Karl Mägerle

Wandern gilt auch während der Corona-Pandemie als sportlicher Ausgleich, wenn man die Hgyiene- und Abstandsregeln beachtet. Das sagte Wanderführer Gerhard Teyke, als er die 15 Teilnehmer einer kleinen Wanderung in Menningen begrüßte. Die Pandemie hatte den Schwäbischen Albverein Meßkirch dazu gezwungen, den im Frühjahr angesetzten „Tag des Wanderns“ vom Deutschen Wanderverband in den September zu verlegen. Jetzt hatte man sich für eine kleine Wandertour in Menningen entschieden. Und das nicht ohne Grund, wie Gerhard Teyke bei der fast dreistündigen Tour erklärte.

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Menningen wurde im Salemer Urkundenbuch der Zisterzienser erstmals im Jahr 1175 erwähnt. Dort ist die Rede von zwei germanischen Rittern mit Hofsiedlungen mit dem Namen „Mano“ (Menningen) und „Luitin“ (Leitishofen). 1348 wurden die Burg und das Dorf Menningen-Leitishofen von Ritter Berthold von Rohrdorf verkauft an Werner von Zimmern, der bis zu seinem Tod 1594 Herr über Menningen war. Danach waren es die Fürstenberger, die im Besitz von Menningen waren.

Geschlecht der Gremlich kümmerte sich auch um arme Familien

Doch ohne Zweifel hatte die Herrschaft der Gremlich die größte Bedeutung. Die Gremlich waren eines der vier bürgerlichen Patriziergeschlechter des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation. Erstmals wurden die Gremlich 1216 in Pfullendorf erwähnt. Über 350 Jahre hatten die Reichsritter Gremlich zu Jungingen den größten Einfluss und die Macht über Menningen und nahmen sich dabei der armen Leute an. Wie überliefert ist, wurde in der Nähe ihrer Burg, des Wasserschlosses, für vier arme Familien ein Haus gebaut.

Nach einer gemütlichen Wanderung durch das Dorf war auch die 14-Nothelfer-Kapelle im Käpelle-Wald ein Ziel der Tour.
Nach einer gemütlichen Wanderung durch das Dorf war auch die 14-Nothelfer-Kapelle im Käpelle-Wald ein Ziel der Tour. | Bild: Karl Mägerle

Adelige Herrschaften in St. Johannes des Täufers beigesetzt

Die Wanderer besuchten unter Führung von Gerhard Teyke beim Rundgang durch das Dorf auch die Kirche St. Johannes des Täufer, wo die Vorfahren der adeligen Herrschaften begraben sind. So auch Johann Gremlich, der als letzter des männlichen Geschlechtes am 22. Juni 1664 verstorben war. Seine letzte Ruhestätte fand er nach seinem persönlichen Wunsch bei seinen Vorfahren unter dem Torbogen zum Hochaltar.

1632 kam der erste Pfarrer in die selbstständige Pfarrei Menningen

Schon um das Jahr 1372 wurde damals ein Kirchlein bei der Mühle erwähnt. Es dauerte aber noch bis ins Jahr 1632, bis Hans Gremlich, der für die Selbstständigkeit der Pfarrei Menningen war, den ersten Pfarrer Johann Spannbrucker (1633 bis 1658) einsetzte. Die heutige Kirche wurde 1725 nach Abbruch des alten Gotteshauses mit viel Unterstützung der Einwohner erbaut. Jakob Lenz, Hofmaler der Fürstenbergs, gestaltete elf Deckengemälde, die jedoch bei Umbau- und den Restaurierungsarbeiten 1876 teils überstrichen oder entfernt wurden. Das große Deckengemälde „Johannes predigt in der Wüste“ und die beiden Seitenaltäre, ebenso wie das große Missionskreuz mit der Jahreszahl 1494, sind Zeugen aus dieser Zeit. Im Chorraum hängen noch die beiden großen Wappentafeln der Gremlich mit dem Vermerk des Todestages: 22. Juni 1964, abends 8 Uhr. Markant ist auch der weit sichtbare, 27 Meter hohe Kirchturm. Dort läuten fünf Glocken. Die kleine Taufglocke ist eine der ältesten Glocken Süddeutschlands: Sie war um das Jahr 1300 bei Heinrich dem Giogner in Nürnberg gegossen worden.

