Die Glastür des Windfangs ist mit einer großen Schleife geschmückt, Luftballons, die mit der Zahl 25 bedruckt sind, sind aufgehängt. Auf den ersten Blick erkennen die Besucher, in der Stadtbücherei in der Steinscheuer gibt es etwas zu feiern: den 25. Geburtstag, ein kleines, aber feines Jubiläum.

Perfekt bot sich dafür die bundesweite Nacht der Bibliotheken an. Am 4. April präsentierten 1800 Bibliotheken in ganz Deutschland, was sie zu bieten haben. Eine davon ist die Stadtbücherei. In diesem Vierteljahrhundert hat die Stadtbücherei eine Entwicklung hingelegt, die im Eröffnungsjahr 2000 noch gar nicht vorstellbar war. Neben den klassischen Büchern und Spielen gibt es mittlerweile sprechende Tip-Toi-Bücher und Tonie-Boxen, die digitale Ausleihe, einen Film- und Musik-Streaming-Dienst und ganz neu eine VR-Brille zur Ausleihe. Mit der Leih-Bar, einer Bibliothek der Dinge, hat sich das Team der Stadtbücherei selbst und den Nutzern ein besonderes Geschenk gemacht.

Ein Leuchtturm unter den Büchereien

Bürgermeister Ralph Gerster unterstrich in einer Rede, dass sich die Stadtbücherei keinesfalls zu verstecken brauche und eine der 1800 Büchereien bei der Nacht der Bibliotheken sei. Bei der Aufzählung von Besonderheiten der teilnehmenden Büchereien in einem Radiobeitrag habe er bei vielen Besonderheiten freudig festgestellt: „Haben wir!“ Die Pfullendorfer Stadtbücherei sei ein Leuchtturm unter den Büchereien. Auch er habe die Besonderheiten der Stadtbücherei kennengelernt und komme nicht nur wegen des guten Espressos. Die Bücherei sei ein Lebens- und Aufenthaltsort, ein Stück Belebung der Innenstadt. Einen großen Dank sprach er der Bücherei-Leiterin, Martina Feldt, und ihrem engagierten Team aus. Sie vermittelten nicht nur Lesefreude, sondern trügen mit kreativen Ideen zu Kunst und Kultur bei und öffneten beim verkaufsoffenen Sonntag ebenfalls die Türen.

Zahlreiche Gäste waren zum Geburtstagsfest der Stadtbücherei gekommen. Bürgermeister Ralph Gerster ist stolz auf dieses Angebot in ...
Zahlreiche Gäste waren zum Geburtstagsfest der Stadtbücherei gekommen. Bürgermeister Ralph Gerster ist stolz auf dieses Angebot in seiner Stadt. | Bild: Sandra Häusler

Ein Tüten-Thitz zum Geburtstag

Den Nutzern dankte er dafür, dass sie die neu beschlossene Erhöhung der Jahresgebühr von 10 auf 20 Euro mittragen. „Das ist lange nicht das, was diese Bücherei wert ist“, unterstrich Gerster. Er dankte dem Gemeinderat, der damals diese Räume ermöglicht und dieses historische Ensemble mit neuem Leben gefüllt habe. Vor dem Umbau seien in der Steinscheuer Feuerwehrfahrzeuge und alte Akten des Archivs untergebracht gewesen. Er wünschte den Nutzern weiterhin viele Begegnungen und stets ein gutes Buch zur Hand. Als Geburtstagsgeschenk überreichte der Bürgermeister einen limitierten Kunstdruck von Tüten-Thitz mit der Pfullendorfer Stadtsilhouette. „Druck zwei von 50“, unterstrich er.

