Von Gudrun Beicht

Pfullendorf – Vor 35 Jahren begann der damals 19-jährige Michael Eierstock aus Pfullendorf, seinen Traum zu verwirklichen: Er wollte fliegen. Auf dem Pfullendorfer Flugplatz meldete er sich für eine Schulung auf Motorsegler an. Im Mai 1981 startete die Schulung zusammen mit elf weiteren Flugschülern. Am 5. August, während eines Fluglagers auf dem Pfullendorfer Flugplatz, war Michael bereits auf seinem ersten Alleinflug unterwegs – und damit seinen Kollegen einige Schritte voraus. Für ihn folgte eine – man kann schon sagen fast beispiellose – Fliegerkarriere, von der er damals nur träumen konnte. Denn die Bedingungen waren nicht unbedingt leicht.

Nach dem Abschluss der Hauptschule absolvierte Michael Eierstock die mittlere Reife und entschied sich nach der Zusage für das Wirtschaftsgymnasium für eine Ausbildung zum Industriekaufmann bei der Firma Alno, die er 1982 beendete. Bald darauf kam der Ruf zur Bundeswehr. Natürlich entschied er sich für den fliegerischen Dienst, was heutzutage ohne Abitur undenkbar wäre. Auch damals machte es den Berufsweg nicht leichter. Aber Michael Eierstock setzte sich durch.

Ein Jahr später folgte aber ein derber Rückschlag: Er bestand den 49. Offizierslehrgang nicht. "Schuld war die Liebe", sagt er heute. Er hatte sich in Tina verliebt, seit 1989 seine Frau. Er wiederholte den Lehrgang und bestand. Im Sommer 1984 klappte es mit der Offiziersschule und der Weg für die fliegerische Ausbildung war frei. Es folgte eine "der härtesten fliegerischen Ausbildung in der westlichen Welt" – laut Aussage der damaligen Medien – auf der Sheppard Force Base in Texas, die er im oberen Drittel abschloss. Von 28 Mann wurden während der 13-monatigen Ausbildung acht abgelöst, wobei schon zuvor mehrfach "kräftig gesiebt" worden war, von 100 Bewerbern blieben sieben übrig, die es ins Cockpit schafften.

Zurück in Deutschland ging es aus dem tiefen Süden Deutschlands in den für den Pfullendorfer damals völlig unbekannten hohen Norden nach Husum zum Jagdbombengeschwader 41 auf Alpha Jet. 1991 ging es wieder zurück in den Süden, dieses Mal nach Fürstenfeldbruck. Beim Jagdbombengeschwader 49 bildete er junge Fluganwärter auf Alpha Jet aus und machte selber seine Ausbildung zum Stabsoffizier – dieses Mal ohne Wiederholung.

Im Dezember 1995 mussten sich Familie und Freunde für viele Jahre von Michael und Tina verabschieden. Beim 3. Deutschen Luftwaffenausbildungsstaffel in Phoenix/Arizona war er bis 1999 Fluglehrer auf einer Beechcraft Bonanza. Nach einer Umschulung auf Tornado Jagdbomber in Jever und in New Mexico wurde Michael Eierstock am 1. April 2000 zum Major ernannt und verbrachte seine restliche Zeit beim Jagdbombergeschwader 33 in Büchel. Die Fliegerei ließ ihn auch nach seiner Entlassung aus der Luftwaffe im Dezember 2002 nicht los. Nach einem kurzen Einsatz als Kapitän bei Elbe Air in Paderborn ging er zu Netjets Europe mit Sitz in Lissabon.

Die Falcon 2000, die er seit über zehn Jahren fliegt, ist Michael Eierstocks ganzer Stolz. Eine ganz andere Art der Fliegerei begann nun für den jungen Piloten. "Die zwölf Jahre bei Netjets waren echt klasse", erzählt er. Mit Kollegen aus 20 Nationen ist er unterwegs und fliegt die Promis und Reichen dieser Welt von A nach B. Wer bei ihm im Flugzeug sitzt, darüber muss er schweigen, "sonst ist mein schöner Job weg..." Erzählen darf er aber von den Kollegen, mal einem Kopiloten aus Spanien, einer Stewardess aus Frankreich oder einem Steward aus Polen, von menschlichen Begegnungen. "Einmal haben wir mit zehn Crews in einem Moskauer Hotel Heiligabend gefeiert. Das sind Momente, in denen ich mir sage 'besser wird es nicht'."

"Wenn mir das mal einer zu Beginn meiner militärischen Laufbahn, geschweige denn damals auf dem Pfullendorfer Flugplatz, gesagt hätte, ich hätte ihn für verrückt erklärt", sagt Michael Eierstock. Sein Resümée: "Nichts ist unmöglich, wenn nur der Wille stark genug ist. Man kann sein Ziel auch über Umwege erreichen, sind die Hürden auch noch noch groß."

Zur Person

  • 1977 – 1979 nach Abschluss der Hauptschule Mittlere Reife
  • 1979 – 1982 Ausbildung Industriekaufmann
  • 1981 Segelflugschein
  • 1982 Eintritt Bundeswehr fliegerischer Dienst
  • 1985 – 1986 fliegerische Ausbildung in Texas
  • 1984 Aufnahme Offizierschule
  • 1987 – 1991 Jagdbombergeschwader 41 auf Alpha Jet in Husum
  • 1991 – 1995 Jagdbombergeschwader 49 Füstenfeldbruck
  • 1995 – 1999 Fluglehrer bei der 3. Deutschen Luftwaffenausbildungsstaffel in Phoenix/Arizona
  • 1999 – 2002 als Major beim Jagdbombergeschwader 33 in Büchel/Eifel
  • 2002 Entlassung aus der Luftwaffe, seither Flugkapitän bei kommerziellen Flugunternehmen, seit 12 Jahren bei Netjets mit Sitz in Lissabon