Engagement, Unsicherheit, Solidarität, Zusammengehörigkeitsgefühl, Flexibilität und warten, was kommt. Das Krankenhaus Sigmaringen wurde organisatorisch umgekrempelt, alle Kräfte werden im Kampf gegen Corona mobilisiert, die Notfallversorgung aufrechterhalten und mitten drin ist Professor Werner Klingler, Chefarzt der Klinik für Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapie.

Kapazität in der Intensivabteilung wurde verdoppelt

„Heute haben wir einen schwerstkranken Patienten als geheilt entlassen können“, erzählt der Mediziner im SÜDKURIER-Gespräch, wie wichtig solche Erfolgserlebnisse für die Klinikmitarbeiter sind, denn die Corona-Zahlen im Landkreis Sigmaringen und die Patientenzahlen im Krankenhaus Sigmaringen erhöhen sich stetig. „Unsere halbe Intensivstation ist schon voll“, erwartet Klingler einen massiven Anstieg der Fallzahlen, die allesamt im Krankenhaus Sigmaringen behandelt werden. Alle Kräfte werden hier konzentriert, auch Fachpersonal aus den Standorten Pfullendorf und Bad Saulgau arbeitet dort. Die Personalkapazität in der Intensivabteilung wurde mit rund fünf Dutzend Ärzten und Pflegern quasi verdoppelt, und situationsbedingt kann die Zahl der Pflegeplätze stufenweise erhöht werden.

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Respekt und Lob für das Miteinander der Klinikmitarbeiter

„Ich erlebe ein unglaubliches Miteinander und gegenseitiges Stützen“, berichtet Professor Klingler, der seit drei Jahren am Klinikum Sigmaringen arbeitet. Abteilungsübergreifend würden Beschäftigte ihre Mitarbeit anbieten, bis hin zur Verwaltung und dem Reinigungspersonal.

Mehrzahl der Patienten auf der Intensivstation sind Senioren

Täglich tagt ein Krisenstab im Krankenhaus, dem wiederum Arbeitsgruppen zuarbeiten. Die Erkenntnisse dieser Runden werden schnellstmöglich an die Abteilungen per App und Intranet weitergegeben, denn die Lage ändert sich täglich. Am Montagnachmittag lagen schon 28 mit Covid-19 Infizierte auf den Corona-Stationen, vier Patienten auf der Intensivstation und elf Patienten auf den Stationen mit Verdacht auf Covid-19. Die überwiegende Mehrzahl sind Senioren, bestätigt der Intensivmediziner.

Alle Patienten werden von einem Arzt auf Corona gesichtet

Die Patientenaufnahme in Sigmaringen wurde verändert. Nun betreten alle Patienten das Krankenhaus durch den Nebeneingang. Dort werden sie von einem Arzt gesichtet, und vermutet er einen Corona-Verdächtigen, wird dieser über einen separaten Eingang in einen speziellen Bereich der Notfallaufnahme gebracht, wo entsprechendes Personal und Material verfügbar ist. Bestätigt der Test den Corona-Verdacht werden die weiteren Therapieschritte eingeleitet.

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Atemgymnastik ist eine wichtige Therapie für Corona-Patienten

Dazu gehört Atemgymnastik, ein Physiotherapeut macht mit den Patienten spezielle Übungen. „Wir profitieren hier auch vom Fachwissen der Schlafmediziner aus Pfullendorf„, berichtet Klingler, dass man dort Erfahrungen mit Schnarchern hat, die wegen Sauerstoffmangel zeitweise Atemaussetzer haben und deshalb Atemschutzmasken, sprich Sauerstoff, benötigen.

Patienten haben viel Verständnis für Ausnahmesituation

Klar ist, dass das Krankenhaus Sigmaringen auf die Corona-Pandemie ausgerichtet ist, wobei der Krankenhausalltag und besonders die Notfallversorgung weiterlaufen und kein Erkrankter abgewiesen wird. „Es gibt ja weiterhin akute Blinddarmdurchbrüche oder jemand bricht sich den Arm“, nennt Professor Klingler zwei Beispiele für diesen „Normalbetrieb“. Erfreut ist der Mediziner über das Verständnis der Menschen für die Ausnahmesituation, so hätten Patienten selbst um die Verlegung ihrer Operationen ersucht, um aktuell keine Krankenhauskapazitäten zu binden. Höchstes Lob zollt der Chefarzt den Klinikbeschäftigten, die mit großem Engagement bei der Sache seien, wobei man versuche, die Arbeitsbelastung auf möglichst viele Schultern zu verteilen.

Materialbeschaffung bleibt ein drängendes Problem

„Wir sind auf allen Kanälen dran“, antwortet Werner Klingler auf die Frage, ob ausreichend Material vorhanden sei. Durch die Konzentration der Corona-Behandlung auf Sigmaringen habe man Gerätschaften aus Pfullendorf und Bad Saulgau in die Kreisstadt holen können. Auch innerhalb der SRH-Holding habe man Möglichkeiten, an Material zu kommen. Aber klar ist, dass die Versorgungssituation angespannt sei.

Chefarzt Klingler: „Die Welle wird kommen“

Auf die Frage „Was lernen wir aus der Krise„, hat Professor Klingler eine klare Antwort. Die Vernetzung der Krankenhäuser, innerhalb des Klinikverbundes aber auch der gesamten Region, sei enorm wichtig. Diese Zusammenarbeit muss nach seiner Meinung nach Überwindung der Corona-Pandemie zum Wohl der Menschen aufrechterhalten werden. „Die Welle wird kommen“, ist Professor Klingler überzeugt, dass schwere Wochen vor den Menschen und dem Klinikpersonal stehen, aber man werde die Bewährungsprobe bestehen.

Bürger und Firmen bedanken sich bei den Beschäftigten im Krankenhaus

Mitarbeiter des Pfullendorfer Krankenhaus bedanken sich bei den Menschen für deren Unterstützung.
Mitarbeiter des Pfullendorfer Krankenhaus bedanken sich bei den Menschen für deren Unterstützung. | Bild: Barbara Koch

„Unsere Mitarbeiter im Krankenhaus Pfullendorf erfahren viel Aufmunterung, Dank und Wertschätzung von der Bevölkerung“, berichtet SRH-Pressesprecherin Barbara Koch. Nahezu täglich bedanken sich spontan Leute mit Telefonanrufen für die Arbeit von Pflegepersonal und Ärzten sowie bei allen Mitarbeiten, die an der Versorgung von unseren Patienten mitwirken. Schokolade, Süßigkeiten und Kuchenspenden gehen fast täglich ein, als süßes Dankeschön für die Arbeit im Krankenhaus. Die Mitarbeiter freuen sich sehr über diese Initiativen, die sehr motivierend für alle sind. Unterstützung erfahren auch unsere Mitarbeiter an den Standorten Sigmaringen und Bad Saulgau. Ein lokales Pizzaunternehmen spendete beispielsweise Pizzen für die Belegschaft, eine Bäckerei Muffins.“