Bieder geht es nicht zu

Dieses Präsent nahm die Bücherei-Leiterin gerne an. Martina Feldt wies darauf hin, dass Bibliotheken heute zeigen würden, was sie drauf haben. Sie seien lebendige Erlebnisorte, lüden zum Verweilen und Entdecken, zum Stöbern ein und inspirierten. Zum Selbstverständnis öffentlicher Bibliotheken gehöre, dass sie mehr seien als biedere Büchersäle. Bibliotheken würden heutzutage neben dem Zuhause und der Arbeit als „dritter Ort“ gelten, wo Menschen gerne hingehen, nicht konsumieren müssen und mit der ganzen Familie eine gute Zeit verbringen können. „Der Mensch steht im Mittelpunkt, nicht das Bücherregal“, hob Martina Feldt hervor. Jede Bibliothek sei hinsichtlich ihrer Räume, des Teames und Angebots individuell. Die Eröffnung der Stadtbücherei sei das Beste, was Pfullendorf mit der historischen Steinscheuer habe machen können. „Gebaut für die Ewigkeit, über 500 Jahre alt, der Reiz von Altem und Neuem“, beschrieb sie die Steinscheuer.

Ein engagiertes Team

Heute sei die Stadtbücherei für viele das öffentliche Wohn- oder Spielzimmer. Das Team bringe viel Lebendiges in die Bibliothek, etwa mit Lesungen, Theater, Vorlesestunden und Kunstausstellungen. „In einer Bibliothek ist alles möglich. Man müsste es glatt erfinden, wenn es sie nicht schon gäbe“, so Feldt. Sie rückte danach ihr engagiertes Team in den Blickpunkt. Von Beginn an dabei ist Hanna Goldau. Auch Maria Hofmann war eine „Frau der ersten Stunde“ und von 1999 bis 2008 im Dienst. Christa Schramm schickte Grüße aus Berlin. 2013 stieß Karin Gommeringer zum Team dazu, und Astrid Schoch in der Corona-Zeit. Martina Feldt erinnerte auch an die zu früh verstorbene Mitarbeiterin Edeltraud Prinz.

Visionen für die Zukunft

Bibliotheksarbeit sei nichts Statisches, sondern stets im Wandel, betonte die Büchereileiterin. Hörspielkassetten, VHS-Kassetten und Spiele-CD-Roms seien Streaming-Angeboten für Musik und Film gewichen, die über die Büchereimitgliedschaft kostenfrei mitgenutzt werden könnten. Das Team mache sich bereits Gedanken, wie das Erdgeschoss genutzt werden könnte, wenn Filme und CDs nicht mehr von Interesse sind. Vielleicht entsteht ein Maker Space, eine Art hochtechnologisierte Werkstatt, ein Areal für Online-Spiele, eine Medienwerkstatt oder Artothek?

Das könnte Sie auch interessieren

Neues Angebot: Leih-Bar

Die 2014 eingeführte Onleihe sei ein Erfolgsprodukt. Die Stadtbücherei verzeichnet laut Feldt jährlich zwischen 90.000 und 100.000 Medienausleihen. Heute würden 20 Prozent der Gesamtausleihe digital erfolgen. Voller Stolz stellte Martina Feldt das neueste Kind der Stadtbücherei vor: die Leih-Bar. Hier könnten mit Blick auf die heutige Denkweise hinsichtlich Nachhaltigkeit und umweltbewussten Konsums Dinge des Lebens aus den Bereichen Technik und Digitales, Haushalt, Outdoor-Spiele und Kreatives ausgeliehen werden. Ausleihen statt Anschaffen, was nicht täglich gebraucht wird, laute die Devise. Die Leih-Bar befindet sich an der Stelle der früheren Internetplätze auf dem Podest. Diese hätten keinen hohen Nutzen mehr, da heutzutage jeder das Internet praktisch in der Hosentasche trage, begründete Feldt.

In einem abschließbaren Schrank sind sensible Dinge aufbewahrt. Je nach Funktion sind die Dinge der Leih-Bar abgestuft entleihbar, für jeden, ab zwölf oder erst ab 18 Jahren. Martina Feldt dankte der Stadt für das entgegengebrachte Vertrauen für diese Idee und den „stolzen Betrag, der in dieses Angebot hineinfließt“. Das Duo „Naked & Famous“ aus Tübingen unterhielt die Gäste mit Musik. „Bibliotheken rechnen sich nicht, aber sie zahlen sich aus“, schloss Martina Feldt mit einem Zitat des ehemaligen Bundespräsidenten Johannes Rau.