Ein 52-jähriger Mann aus dem Raum Meßkirch muss sich vor dem Landgericht Hechingen verantworten. Ihm wird mehrfacher sexueller Missbrauch und die Vergewaltigung von minderjährigen Mädchen vorgeworfen. Er soll sich laut Anklage 2023 und 2024 an der 15-jährigen Tochter seines Nachbarn sowie gleich in mehreren Fällen an seiner damals elfjährigen Stieftochter vergangen haben. Der Angeklagte habe dabei jeweils die berufliche Abwesenheit seiner Ehefrau ausgenutzt, die die Mutter seiner Stieftochter ist.

Der in der IT-Branche bei einer Firma im Bodenseegebiet tätige Angeklagte ließ über seinen Anwalt, Achim Unden, bereits in der ersten Verhandlung nicht nur ein grundlegendes Eingeständnis seiner Taten verlesen, er tat auch sein Bedauern kund, über seine Familie großes Unheil gebracht zu haben.

In der Anklageschrift steht, wie sich der 52-Jährige den beiden Minderjährigen unsittlich genähert, sie im Intimbereich berührt und sexuell missbraucht haben soll. Die Stieftochter lebt aktuell nicht mehr im Haus des Angeklagten, sondern sei auf ausdrücklichen Wunsch zu ihrem im südlichen Afrika lebenden leiblichen Vater gezogen. Dieser habe auf eine E-Mail des Gerichts keine Reaktion gezeigt, so Richter Volker Schwarz. Beim ersten Fortsetzungstermin kam ein 27-jähriger Polizeibeamter aus Ravensburg zu Wort, der aus kriminaltechnischer Sicht mit der Strafsache befasst und bei der Durchsuchung der Wohnung zugegen war. Rund 80 verschiedene Datenträger seien aufgefunden worden, Passwörter für Handy und Laptop habe der Beschuldigte freiwillig herausgerückt. Zudem wurde die in einem Wäschekorb liegende Unterwäsche der Stieftochter konfisziert. Im Gerichtssaal wurden Fotos aus der Wohnung gezeigt, darunter vom Bücherregal des Angeklagten, das auffallende Bücher zum Thema Sex enthielt. Der Polizist erklärte, der 52-Jährige habe auf ihn einen relativ abgebrühten Eindruck gemacht.

Anschließend wurde die heute 16-jährige Nachbarstochter befragt. Richter Schwarz erläuterte hierzu, dass der Angeklagte sie zum Fußballschauen vor den Fernseher gelockt hätte, um bei ihr etliche Tathandlungen im Intimbereich zu vollführen, die ihm zur Selbstbefriedigung gedient hätten. Im Prozess stand dem Mädchen eine weibliche psychosoziale Prozessbegleitung zur Seite. Die Öffentlichkeit wurde für die Dauer ihrer Vernehmung ebenso ausgeschlossen wie der Angeklagte. Vor ihm habe sie Angst bekundet, so Richter Schwarz, sie würde sich kaum noch aus dem Haus trauen, um dem Angeklagten nicht begegnen zu müssen. Erschwerend komme hinzu, dass sie seit jenem Vorfall unter epileptischen Anfällen leide. Nachbarn, die dem Prozess beiwohnten, beklagten sich über den aus ihrer Sicht mangelnden Opferschutz – dass sich die Minderjährige abermals vor Gericht offenbaren müsse, obgleich schon beim Prozessauftakt die Videoaufzeichnungen von Vernehmungen der Geschädigten vor Gericht gezeigt worden seien.

Womöglich als nicht näher dargestelltes Ergebnis des Verhörs erklärte Staatsanwältin Katharina Heinzelmann bei der Wiederherstellung der Öffentlichkeit, dass der Angeklagte mehr eingeräumt habe, als ihm in der Anklageschrift vorgeworfen werde. Sie bot an, eine der Tatziffern einzustellen und eine weitere zu beschränken. Die Verteidigung argumentierte, dass sie einer Einbeziehung bei einer in Aussicht gestellten Nachtragsanklage nicht zustimmen werde. Somit war der Vorschlag vom Tisch.

Der Richter wandte sich nochmals direkt an den Angeklagten: Aufgrund der Vorfälle dürfte es doch viel Gesprächsbedarf gegeben haben. Ob dies auch gegenüber seiner Ehefrau der Fall gewesen sei, wollte er wissen. „Wir haben über alles gesprochen“, erwiderte der Angeklagte. Er und seine Frau hätten den Entschluss gefasst, die Ehe aufrechtzuerhalten. Er sei auch bereit, sich in psychologische Behandlung zu begeben, um einen Therapieplatz habe er sich allerdings noch nicht gekümmert. Nach einem Blick ins Strafregister des Angeklagten, das keine Eintragungen enthielt, unterbrach Richter Schwarz die Sitzung. Sie wird am Dienstag, 25. Februar, 9 Uhr, mit einer weiteren Zeugenbefragung fortgesetzt.