„In nur dreieinhalb Jahren ein Unternehmen ohne Schulden in die Insolvenz zu treiben, muss man auch erst mal hinbekommen“, kommentiert der Gewerkschaftler die aktuelle Entwicklung. Föst, der als Gewerkschaftsvertreter jahrelang die Interessen der Belegschaft der früheren Alno AG vertreten hat, und die Verhältnisse beim einstigen Küchenmöbelriesen bestens kannte, ist nach eigenen Angaben richtig erschrocken, als er vom Insolvenzantrag der Neuen Alno GmbH hörte. Allerdings verfolgt er das Geschehen des Pfullendorfer Unternehmens, das aktuell noch 230 Mitarbeiter beschäftigt, seit der Pleite der AG aus der Ferne. „Seit 3,5 Jahren habe ich keinen Kontakt mehr zu Belegschaft oder Betriebsrat“, bedauert der Funktionär im SÜDKURIER-Gespräch.
Föst: „Perfekte Bedingungen für jeden Kapitalisten!“

Eine Möglichkeit wäre gewesen, dass der aktuelle Betriebsrat einen Wirtschaftsausschuss gegründet hätte, was bei Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern möglich ist, und den Bevollmächtigen der IG Metall in das Gremium berufen hätte. Die Arbeitnehmervertretung verzichtete allerdings auf diesen Ausschuss, akzeptierte nach Angaben von Föst bei der Neuen Alno GmbH Lohnkürzungen in Form von Überstunden ohne Lohnausgleich. Als „perfekte Bedingungen für jeden Kapitalisten“ bezeichnet er diese Konstellation.
Föst: „Das war ein Betriebsübergang und keine Neugründung.“
Bezüglich der Firmenstruktur beharrt der Gewerkschafter darauf, dass es sich bei der Neuen Alno GmbH um keine Neugründung handelt, sondern um einen Betriebsübergang von der früheren Aktiengesellschaft und demnach juristisch die GmbH weiter an den gültigen Tarifvertrag gebunden ist. Durch die Deklaration als Neugründung hatte Michael Föst auch nach eigenen Angaben kein Klagerecht bezüglich der Einhaltung der Tarifbedingungen, da er dort nicht beschäftigt ist. Eine solche Klage müsste ein Mitarbeiter anstrengen. Sollte man ihn angesichts der aktuellen Entwicklung doch rufen, wäre Föst bereit: „Selbstverständlich würde ich nach Pfullendorf kommen, wenn der Alno-Betriebsrat das will, um den Sachverstand der IG Metall einzubringen.“
Küchenmarkt entwickelte sich 2020 höchst erfolgreich
Im SÜDKURIER-Gespräch erinnert der Gewerkschafter an den Kauf des Stammwerks samt Maschinen ohne Schulden im Jahr 2017 durch die britische Investmentfirma Riverrock für rund 20 Millionen Euro. „Was wurde Riverrock gefeiert, als Retter der Alno“, wirft Föst dem Eigentümer vor, seitdem seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen zu sein, sprich investiert zu haben.
Man investiere in Menschen und Maschinen, um das Unternehmen wieder auf Vordermann zu bringen. „Das scheint ziemlich schief gelaufen zu sein“, sinniert Michael Föst, dass das Konzept gescheitert sei, „mit Lohndumping den Küchenmarkt aufzurollen.“ Diese Entwicklung ist für ihn umso unverständlicher, da die deutsche Küchenmöbelindustrie im Coronajahr 2020 erfolgreich war und den Umsatz um 4,5 Prozent auf 5,26 Milliarden Euro erhöhte.
Föst: „Die letzten Reste eines ehemals stolzen Unternehmens liegen als Scherbenhaufen am Boden.“
„Die Rechnung ist zum Schluss nicht aufgegangen“, bilanziert der IG-Metall-Vertreter bitter, dass mit der vom Amtsgericht Hechingen angeordneten Insolvenz in Eigenverwaltung erneut die Schulden abgestoßen werden und andere die Zeche zahlen sollen. „Das ist das eigentliche Konzept von Riverrock. Gewinne privatisieren und Verluste verallgemeinern“, ist nach Auffassung von Föst kein wesentlicher Unterschied im Handeln und Wirken der Geschäftsführung der Neuen Alno GmbH gegenüber dem Vorstand der alten Alno AG erkennen: „Der Name Alno wird ramponiert. Die letzten Reste eines ehemals stolzen Unternehmens liegen als Scherbenhaufen am Boden.“