Bei ihrer Wanderung stellten die Teilnehmer fest, dass sich die bäuerliche Struktur des Dorfs gewandelt hat. Bereits um 1770 wurde die Fernverbindung von Ulm nach Freiburg via Leitishofen geschaffen, heute die Bundesstraße 311.

Hochzeitszug der Braut König Ludwigs XVI. zieht durch Leitishofen

So konnte am 2. Mai 1770 der Hochzeitszug der österreichischen Prinzessin Marie-Antoinette, Braut von König Ludwig XVI. von Frankreich, von Mengen her durch Leitishofen nach Meßkirch geleitet werden. Der Zug bestand aus 40 Kutschen und 300 Pferden und einem Gefolge von 500 Personen.

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Erster Zug hielt 1875 im Dorf

Auch die Eisenbahnstrecke von Sigmaringen über Stockach nach Radolfzell wurde geschaffen, mit einem Bahnhof für Personen und Gütertransport. 1875 hielt der erste Zug in Menningen-Leitishofen, wie es damals die Zugschaffner ausriefen. Im Jahr 1969 wurde der Personenverkehr eingestellt und das Bahnhofsgebäude später abgebrochen.

Hagelkreuz erinnert an fürchterliches Unwetter 1868

Nächster Halt der Wandergruppe war das Hagelkreuz. Es erinnert an ein fürchterliches Unwetter 1868, das über das Dorf niederging und in große Not brachte. Auch im Juni 1906, am Johannitag, dem Kirchenpatrozinium in Menningen, soll ein Unwetter viel Schaden und Not über das Dorf gebracht haben. Daher wurde das Gelübde erneuert, dass jedes Jahr kurz vor der Erntezeit eine Bittprozession zu dem Hagelkreuz an der Hofstatt stattfindet, das die Gemeinde aufgestellt hat. Und dieses Versprechen wird seither eingehalten, die Prozession führt dann weiter zur 14-Nothelfer-Kapelle, im Volksmund „s‘Käpelle“ genannt, wo unter freiem Himmel ein Gottesdienst gefeiert wird.

An der kleinen Gedenkstätte am Waldrand am Engelswieser Weg erinnerte Gerhard Teyke an das Jahr 1800. Da tobte in der Region ein Krieg ...
An der kleinen Gedenkstätte am Waldrand am Engelswieser Weg erinnerte Gerhard Teyke an das Jahr 1800. Da tobte in der Region ein Krieg und ein österreichischer Soldat fand hier seine letzte Ruhestätte. | Bild: Karl Mägerle

Eisernes Grabkreuz für gefallenen österreichischen Soldaten

Das kleine Bauwerk Käpelle sei von Sagen umwoben, erzählte Gerhard Teyke. Um 1739 ist erstmals vom Käpelleacker die Rede, doch ob das Kleinod damals schon gebaut war, ist nicht überliefert. 1851 erbaute der Maurer Restle die Kapelle am heutigen Standort. 1970 versah die Menninger Jägervereinigung die Kapelle mit einem passenden kleinen Vorbau und Unterstand. Das ganze Jahr über kommen viele Gläubige zu diesem idyllischen Platz.

Freiwillige aus dem Dorf pflegen Kapelle und Grabkreuz

Durchs Käpellewälde führte der Wandführer zu einem stummen heimatlichen Zeugen des Geschehens um das Jahr 1800. Am Verbindungsweg nach Engelswies, mitten im Wald, steht ein eisernes Grabkreuz auf einem Steinsockel. Es trägt die Inschrift: „Hier ruht ein tapferer österreichischer Krieger, der im Kampfe für sein Vaterland in der Schlacht bei Meßkirch im Mai 1800 gestorben ist.“ Diesen schwer verwundeten Soldaten fanden damals zwei Menninger Burschen in der Nähe, im Gewann Finsterer Lachen, und wollten ihn ins Dorf bringen. Doch er verstarb an dieser Stelle an seinen schweren Verletzungen. Die Gemeinde stellte zu dessen Andenken ein Grabkreuz auf. Die 14-Nothelfer-Kapelle und die Grabstelle des Soldaten werden seit Jahren von Freiwilligen aus dem Dorf und aus Vereinen gepflegt, wie Wanderführer Gerhard Teyke abschließend erklärte.