Die Belegschaft der Neuen Alno GmbH und der BBT Bodensee Bauteile GmbH, für die ein Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung beim Amtsgericht Hechingen gestellt wurde, muss weiter auf ihren Lohn für Juni warten. In einem Brief informierte die Geschäftsführung die 230 Beschäftigten, dass „aufgrund der notwendigen Stellung eines Insolvenzantrages die Ihnen zustehenden Lohn- oder Gehaltszahlung für den Monat Juni leider nicht fristgerecht erfolgen konnte.“
Alno-Geschäftsführung: Gehaltsanspruch der Mitarbeiter ist gesichert
Zur Beruhigung der Mitarbeiter erläutert die Geschäftsführung, dass Arbeitnehmer gegenüber der Agentur für Arbeit einen Anspruch auf Gewährung von Insolvenzgeld haben, das grundsätzlich in Höhe des Nettolohns- beziehungsweise Gehaltsanspruch für die letzten drei Monate vor der Entscheidung des Gerichts über eine Eröffnung des Insolvenzverfahrens gezahlt werde. „Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird für den 1. September erwartet“, heißt es in dem Schreiben an die Beschäftigten. Das Amtsgericht Hechingen hat bekanntlich am Montagabend der Insolvenz in Eigenverwaltung zugestimmt und einen Sachwalter bestellt.
Löhne für Juni werden spätestens am 9. Juli ausbezahlt
Die Neue Alno GmbH werde bei der Agentur für Arbeit umgehend die Zustimmung zu einer sogenannten Insolvenzgeldvorfinanzierung einholen, um die „Ihnen zustehenden und gesetzlich gesicherten Ansprüche kurzfristig zur Auszahlung bringen zu können. Aufgrund der Vorbereitungen könne dies dauern, wobei man mit einer Auszahlung bis spätestens 9. Juli rechne. Zusätzliche Informationen bezüglich der Zukunft oder Aufzeigen einer Perspektive beziehungsweise Handeln der Geschäftsführung sind in dem Mitarbeiterschreiben nicht enthalten. Wenn die Agentur für Arbeit der Insolvenzgeldvorfinanzierung zustimmt, wären die Löhne für Juni, Juli und August gesichert.
Bank erhält das vorfinanzierte Geld von der Agentur für Arbeit zurück
Die Agentur für Arbeit bestätigt auf Anfrage des SÜDKURIER, dass ein positiver Entscheid über einen Antrag auf Insolvenzgeldvorfinanzierung an bestimmte Kriterien geknüpft sei, zu denen unter anderem die Aussicht auf eine erfolgreiche Fortführung des Geschäftsbetriebes gehört. Die Zustimmung der Arbeitsagentur dient quasi als Sicherheit für die Bank, die die Lohnzahlungen finanziert. Das vorfinanzierte Geld erhält die Bank dann später im Rahmen des Insolvenzgeldes von der Agentur für Arbeit wieder erstattet. „Der Arbeitnehmer hat also keine Nachteile“, lautet die Kernbotschaft von Agentursprecher Rolf Gehring. Sollte das Insolvenzverfahren dann am 1. September tatsächlich starten, ist ab diesem Zeitpunkt wieder der Arbeitgeber in der Pflicht für die rechtzeitige Lohnzahlung zu sorgen.
Investor hat kein weiteres Geld zur Verfügung gestellt
Mit dem Antrag auf Insolvenz wird klar, dass der Eigentümer der Neuen Alno GmbH, die britische Investmentfirma Riverrock, kein zusätzliches Geld zur Verfügung gestellt hat, um der Firma finanziell unter die Arme zu greifen. Im Gespräch mit dem SÜDKURIER vor drei Monaten, als die Suche nach einem neuen Eigentümer oder Co-Investor öffentlich wurde, antwortete das Geschäftsführerduo auf die Frage, was denn passiere, wenn diese Suche erfolglos bleibe, dass man hierauf keine Antwort gebe, sondern sich mit der Zukunft beschäftige.
Geschäftsführung kann weiter im Amt bleiben
Das Geschäftsführerduo Michael Springer und Jochen Braun hatte am Wochenende in einer kurzen Mitteilung öffentlich gemacht, dass die Neue Alno GmbH und die BBT Bodensee Bauteile GmbH ein vorläufiges Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragt haben. „Der Geschäftsbetrieb läuft weiter und die Geschäftsführung bleibt weiterhin im Amt“, so die offizielle Mitteilung. Die Alno wolle sich neu aufstellen, gestärkt aus dem Verfahren gehen und den bereits eingeleiteten Investorenprozess fortsetzen. „Ziel des Verfahrens ist es, das Unternehmen mit Unterstützung der Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten durch die Coronakrise zu manövrieren“, ist in der Presseerklärung der Geschäftsführung zu lesen.
Gespräche mit potenziellen Investoren laufen weiter
Noch im April hatte das Geschäftsführerduo Michael Spadinger und Jochen Braun im Gespräch mit dem SÜDKURIER von einem erfolgreichen Geschäftsjahr 2020 und einer Umsatzsteigerung von 62 Prozent berichtet. Öffentlich wurde damals auch, dass der Eigentümer des Küchenmöbelherstellers, die britische Investmentfirma auf der Suche nach einem neuen Eigentümer oder einem Co-Investor ist. Mit dem neuen Geld sollten unter anderem Investitionen in IT-Systeme und Fertigung getätigt werden. Auf Anfrage bestätigte damals Geschäftsführer Michael Spadinger, dass man seit Wochen entsprechende Gespräche mit Interessenten führe, und zwar weltweit.