Sommerzeit ist Urlaubszeit. Der SÜDKURIER besucht Sigrid Sattek, die in Meßkirch ein Reisebüro führt. Die 74-Jährige könnte zwar schon lang ihre Rente genießen, doch „dann würde mir langweilig“, lacht sie. Rings um Sattek herum machen Reisebüros dicht. „In Meßkirch bin ich die einzige, die noch verblieben ist. Das Volksbank-Reisebüro und Martin am Adlerplatz sind geschlossen. In Pfullendorf und Sigmaringen gibt es auch nur noch ein Reisebüro, in Stockach und Mengen jeweils zwei.“ Auf der Touristik-Plattform fwv-Travel Talk ist zu lesen, dass innerhalb eines Jahres die Zahl der Reisebüros in Deutschland erneut stark gesunken ist. Konkret heißt es dort, dass jedes achte Büro verschwunden ist.

USA noch nicht gebucht

Sigrid Sattek hat schon einige Pleiten von namhaften Reiseveranstaltern wie Thomas Cook, Hetzel-Reisen oder FTI miterlebt und überstanden. Auch die Anschläge 2001 auf die Türme des World Trade Centers in New York haben sich auf das Reiseverhalten ausgewirkt, gleiches gilt für Aschewolken durch Vulkanausbrüche oder die verheerende Tsunami-Katastrophe im Jahr 2004. Und aktuell scheinen Reisende – aufgrund von Trumps Politik – wohl auch zurückhaltender zu sein, wenn es um das Buchen von USA-Reisen geht. Bislang habe sie noch keine Reise in die USA verkauft, sagt Sattek. „Die Corona-Pandemie zu überstehen, war bisher die größte Herausforderung“, so Sattek. „Ich habe nach Corona mehr Zulauf und höhere Umsätze, 2024 war mein Rekordjahr.“

Reisekataloge muten im Zeitalter der Digitalisierung „old school“ an, sind aber trotzdem noch eine begehrte Informationsquelle.
Reisekataloge muten im Zeitalter der Digitalisierung „old school“ an, sind aber trotzdem noch eine begehrte Informationsquelle. | Bild: Johanson, Kirsten

Nicht nur Preis, auch Leistung sehen

Die Frage, ob das Geschäft der Reisevermittlung nicht stark dadurch gefährdet ist, weil immer mehr Menschen selbständig im Internet buchen, verneint Sattek. „Aber da möchte ich nur für mich sprechen. Mein größtes Kapital sind die Erfahrungen, die ich seit 1982 gemacht habe. Die Kunde schätzen das und den direkten Kontakt im Reisebüro. Was sinnvolle Beratung und Service angeht, kann das Internet nicht mithalten. Ich kann schnell reagieren und Lösungen anbieten, wenn Probleme auftauchen. Auch aus der Ferne leiste ich immer wieder Hilfe und gebe Tipps.“ Sie hat nichts dagegen, wenn sich Reisewillige vorab im Internet informieren, die Feinheiten aber dann mit ihr abstimmen. Sie plädiert dafür, dass die Kunden nicht nur einen Preisvergleich anstellen, sondern auch einen Leistungsvergleich.

Nebensaison hat Vorteile

Auch 2025 scheint für Sattek auf ein Top-Jahr hinauszulaufen. Viele Urlauber haben ihre Reisen weg von den Sommer- in die früheren Pfingstferien verlagert, weil es günstiger ist. „Es wird stärker die Nebensaison gebucht, weil das Klima oft noch angenehmer ist und die Preise niedriger sind.“ Auch das Frühbuchen haben viele für sich entdeckt, weil es finanzielle Vorteile mit sich bringt. „Wunschzimmer, Leistungen und gute Hotels sind schnell ausgebucht“, erklärt Sattek. Was den klassischen Urlaubsmonat August betrifft, verzeichnet Sattek in diesem Jahr rund 30 Prozent weniger Buchungen wie 2023 und 2024.

All-inclusive nach wie vor gefragt

Der Trend gehe zu einer kürzeren Aufenthaltsdauer mit neun bis zehn Übernachtungen, so ihre Erfahrung. Pauschalreisen seien stark gefragt, nicht zuletzt wegen der Reisepreisabsicherung und der Veranstalterhaftung. Das All-inclusive-Konzept erfreue sich nach wie vor großer Beliebtheit, vor allem bei Familien. „Paare wählen auch gerne Übernachtung mit Frühstück oder Halbpension, um die landestypische Küche in Restaurants kennenzulernen.“

Ab an den Goldstrand

Zu den beliebtesten Zielen gehören im Sommer Mallorca, Menorca und Ibiza sowie die kanarischen Inseln, ebenso die griechischen Inseln Rhodos, Kos und Kreta. Urlaub in der Türkei zu machen, ist laut Sattek nach starken Preiserhöhungen nicht mehr so gefragt: „Hotels sind bis zu 40 Prozent teurer geworden.“ Tunesien sei dagegen langsam im Kommen. Ein aufstrebendes Reiseland sei Bulgarien. Als Geheimtipp entpuppt sich demnach der Goldstrand. „Das Klima ist angenehm, nicht zu heiß. Der Strand ist wunderschön, es gibt viele Thermal- und Mineralquellen.“ Fernreisen etwa nach Asien oder in die Karibik würden eher im Winter gebucht, hier macht nach ihrer Erfahrung die Karibik mit der Dominikanischen Republik das Rennen. „Wegen gestrichener Flüge von Condor und Edelweiß ist Kuba der Verlierer.“

Boom bei Kreuzfahrten

Besonders hoch ist der Anteil an Kreuzfahrten, auch immer mehr jüngere Leuten begeistern sich für einen Urlaub auf dem Luxusschiff. „TUI, MSC und Aida, das boomt nur so. Kreuzfahrten machen bei mir rund 40 Prozent der Buchungen aus“, so die 74-Jährige. Wie erklärt sie sich das große Interesse? „Kein Quartierwechsel, jeden Tag ein neues Erlebnis, gutes Essen, Trinken und Unterhaltung, Kinderbetreuung, Sportprogramm“, zählt sie auf. Im Sommer sei das Mittelmeer ein begehrtes Ziel, im Winter die Karibik und die Vereinigten Arabischen Emirate. In diesem Jahr hätten auffällig viele die nordischen Länder – Nordkap und Lofoten – für eine Kreuzfahrt auserkoren.