„Das Infektionsgeschehen ist weiter diffus. Betroffen sind derzeit vor allem junge Erwachsene zwischen 20 und 30 Jahren und Erwachsene zwischen 45 und 60 Jahren, Männer mehr als Frauen“, gibt Leiterin Dr. Susanne Haag-Milz einen Überblick über die aktuelle Lage. Durch das diffuse Infektionsgeschehen muss jeder damit rechnen, auf Menschen zu treffen, die ansteckend sein könnten, informiert das Landratsamt in einer Pressemitteilung über das aktuelle Geschehen zum Coronavirus.
„Lockdown-Partys“ schlagen jetzt im Gesundheitsamt auf
Es dauert bis zu zwei Wochen, bis ein mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 Infizierter erkrankt. Daher habe der Lockdown seine Wirkung noch gar nicht richtig entfaltet, teilt die Behörde mit. Eher das Gegenteil sei der Fall. „In den letzten drei Tagen haben wir einige wenige Fälle bearbeitet, die im Rahmen von „Lockdown- Partys“ entstanden sind. Es handelte sich um Feiern im Freundes- oder Familienkreis, bei denen die letzte Möglichkeit eines Zusammentreffens vor den neuerlichen Kontaktbeschränkungen genutzt wurde. „Jeder fühlte sich gesund und sicher, trotzdem kam es zu Virusübertragungen mit der Folge von COVID-19-Erkrankungen“, sagt Haag-Milz. Leider besteht eine hohe Ansteckungsfähigkeit schon ein bis zwei Tage vor dem Auftreten von Symptomen“, berichtet Haag-Milz.
Ansteckung weiterhin vor allem in der Familie und im Beruf
Zu Ansteckungen kommt es aktuell unter anderem im familiären Zusammenhang und bei der Arbeit. Auch Kindergärten und Schulen sind immer wieder betroffen, allerdings kam es im Landkreis Sigmaringen dort bislang nicht zu größeren Ausbruchsgeschehen. Durch das strikte Einhalten von Quarantänemaßnahmen bei engen Kontakten bleiben Ausbrüche begrenzt.
Keine Infektionsketten in Pflegeheimen
Pflegeheime waren in der zweiten Welle bisher nicht betroffen. Es gab einzelne Coronavirus SARS-CoV-2 positive Personen im Bereich der ambulanten Pflege, zu bedeutenden Infektionsketten kam es dabei nicht. In Pfullendorf war die Tagespflege der Spitalpflege geschlossen worden, nachdem sich mehrere Tagesbesucher infiziert hatten.
Fast 900 Kontaktpersonen in zwei Wochen
Bislang gelingt es, alle Kontaktpersonen zeitnah nachzuverfolgen, Ziel ist ein Zeitfenster von 24 Stunden. „Aber nur noch bei einem Drittel der Fälle können wir die Infektionsquelle feststellen“, schätzt Haag-Milz. In den letzten zwei Wochen wurden mit 896 ermittelten Kontaktpersonen Telefonate geführt. Danach wurden 778 Personen als enge Kontaktpersonen mit erhöhtem Infektionsrisiko eingestuft, sodass die Anordnung einer Quarantäne bis 14 Tage nach dem letzten Kontakt erforderlich wurde. 57 dieser 778 engen Kontaktpersonen entwickelten selbst eine COVID-19-Erkrankung, das entspricht einem Anteil von 7,3 Prozent, informiert das Gesundheitsamt
Neue Teststrategie gibt Gesundheitsamt Hoffnung
„Die neue nationale Teststrategie ist klug konstruiert, sie priorisiert Testungen von erkrankten Personen und in Ausbruchssituationen“, so die Fachärztin für öffentliches Gesundheitswesen. Der Einsatz von Schnelltests wird überall dort ermöglicht, wo schnelle Resultate benötigt werden oder die aufwändigeren PCR-Tests aus Kapazitätsgründen nicht mehr durchgeführt werden können. Zur Verhütung der Verbreitung des Coronavirus können beispielsweise stationäre und ambulante Einrichtungen des Gesundheitswesens und der Pflege auch asymptomatische Personen gezielt testen und dazu ein bestimmtes Kontingent an Antigen-Schnelltests vorhalten. Derzeit beobachtet das Gesundheitsamt eine Laufzeit der PCR-Testungen bis zum Erhalt eines Befundes von 1 bis max. 4 Tage.
Antigentests bringen schneller Klarheit
Antigentests liefern hier also deutlich rascher Klarheit. Antigentests werden meist als Schnelltests in der Praxis, in der Klinik oder im Pflegeheim durchgeführt. Untersucht wird ein Abstrich aus dem Nasen-Rachen-Raum. Die Durchführung erfolgt durch ärztliches oder medizinisches Fachpersonal nach ärztlicher Anweisung, das Ergebnis liegt nach ca. 15 bis 30 Minuten vor. Ihr Einsatz ist immer dann sinnvoll, wenn ein schnelles Resultat benötigt wird oder die aufwändigeren PCR-Tests aus Kapazitätsgründen nicht mehr durchgeführt werden können. Jedes positive Ergebnis im Antigenschnelltest muss durch einen PCR-Test bestätigt werden. Bisher darf die Abgabe nur an medizinisches Personal erfolgen. Der Landkreis hat für das Gesundheitsamt 1000 Antigen-Schnelltests gekauft um für Ausbruchssituationen gerüstet zu sein, in denen ein schnelle Diagnostik erforderlich ist.
Mitarbeiter aus anderen Fachbereichen helfen aus
Zur Bewältigung der steigenden Infektionszahlen ist das Team des Gesundheitsamtes aktuell wieder stark gefordert, der Personalbedarf ist kontinuierlich gestiegen. Derzeit sind zur Unterstützung insgesamt 26 Personen im Gesundheitsamt, das regulär nun 29 Mitarbeiter umfasst, eingesetzt. Davon sind 21 aus anderen Fachbereichen des Landratsamtes und 5 zusätzlich eingestellt. Der größte Personalaufwuchs ist im Bereich Kontaktpersonennachverfolgung nötig. Zusätzliches Personal des Landes ist bislang noch nicht eingetroffen.
Es besteht Hoffnung: Zahl der Kontaktpersonen nimmt ab
„Aktuell beobachten wir, dass die Zahl der Kontaktpersonen pro Fall abnimmt, die Zahl der neu infizierten Personen befindet sich aber mit rund 10 bis 25 Fällen pro Tag auf einem anhaltend hohen Niveau“, sagt die Ärztin. Es ist zu erwarten, dass in der kommenden Winterzeit die saisonale Aktivität des Coronavirus SARS-CoV-2 höher ist als im Sommer. Das Gesundheitsamt hofft trotzdem, dass sich die hohe Geschwindigkeit der Zunahme der Fallzahlen durch den Teil-Lockdown verlangsamt. Dieses Verflachen der Infektionskurve sei wichtig, weil sonst in naher Zukunft auch im Kreisgebiet eine Überlastung von Arztpraxen und Kliniken drohen könnte. Das Ziel sei es, eine Überlastung zu vermeiden.