mit der nötigen beruflichen Qualifikation mehr finden. Darauf wies Meßkirchs Bürgermeister Arne Zwick hin. Vielfach seien in den kommunalen Verwaltungen die nötigen Fachleute nicht da, um den Anforderungen gerecht zu werden. Zwick bezog diese auch auf politisch geforderte Auflagen, die in den Rathäusern umzusetzen sind. Es sei dramatisch, wie die Politik in diesem Bereich versage, so Zwick. Die kommunalen Spitzenverbände würden immer wieder auf diesen Missstand aufmerksam machen. Doch es werde nicht reagiert. „Es ist eigenartig, in welchem Wahnsinn wir uns bewegen“, sagte der Bürgermeister in diesem Zusammenhang.
Wettbewerb mit privaten Anbietern
Aktuell noch offen ist, ob für die interkommunale Zusammenarbeit künftig Umsatzsteuer gezahlt werden muss. Nach der Darstellung von Joachim Buuk vor dem Gemeinderat müsse geprüft werden, ob bei dieser Zusammenarbeit ein Wettbewerb mit privaten Anbietern möglich sein kann. Sollte dies bejaht werden, dann wäre diese Steuer fällig. Unstrittig ist bereits, dass Tourismus- und EDV-Dienstleistungen umsatzsteuerpflichtig sind. Doch für die Zusammenarbeit im Finanzwesen, etwa mit der Gemeinde Leibertingen, oder im Bereich der Betreuung von Abwasseranlagen von Nachbargemeinden ist dies noch offen. Die Aufgaben des Fachbediensteten des Finanzwesens und die Tätigkeit der
Vollstreckung sind hoheitlich. Sind nur diese Leistungen steuerfrei oder wird es als nicht trennbare Gesamtleistung des gesamten Finanzwesens gesehen? Diese Fragen wirft Buuk in seiner schriftlichen Vorlage für den Gemeinderat auf.
Und der Unklarheiten noch kein Ende: Möglicherweise könnte das Problem der Umsatzsteuer gelöst werden, indem ein Gemeindeverwaltungsverband geschaffen werde. Doch hier soll, so der Kämmerer, bei der Abrechnung mit abstrakten Verteilungsschlüsseln gearbeitet werden, statt mit konkreten Zahlen. Darüber könne er nur den Kopf schütteln.
Bürgermeister Zwick erinnerte in diesem Zusammenhang an die inzwischen gesetzlich vorgeschriebene Doppik. Diese Art, den Finanzhaushalt einer Stadt darzustellen, setze genaue Zahlen voraus. Und eine Berechnung nach grober Umlage, ohne einen konkreten Bezug auf die Stunden oder die Fallzahlen würden die beteiligten Kommunen nach Ansicht von Buuk vermutlich als nicht gerecht empfinden.
Der Gesetzgeber habe bisher fast keine Lösungen der Problematik bei der interkommunalen Zusammenarbeit aufgezeigt, so Meßkirchs Kämmerer. „Geregelt ist nichts.“ Über die Hochschulen sei der Bund im Übrigen selber von der Neuregelung betroffen.
Reform geplant
Bisher galten für die Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand die Regeln des Körperschaftsteuerrechts. Eine Steuerpflicht gibt es nur für ertragssteuerlich relevante Betriebe gewerblicher Art (ab 35.000 Euro Umsatz). Der hoheitliche Bereich und die Vermögensverwaltung blieben außen vor. Nun soll das Thema Umsatzsteuer für die öffentlichen Hand reformiert werden. Grund ist unter anderem die Anpassung an die Mehrwertsteuersystemrichtlinie der Europäischen Union.